Gemeinderat:Per Anhalter durch Bergkirchen

Obermarbach

In Petershausen am Bahnhof gibt es Mitfahrersäulen. An denen muss man allerdings stehen - und hoffen.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Gemeinde will Mitfahrerbankerl aufstellen für alle, die kein Auto haben und auch keine Bushaltestelle in der Nähe

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Egal ob Zahnarzttermin oder Wocheneinkauf: Wer auf dem Land wohnt, ist im Alltag stark auf das Auto angewiesen. Das kann gerade für Ältere zum Problem werden, die oft nicht mehr selbst fahren. Weil auch Angehörige oder Freunde nicht immer als Chauffeur bereit stehen, sollen in Bergkirchen jetzt "Mitfahrerbankerl" einen innovativen Beitrag leisten, damit Senioren mobil und flexibel bleiben.

Das Thema Mobilität ist ein Dauerbrenner in Bergkirchen. Die 8200 Bürger leben in der weitläufigen Gemeinde in 24 Ortschaften, nicht in jedem Dorf kann eine umfassende Infrastruktur bereit stehen. So gibt es im zentralen Ort Bergkirchen zwar viele Angebote, von der Kita über Schule, Arztpraxen und Apotheke bis zu Volkshochschule, Theater, Gaststätten, Kirche und natürlich Rathaus. Eingekauft wird aber in Günding, wo Supermarkt und Discounter liegen. Gleichzeitig ist der öffentliche Nahverkehr im Alltag nicht immer eine Option. Eine Bahnverbindung gibt es nur in Bachern mit dem Halt der Linie 2A, der Linienbus fährt einige Dörfer selten an, das Anrufsammeltaxi Bergkirchen mobil verkehrt nur auf Bestellung. Die Mitfahrerbank soll deshalb nun eine weitere Option eröffnen, vor allem für spontane Fahrten.

So eine Mitfahrerbank funktioniert nach dem Anhalter-Prinzip, nur ein wenig gediegener: Neben einer soliden Holzbank ragt ein Mast in die Höhe, an dem Klappschilder mögliche Fahrziele anzeigen. Wer also zum Supermarkt will, klappt die Anzeige entsprechend um, nimmt auf der Bank gemütlich Platz und wartet. Trampen für Oma und Opa gewissermaßen, nur dass das Fahrtziel nicht auf einem Pappschild aufgemalt werden muss. Auch das Winken am Straßenrand entfällt, denn für Autofahrer ist sofort erkennbar: Wer auf der Mitfahrerbank sitzt, möchte mitgenommen werden. Und auch wenn die Idee in Bergkirchen von Ute Hönle ins Gespräch gebracht worden ist, die sich im Sozialbüro um die Belange von Senioren kümmert, dürfen jüngere Leute sich ebenfalls setzen und auf eine Mitfahrgelegenheit warten.

Die Mitfahrerbank ist keine Bergkirchener Erfindung, einige Gemeinden setzen diese Idee bereits um, das oberbayerische Irschenberg seit 2016. Die positiven Erfahrungen dort motivieren. "Wir probieren das jetzt einfach mal", sagt Bergkirchens Bürgermeister Simon Landmann (CSU).

Im Landkreis gibt es zwar noch keine Mitfahrerbänke, aber in Petershausen sogenannte "Mobilitätssäulen". Am Bahnhofsvorplatz stehen drei farbig gestaltete Holzpfähle und geben Asbach / Zieglberg, Kollbach / Weißling sowie Ober- und Untermarbach als Fahrtrichtung an. Wer mit der S-Bahn ankommt und den letzten Bus verpasst hat, kann an der passenden Säule auf eine Mitfahrgelegenheit im Auto hoffen. Ein Angebot, das nicht überlaufen ist, aber durchaus genutzt werde, wie der Petershausener Bahnhofspate und FW-Gemeinderat Josef Mittl beobachtet hat. Das System scheint immerhin so gut zu funktionieren, dass Pendler gerne auch eine Mitfahr-Säule nach Jetzendorf am östlichen Bahnausgang hätten. "Der Wiedererkennungseffekt ist offenbar da."

Auch in Bergkirchen erwartet niemand einen Run auf die Mitfahrerbank. "Wir sehen das als Ergänzung, als ein zusätzliches Angebot", erklärt der Bürgermeister. Erste Bänke werden schon im Frühjahr bei den Einkaufsmärkten in Günding und zentral am Bruggerhaus in Bergkirchen installiert. Vorschläge für weitere Standorte aus der Bürgerschaft will der Gemeinderat aufnehmen.

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