Glosse:Da graust's auch Einstein

Bienen sind für die Bestäubung zuständig und erhalten deshalb unsere Welt. Das hat das größte Genie aller Zeiten richtig erkannt. Aber der Leistungsgedanke hat alles durchdrungen, auch eine Erzeugergenossenschaft, die jetzt doch tatsächlich ein "Bienenwettfliegen" veranstaltet - und die Welt wird untergehen

Von Viktoria Großmann

Der Leistungsgedanke ist überall. Ständig soll man eine ordentliche Performance liefern, einen guten Job machen. Nicht nur Kinder, auch ausgewachsene Politiker sollen ihre Hausaufgaben erledigen und dann soll man sich auch noch dauernd selbst optimieren. Besser schlafen, mehr Yoga machen, gesünder, lokaler, fairtrade-mäßiger und sowieso bio essen. So ein Leben ermüdet einen eigentlich schon vor dem Aufstehen. Immer bienenfleißig sein, das schafft kein Mensch.

Nun gibt es ja zu allem Studien, auch darüber, dass Bienen angeblich gar nicht so fleißig sind, sondern in Einzelexemplaren wie alle Lebewesen zur Faulheit neigen. Erst die Gruppenleistung ist beeindruckend. Aber das liegt eben daran, dass manche Bienen zehnmal am Tag zum Nektarsammeln ausfliegen, während andere gerade dreimal über die Wiese bummeln. Letztlich muss so eine Studie als Verleumdung angesehen werden. Schließlich weiß die Menschheit seit Albert Einstein, dass auf den kleinen behaarten Bienenrücken die Last der Welt ruht. Oder jedenfalls die Last der von Menschen besiedelten Welt. Denn ohne Bienen, so stellte Einstein fest, gebe es keine Bestäubung, keine Pflanzen, dann keine Tiere und schließlich keine Menschen mehr. Da sollte man die Biene doch hätscheln, gut füttern und ihr hübsche Bienenstöcke einrichten.

Stattdessen musste nicht nur Biene Maja für ihre moderne Wiedergeburt als Kinderfernsehinsekt abnehmen, nun ergibt sich sogar die Lebensmittelkooperative Unser Land dem Wettkampfstreben. Beim Tag der offenen Tür auf dem Hatzlhof in Esting am Sonntag, 28. Mai, soll es ein "Bienenwettfliegen" geben. Nun sage mal keiner, das entspreche dem arttypischen Leistungsverhalten der Biene. Eher hört es sich nach dem Masterplan einer Consultingfirma zur Produktivitätssteigerung an. Von Slow Food kann dann keine Rede mehr sein.

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