Handicap-Radrennfahrerin Denise Schindler:Endlich Gold

"Ich habe alles gegeben": Denise Schindler aus Dachau, die als Kind ihren rechten Unterschenkel verlor, ist Weltmeisterin über 3000 Meter Verfolgung im niederländischen Apeldoorn geworden.

Von Jana Korff, Dachau

Eine Goldmedaille auf der Bahn, das war der große Traum von Handicap-Rennradfahrerin Denise Schindler. In ihrer Kindheit verlor die 29-jährige Sportlerin aus Dachau den rechten Unterschenkel. Jetzt hat sie sich ihren Traum erfüllt und obendrein Silber und Bronze bei den Bahn-Weltmeisterschaften im niederländischen Apeldoorn gewonnen. Mit drei Medaillen ist sie jetzt zu einer Atempause ins heimatliche Dachau zurückgekehrt und erzählt von ihren Erfolgen.

Die begannen schon am Donnerstag, 26. März. Man darf hinzufügen: überraschend. Denn die Paradadisziplin von Denise Schindler sind die 3000 Meter Verfolgung und nicht unbedingt das 500-Meter-Rennen. Für dieses erste Rennen am Donnerstagvormittag war ihr Ziel "ein Platz auf dem Treppchen". Und dann schrammte Denise Schindler nur um fünf Hundertstel an der ersten Goldmedaille vorbei. Sie sicherte sich Platz zwei hinter ihrer Dauerkonkurrentin Jamie Whitemore. "Obwohl ich ganz knapp den ersten Platz verpasst habe, gab mir das Rennen Vertrauen, dass ich auch bei der Verfolgung meine Leistung bringen werde." Sie hatte sich die Zeit von 4:20 Minuten gesetzt. "Und dann muss man einfach schauen, was die Konkurrenz macht."

Handicap-Radrennfahrerin Denise Schindler: Allein gegen die Uhr. Denise Schindler aus Dachau bei den Bahn-Weltmeisterschaften für behinderte Sportler im niederländischen Apeldoorn.

Allein gegen die Uhr. Denise Schindler aus Dachau bei den Bahn-Weltmeisterschaften für behinderte Sportler im niederländischen Apeldoorn.

(Foto: Oliver Kremer)

Am zweiten Tag der WM fand dann Denise Schindlers favorisierte Disziplin statt. In der 3000-Meter-Verfolgung starten in der Qualifikation alle Teilnehmerinnen einzeln gegen die Uhr. Die beiden schnellsten Rennradfahrerinnen ziehen in das Finale ein und fahren gegeneinander den Sieg aus. Denise Schindler gelang in der Qualifikation mit 4:17 Minuten die beste Zeit im Teilnehmerfeld. Für den Rennradprofi war aber schon im Vorfeld klar gewesen, "dass das Finale kein Zuckerschlecken werden würde." Ihre Gegnerin im Kampf um Gold war Vortagessiegerin Jamie Whitemore. "Sie zu knacken, wird eine harte Nuss", wusste Schindler.

Außerdem musste sie bereits an ihre körperlichen Grenzen gehen: "Nach der Qualifikation war ich fix und fertig, denn ich musste alles geben, konnte nicht pokern, da die starke Konkurrenz erst nach mir dran war und ich ihre Zeiten nicht kannte." Für das finale Rennen war ihr Matchplan ganz einfach: "Mein eigenes Ding fahren." Auf dem ersten Kilometer fuhr Schindler der starken Jamie Whitemore hinterher, aber sie blieb ihrem Plan treu, wurde stärker, kämpfte sich an der US-Amerikanerin vorbei und fuhr maximales Tempo bis zum Schluss. "Ich hab alles gegeben, das Risiko, dass Jamie aufholen würde, war mir zu groß." Mit drei Sekunden Vorsprung und einer Zeit von 4:18,707 Minuten fuhr Schindler vor ihrer Konkurrentin ins Ziel ein. Rückblickend sagt Denise Schindler der SZ: "Die perfekte Strategie. Es war so unglaublich. Ich hatte so einen Adrenalinstoß. Ein unbeschreiblich tolles Gefühl." Und sie fügt stolz hinzu: "Ich habe meine Erwartungen übertroffen und bin so happy!"

Handicap-Radrennfahrerin Denise Schindler: Fassungslos vor Glück: Handicap-Rennradfahrerin Denise Schindler.

Fassungslos vor Glück: Handicap-Rennradfahrerin Denise Schindler.

(Foto: oh)

Die letzte Disziplin, in der Denise Schindler bei der WM in Apeldoorn antrat, war für sie eine Premiere. Eigentlich hatte sich Schindler im Massenstartrennen wenig Chancen errechnet, aber mit der unerwarteten Bronzemedaille konnte sie ihre Medaillenreihe komplett machen. Eine auf ganzer Linie erfolgreiche Weltmeisterschaft für die 29-Jährige.

Seit Sonntag ist Denise Schindler wieder zurück in ihrer Heimat Dachau. Dort bleibt sie eine Woche zur Regeneration, bevor sie weiter ins Trainingslager fliegt, um sich auf die kommende Straßensaison vorzubereiten. "Die WM war ein Schulterklopfen, ich bin auf dem richtigen Weg, das spornt natürlich an für die Straße."

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