Pflegenotstand in Dachau:Der Streit am Amperklinikum geht weiter

Die Pflegekräfte verlangen mehr Personal und begehren gegen ihre Überlastung auf. Verdi und Klinikleitung handeln dagegen höhere Löhne aus - das kritisiert die Bürgerinitiative für eine bessere Pflege heftig

Von Felix Wendler, Dachau

Enttäuschung und Wut - das sind die Reaktionen der Bürgerinitiative für eine bessere Pflege an den Helios Amper-Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf auf das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Klinikleitung und der Gewerkschaft Verdi. Mehr als zwei Wochen wurde von beiden Seiten über die vereinbarten Lösungsvorschläge geschwiegen. Auf einer Betriebsversammlung am Mittwoch haben die Verhandlungspartner jetzt höhere Löhne für die Pflegekräfte in Aussicht gestellt. Die Beschäftigten waren allerdings in den vergangenen Monaten wegen des eklatanten Personalmangels und einer ständigen Überlastung, auch zum Schaden der Patienten, auf die Straße gegangen.

"Absoluter Nebenkriegsschauplatz"

Sprecher der Bürgerinitiative bezeichneten denn auch die Ankündigung einer besseren Bezahlung als einen "absoluten Nebenkriegsschauplatz". Der beabsichtigte Wechsel vom bisherigen Haustarif zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) löse nicht das zentrale Problem des Pflegenotstands, so die einhellige Meinung beim Treffen der Bürgerinitiative am Mittwochabend. Gerne würden die Beschäftigten auf ein paar Euro mehr verzichten, wenn die Klinikleitung dafür den Personalmangel und die teils untragbaren Arbeitsbedingungen anginge. Allerdings: Ob die Beschäftigten dies wirklich so sehen, konnte bei diesem Treffen nicht ermittelt werden - es waren keine gekommen. Mitglieder der Bürgerinitiative hatten sich am Mittwochnachmittag vor dem Amperklinikum in Dachau versammelt und Beschäftigte abgepasst, die aus der Betriebsversammlung kamen.

Der allgemeine Unmut über den Ausgang der Verhandlungen wandte sich auch gegen Verdi-Gewerkschaftssekretär Christian Reischl, Mitbegründer der Bürgerinitiative. Er erhofft sich, wie er der SZ sagte, durch höhere Löhne mehr Bewerbungen und weniger Kündigungen an den Helios-Krankenhäusern im Landkreis. Sein Argument, dass man dadurch dem Pflegenotstand begegnen wolle, stieß bei der Bürgerinitiative auf absolutes Unverständnis und Kritik.

Gerhard Weber, Abteilungsleiter für zentrale Angelegenheiten im Landratsamt Dachau, hingegen unterstützt die Position von Reischl. Durch den neuen Tarif werde der Klinik-Standort attraktiver und konkurrenzfähiger. Es sei nicht so, dass Helios zu wenig Pflegekräfte einstelle. Der Vorstand habe grünes Licht für das benötigte Personal gegeben, die Bewerber seien aber angesichts der bisher, im Vergleich zu anderen Standorten, schlechten Löhne ausgeblieben. Weber gibt deshalb Reischl Recht, der den Eintritt der Amper-Kliniken in den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) als "außerordentlichen Erfolg" bezeichnet. Weber zufolge hat Landrat Stefan Löwl (CSU), stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Helios-Amper-Kliniken AG, im November bei Verdi-Vertretern den Wechsel zum TVöD angeregt. Der Landkreis hält noch 5, 1 Prozent der Anteile.

Bürgerinitiative sieht sich "doppelt ins Fleisch geschnitten"

Wie man den Pflegern dieses Angebot als Erfolg verkaufen könne, fragt sich hingegen die Bürgerinitiative. "Doppelt ins Fleisch geschnitten" habe sich die Tarifkommission mit ihrem auf Harmonie bedachten Vorgehen. Zum einen seien die Interessen der Beschäftigten ausgeklammert worden, zum anderen habe die Gewerkschaft dadurch an Ansehen verloren. Trotz der Unzufriedenheit mit dem Vorgehen Reischls, der als "Bürokrat" bezeichnet wurde, sei eine weitere Zusammenarbeit mit Verdi und der Tarifkommission unverzichtbar.

Reischl erklärte sich auch zu neuen Gesprächen mit der Bürgerinitiative bereit. Er wolle Unklarheiten über den TVöD ausräumen. Die Tarifauseinandersetzung sei keineswegs beendet. Man müsse in den nächsten Monaten auf betrieblicher Ebene die Entlastung des Personals vorantreiben. Die Initiative sucht jetzt das Gespräch mit den Beschäftigten.

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