Gewerbegebiete:Gemeinden sollen sich in Solidarität üben

Karlsfelds Bürgermeister fordert interkommunale Zusammenarbeit bei der Ausweisung von Gewerbegebieten. Manche seiner Kollegen reagieren noch mit Skepsis.

Wolfgang Eitlerund Robert Stocker

Die Bürger im Landkreis Dachau wünschen sich mehr interkommunale Zusammenarbeit, damit die Entwicklung des Landkreises maßvoll und sorgsam gesteuert werden kann. Dies ist eines der Ergebnisse der acht Bürgerforen, die Ziele und Leitbilder für die künftige Entwicklung des Landkreises Dachau erarbeiten sollen. Während Heinz Eichinger (SPD), Bürgermeister von Vierkirchen und Vorsitzender des Regionalentwicklungsvereins Dachau Agil, seit langem als Verfechter dieser Linie gilt, hat sich jetzt auch Karlsfeld Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) zu dieser Politik bekannt. Kolbe, der auch Sprecher der Westallianz ist, geht sogar noch einen Schritt weiter und plädiert für interkommunale Gewerbegebiete. Andere Bürgermeister der Westallianz sehen dieses Thema noch skeptisch.

Gewerbegebiete: Die Luftaufnahme des Gewerbegebiets an der Autobahn A8 zeigt, dass auch die sogenannten Hinterlandgemeinden längst keine idyllischen Bauerndörfer mehr sind - aber auch, dass es noch viel unverbaute schöne Landschaft gibt, die es zu erhalten gilt.

Die Luftaufnahme des Gewerbegebiets an der Autobahn A8 zeigt, dass auch die sogenannten Hinterlandgemeinden längst keine idyllischen Bauerndörfer mehr sind - aber auch, dass es noch viel unverbaute schöne Landschaft gibt, die es zu erhalten gilt.

(Foto: npj)

Ein Lieblingsthema auf den acht Bürgerforen zum Thema "Dorf und Metropole" seit dem Frühsommer war die Forderung nach interkommunalen Gewerbegebieten. Demnach sollen Gemeinden, die über ideale Standorte verfügen, andere beteiligen, die auf diesem Feld nicht mithalten können. Der Karlsfelder Bürgermeister und Kreisrat Stefan Kolbe hat sich diesen Wunsch zu eigen gemacht und will gemeinsam mit seinen Bürgern in diese Diskussion "ein gewisse Vehemenz" hineinbringen, wie er im Interview der Süddeutschen Zeitung darlegte. Er versteht sich aus gutem Grund als "politischer Anwalt interkommunaler Zusammenarbeit".

Denn seine Gemeinde in unmittelbarer Nähe von München könnte 60 000 Quadratmeter sofort verkaufen. Aber Karlsfeld hat keine entsprechend großen Gewerbegebiete mehr. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung hat Kolbe aber auch deutlich vor Augen geführt, dass diese Themen, welche die Bürger des Landkreises Dachau verstärkt behandelt sehen wollten, unter den Kommunalpolitikern noch nicht die nötige Beachtung gefunden haben. Eine solche Diskussion müsste beispielsweise mit Dachau erst noch angestoßen werden.

Der städtische Wirtschaftsförderer Stefan Wolf befindet sich noch in einer ähnlicher Lage wie Kolbe. Noch, weil er darauf hofft, dass das ehemalige Seeber-Gelände an der Schleißheimer Straße zum neuen Gewerbegebiet mit 50 000 Quadratmetern ausgewiesen wird. Auch er hätte genügend Anfragen, doch ihm fehlen die Flächen. Auf der Homepage zur Wirtschaftsförderung bietet die Stadt zurzeit gerade zwei Flächen mit je 1500 Quadratmetern an. Der Dachauer Kämmerer Thomas Ernst, der eine Anfrage an Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) beantwortete, bedauert es deshalb, dass ein Bürgerentscheid in Karlsfeld die Chance auf eine Kooperation mit Dachau zumindest im Sinne von Synergieeffekten verhindert habe. Bekanntlich sollte ein Gewerbegebiet an der äußeren Schleißheimer Straße entstehen, das an das dortige Naturschutzgebiet angegrenzt hätte. Ansonsten sieht Ernst kaum Chancen auf eine Kooperation, zumal da beiden Kommunen die nötigen Flächen fehlten. Ernst kennt in Bayern einige Kommunen, die sich diesem Modell angeschlossen haben. "Aber da geht es um ganz andere Flächen wie bei uns." Er meint die Größenordnungen.

An diese Dimensionen reichen die Kommunen entlang der Autobahn 8 heran. Bergkirchen, Sulzemoos, Odelzhausen haben sich mit Karlsfeld und Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck zur Westallianz zusammengeschlossen. Ihr Sprecher ist der Karlsfelder Bürgermeister Kolbe. Er kündigt für den Herbst einen Vorstoß Richtung interkommunaler Gewerbegebiete an. Dann verhandelt die Allianz die Ergebnisse ihrer Arbeitsaufträge zu den Themen Wirtschaft, Verkehr, Bildung und auch Kultur. Auch die Bürgermeister von Bergkirchen und Sulzemoos, Simon Landmann und Gerhard Hainzinger, teilen die Position Kolbes, dass die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen künftig noch eine größere Bedeutung erhalten wird. Die Gemeinden der Westallianz kooperieren nach ihren Worten schon auf vielen Gebieten. Laut Hainzinger gibt es im Bereich der Bildung schon eine intensive Zusammenarbeit: "Jede Gemeinde überlegt sich dabei, was sie auf diesem Sektor beitragen kann." Das Thema interkommunale Gewerbegebiete sehen beide Bürgermeister der Westallianz noch mit einer gewissen Skepsis. Bergkirchen wollte im Jahr 2003 mit der Nachbargemeinde Olching ein gemeinsames Gewerbegebiet planen, scheiterte aber am Egoismus der Olchinger. Diese wollten das Projekt allein realisieren. "Dabei hätte der Freistaat, der solche Kooperationen positiv sieht, 22 Prozent der Kosten für das Gemeinschaftsprojekt übernommen", sagt Bürgermeister Landmann.

Interkommunale Gewerbegebiete machen aus Sicht der beiden Bürgermeister nur dann einen Sinn, wenn die beteiligten Gemeinden ähnliche Strukturen haben und geografisch nah beieinander liegen. "Ein gemeinsames Gewerbegebiet für Hilgertshausen und Sulzemoos macht keinen Sinn, weil diese Gemeinden unterschiedliche Voraussetzungen haben", sagt Hainzinger. Landmann zufolge tauschen sich die Gemeinden der Westallianz schon heute intensiv bei der Ansiedlung von Gewerbegebieten aus. So gäben die Gemeinden untereinander bekannt, wo es noch freie Gewerbeflächen gebe und welches Gewerbe dafür in Frage komme.

Ein ausführliches Interview mit Bürgermeister Stefan Kolbe finden Sie heute in Ihrer SZ.

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