Glosse:Radeln nur auf Knopfdruck

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Die Organisatoren des Stadtradelns klagen über eine nur geringe Teilnahme der Dachauer an der Aktion. Aber ist das ein Wunder? Im Stadtgebiet müssen die benachteiligten Radfahrer gleich vier Ampeln überqueren, wenn sie einmal abbiegen wollen

Von Walter Gierlich

Stadtradeln ist für die nächsten Wochen wieder angesagt. Für alle, die nicht wissen, was das genau ist, sei es hier noch einmal kurz erklärt: Es handelt sich um eine Aktion, die möglichst viele Menschen dazu verlocken soll, das Auto stehen zu lassen und sich stattdessen aufs Fahrrad zu schwingen. Nun klagen die Organisatoren im Landkreis Dachau über mangelnde Beteiligung der hiesigen Bürger, so dass die Summe der erstrampelten Kilometer am Ende der Kampagne gegenüber den Nachbarlandkreisen deutlich niedriger liegen werde. Und das geht ja gar nicht, schließlich steht man in unserem Gesellschaftssystem doch im Dauerwettbewerb, in dem es stets optimale Leistung zu bringen gilt. Noch dazu: Wer will schon hinter den Bruckern zurückbleiben?

Ein Rätsel bleibt allerdings, warum die Aktion lediglich drei Wochen dauert. Schließlich ist Fahrrad fahren das ganze Jahr über sinnvoll, ist es doch abgasfrei und trägt dadurch zu besserer Luft bei. Einerseits. Andererseits kann Radeln in der Großen Kreisstadt höchst gefährlich sein. Im Gegensatz zum Mantra von Lokalpolitikern und Kfz-Lobbyisten kann in Dachau keine Rede sein von einer Bevorzugung des Fahrrads gegenüber dem Autoverkehr.

Wie im Gegenteil die Radler ausgebremst werden, zeigt die absurde Regelung an der Kreuzung der Schleißheimer Straße mit Bajuwaren- und Alter Römerstraße. Wer etwa mit dem Radl aus Karlsfeld kommend nach links in die Schleißheimer Straße abbiegen will, muss zunächst eine Druckknopfampel betätigen und auf Grün warten, um die erste Rechtsabbiegerspur zu überqueren. Danach erneut drücken, auf Grün warten, um die Bajuwarenstraße zu überqueren. Hat man endlich auch die zweite Verkehrsinsel erreicht, empfängt einen der nächste Druckknopf: Wieder warten, bis man es bei Grün endlich über die Schleißheimer Straße schafft, wo es dann noch einen Knopfdruck braucht, um ordnungsgemäß über die Rechtsabbiegerspur der Alten Römerstraße zu kommen. Viermal drücken und auf Grün warten also. Vielleicht liegt es ja an solchem Unsinn, dass die Dachauer nicht stadtradeln, sondern lieber das Auto nehmen.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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