Bürgerversammlung Haimhausen:Zäher Kampf gegen Gerüchte

Mit Zahlen und Fakten widerlegen Bürgermeister und Landrat Behauptungen über angebliche Straftaten von Asylsuchenden.

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Eine randvolle Schulaula, mehr als 250 Besucher, ein zentrales Thema: Die Flüchtlingssituation beherrschte auch dieses Mal die Haimhauser Bürgerversammlung. Rede und Antwort standen den Bürgern Haimhausens Bürgermeister Peter Felbermeier, Landrat Stefan Löwl (beide CSU) sowie Hauptkommissar Werner Kretz von der Polizeiinspektion Dachau und Albert Schroettle von der kommunalen Jugendarbeit. Wie Bürgermeister Felbermeier mitteilte, werden sich künftig die offene Ganztagsschule, die nach den Osterfeiertagen ihren Betrieb aufnimmt, und Asylsuchende ein Gebäude am Pfanderling teilen.

Darüber wurde die Nachbarschaft schon in einer Wurfsendung der Gemeindeverwaltung informiert. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein leer stehendes, zweieinhalbgeschossiges Haus. Felbermeier sagte, die Gemeinde wünsche sich, dass hier Flüchtlingsfamilien einziehen sollten. Allerdings habe die Gemeinde darauf keinen Einfluss. Dass die Gemeinde beziehungsweise der Landkreis das Gebäude dafür nutzen könnten, sei einer Änderung im Baurecht geschuldet. Demnach könne für Gebäude in "geräuscharmen Gewerbegebieten" eine Nutzungsänderung für Wohnzwecke beantragt werden. Dies gelte aber nur für die Unterbringung von Flüchtlingen, etwa 2000 leben zurzeit im Landkreis.

Projekte und Pläne

Kläranlage, Straßen und Radweg - alles ist auf dem Weg

Neben dem Thema Flüchtlinge informierte Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) die Besucher der Haimhauser Bürgerversammlung über anstehende und bereits angelaufene Projekte der Gemeinde. So wird derzeit die örtliche Kläranlage modernisiert. Die Anlage, die 1973 in Betrieb gegangen ist, entspreche heute längst nicht mehr den Anforderungen, sagte Felbermeier. Die wasserrechtliche Betriebsgenehmigung der Anlage habe noch bis 2025 Gültigkeit. Derzeit werde ein neues Nachklärbecken gebaut. Baubeginn war Mitte März. Die Fertigstellung ist für November vorgesehen. Der Ausbau der Kläranlage kostet rund 5,25 Millionen Euro.

Gute Nachrichten hatte Felbermeier auch in Sachen Radweg von Haimhausen nach Ampermoching. Das Projekt wird zusammen mit Hebertshausen realisiert. Federführend ist die Gemeinde Hebertshausen, die für den längeren Wegeabschnitt zuständig sei und darüber hinaus auch noch eine Brücke bauen müsse. Ursprünglich hatte sich Haimhausen für die Aufnahme in ein bayernweites Geh- und Radwegeprogramm beworben. Allerdings wurde der Antrag abgelehnt. Unter anderem, so Felbermeier, weil "das Programm total überzeichnet gewesen ist."

Aber es gibt einen Ausweg: Staatszuschüsse für sogenannte straßenbegleitende Radwege in Höhe von 75 Prozent, wie der Bürgermeister sagte. Allerdings vorerst nur für das Jahr 2016. Der vierspurige Ausbau der Bundesstraße B 13 von der Kreuzung der Autobahnanschluss-Stelle Lohhof bis zum Maisteiger Berg soll laut neuem Bundesverkehrswegeplan in fünf bis zehn Jahren erfolgen. Noch 2017 wird auch mit dem Bau der Haimhauser Alleestraße begonnen. Felbermeier sagte: "Die Baugenehmigung ist da." rk

Felbermeier und Löwl betonten erneut, dass sie die Unterbringung von Flüchtlingen in Traglufthallen auf Dauer für "ungut und nicht hinnehmbar" hielten. Derzeit leben im Landkreis Dachau ungefähr 600 Flüchtlinge in diesen Massenunterkünften, die keinerlei Privatsphäre erlauben. Erneut widersprach der Sprecher der Polizeiinspektion Dachau, Polizeihauptkommissar Werner Kretz, den Gerüchten, wonach sich mit der Ankunft von Flüchtlingen die Zahl der Straftaten im Landkreis erhöht haben soll. Kretz sagte: "Die Sicherheitslage in Haimhausen ist sehr gut. Das hat sich auch nicht mit der Ankunft der Asylbewerber geändert. Es gibt im Landkreis keine Übergriffe seitens der Bevölkerung wie auch der Flüchtlinge." Ebenso stimmten die Gerüchte über Vergewaltigungen oder Diebstähle nicht, versicherte der Polizeibeamte. Es habe einen einzigen Fall von sexuellem Übergriff gegeben, in Markt Indersdorf, allerdings sei der Täter betrunken gewesen.

Landrat Löwl verhehlte nicht, dass es unter Asylsuchenden mitunter Auseinandersetzungen gebe. Er warnte aber in diesem Zusammenhang vor der Verbreitung von Gerüchten. Er persönlich sei eine Woche lange jedem Gerücht über Flüchtlinge nachgegangen. Keines, sagte Löwl, habe sich bestätigt. Völliger Blödsinn ist auch die Behauptung, der Staat finanziere männlichen Asylsuchenden den Besuch von Bordellen oder bezahle ihnen Taxifahrten. Das stimme absolut nicht, auch wenn es immer wieder in sozialen Medien kolportiert werde, sagte Löwl. "Die Menschen haben es verdient, bei uns gut behandelt zu werden", appellierte der Landrat an die Bürger.

Sozialpädagoge Albert Schroettle wehrte sich gegen die abwertende Bezeichnung "Gutmenschen" für Bürger, die sich für andere einsetzten. Der Sozialarbeiter stellte fest, dass sich in der Gesellschaft etwas verändere und warnte davor, dass wir "uns gegeneinander ausspielen". Detlef Wiese vom Haimhauser Helferkreis stellte die Arbeit der Ehrenamtlichen vor. In der Gemeinde engagieren sich derzeit 140 Bürger für 100 Flüchtlinge aus Eritrea, Afghanistan, Mali, Kongo, Nigeria, Senegal und Pakistan. Der Helferkreis tue alles, um die Flüchtlinge auf das Leben hier vorzubereiten: Sprachkurse, Schnuppertage bei Unternehmen und Fahrradtraining.

In der Diskussion übte ein Bürger heftige Kritik an der Flüchtlingspolitik in Deutschland und meinte, dass die große Zahl der Flüchtlinge doch alleinstehende Männer seien. "Das Verhältnis passt nicht." Ein weiterer Haimhauser betonte, dass es auch hier sozial schwache Bevölkerungsgruppen gebe, die man nicht vergessen dürfe. Ein anderer wiederum gab zu bedenken, dass man bei den Asylbewerbern nicht wisse, wer bleiben kann und wer nicht.

Bürgermeister Felbermeier und Landrat Löwl versuchten zu beruhigen. So habe sich das Flüchtlingsbild mittlerweile etwas geändert. Im Gegensatz zu früher kämen nicht mehr weit über 80 Prozent Alleinreisende, sondern nur noch unter 60 Prozent. Felbermeier sagte, auch er sei nicht mit allem einverstanden. "Aber wir haben hier eine Verantwortung dafür, was hier passiert." Detlef Wiese vom Helferkreis warnte davor, nach Flüchtlingen erster und zweiter Klasse zu unterscheiden. "Wir behandeln alle gleich."

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