Gute Zusammenarbeit:Gegen Ausgrenzung an der Schule

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Der KJR setzt sich für eine lebendige Diskussion über Diskriminierung etwa von Flüchtlingen ein

Von Walter Gierlich, Dachau

Hakim ist neu in der Klasse. Er kommt aus dem Jemen. Leyla ist freundlich zu ihm, Max jedoch mobbt ihn. Er schimpft mit fremdenfeindlichen, rassistischen Klischees auf den vor dem Krieg aus seinem Land Geflüchteten und grenzt ihn aus. Jean-Claude beteiligt sich an den Attacken, Leyla wagt es nicht zu widersprechen.

Nein, Hakim, Max, Jean-Claude und Leyla sind natürlich keine echten Schüler. Eine Schauspieltruppe des Vereins Creative Change unter Leitung von Philip Blom, die eine Projektwoche für die siebten und achten Klassen an der Mittelschule Erdweg gestalten, spielt die Szene. Die Veranstaltung ist im Rahmen der "Partnerschaft für Demokratie" vom Kreisjugendring (KJR) organisiert und koordiniert. An diesem Tag geht es um Flucht und Diskriminierung. Die Schüler der Klasse 8a beteiligen sich eifrig an der Diskussion über das soeben Gesehene. Einige können sich eine solche Situation auch an der eigenen Schule vorstellen. In Kleingruppen wird anschließend debattiert, wie man mit Vorurteilen umgehen sollte, wie man Mitläufer und Mutlose überzeugen könnte, Empathie für den ausgegrenzten Flüchtling zu zeigen. Einzelne Schüler dürfen dann selbst Rollen in der fiktiven Situation übernehmen und versuchen, Lösungen zu finden.

Lehrer Thomas Steigerwald hält das Projekt für "sehr, sehr wichtig und aktuell für die Kinder". Zumal es an der Erdweger Mittelschule gleich zwei Übergangsklassen für Migrantenkinder gebe. "Für manche ist es auch wichtig zu lernen, was man unter der Würde des Menschen versteht und wie man die durch Kleinigkeiten verletzen kann, die manchen gar nicht bewusst sind", sagt er. Gut sei auch die Vermittlung durch externe Partner, statt durch die Lehrkräfte, die sie jeden Tag sähen. Und Thilo Hoff, der eine Übergangsklasse unterrichtet, freut sich, dass die anfangs schüchternen Schüler sich immer mehr trauen mitzusprechen.

Creative Change ist eine der Organisationen, die an der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Dachau mitwirken. Neben dem Thema Flucht und Diskriminierung gehe es in einer solchen Projektwoche beispielsweise um Demokratie als Lebensform, Sexismus, die Rolle der Jugend in der Gesellschaft oder den Umgang mit sozialen Medien und Fake News, erläutert Pedram Aghdassi, der Geschäftsführer des in Offenbach ansässigen Vereins. Etwa 60 Projekte hat der in diesem Jahr bundesweit in dem vom Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Programm "Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" durchgeführt.

Im Landkreis Dachau wirkte Creative Change nach Auskunft Aghdassis in den vergangenen beiden Jahren unter anderem auch schon in der Greta-Fischer-Schule und an der Mittelschule Bergkirchen. Besonders hebt er allerdings das Modellprojekt "Demokratische Schule" an der Karlsfelder Mittelschule hervor, das vor eineinhalb Jahren in Zusammenarbeit mit dem KJR und der Schulleitung um Rektor Hakan Özcan gestartet wurde: "Die Lehrer sind voll dabei und die Schulleitung steht voll dahinter". Auch für KJR-Geschäftsführer Ludwig Gasteiger, den Initiator der Partnerschaft für Demokratie, hat das Karlsfelder Projekt Pilotcharakter.

Die Schulleitung sei auf den KJR zugekommen. Man habe unter anderem zusammen mit Creative Change SMV-Tage am Petersberg zur Fortbildung für die Klassensprecher veranstaltet, eine Schulversammlung mit Wahl einer Schulsprecherin durchgeführt (die inzwischen zur Landkreis-Schülersprecherin gekürt wurde) und Fortbildungen für Lehrkräfte organisiert. Gasteiger ist voll des Lobes: "In Karlsfeld herrscht eine gute Kultur des Dialogs."

Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass im März die nächste Demokratiekonferenz an der Mittelschule in Karlsfeld stattfinden wird. Thema: Wie ist Demokratie und Partizipation an der Schule möglich? "Das ist wichtig, weil Schule der Ort ist, an dem Jugendliche sehr viel Zeit verbringen. Sie lernen dabei, dass sie ernst genommen werden und dass es ihnen etwas bringt, sich zu engagieren", sagt Gasteiger.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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