Gegen den Bürgerwillen:Blitzen und bestrafen

Gegen den Bürgerwillen: CSU-Stadtrat Peter Strauch und mit ihm eine Mehrheit im Umwelt- und Verkehrsausschuss sieht keinen Sinn in einem generellen Tempo-30-Limit bei Nacht.

CSU-Stadtrat Peter Strauch und mit ihm eine Mehrheit im Umwelt- und Verkehrsausschuss sieht keinen Sinn in einem generellen Tempo-30-Limit bei Nacht.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Verkehrsausschuss lehnt Tempo 30 quer durch die Stadt ab - die CSU setzt auf mehr Kontrollen, um die Raser in den Griff zu bekommen

In diesen Hochsommertagen würde Manfred Wickjürgen gerne bei offenem Fenster schlafen. "Aber daran ist nicht zu denken bei dem Lärm." Weil der laute Straßenverkehr den Anwohner der Ludwig-Thoma-Straße nicht nur im Sommer nervt, fordert Wickjürgen eine Ausweitung der nächtlichen Tempo-30-Zone, wie sie der Verkehrsausschuss bereits für Mittermayer- und Teile der Ludwig-Thoma-Straße beschlossen hat. Sein Wunsch: Eine Tempolimit "ab Mittermayer Straße bis zur Festwiese, besser bis zur Münchner Straße, Höhe Hermann-Stockmann-Straße." Für diesen Vorschlag erhielt Wickjürgen bei der Bürgerversammlung für die Altstadt im April große Zustimmung. Doch was die Bürger gut finden, überzeugt die Stadträte noch lange nicht. Im Verkehrsausschuss lehnte jetzt eine deutliche Mehrheit die Ausweitung der nächtlichen Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Tempo 30 nachts fast durch die ganze Stadt - "das wäre eine unzumutbare Gängelung der Autofahrer" erklärte CSU-Stadtrat Peter Strauch.

Seine Fraktion setzt auf mehr Kontrollen, will "erst die Raser in den Griff bekommen." Als unumstritten gilt, dass die steigende Verkehrsdichte und der damit verbundene Lärm die Bürger belasten. Gerade an den Durchgangsstraßen ist es zu laut, das hat bereits ein Lärmgutachten der Stadt ergeben. Doch über geeignete Gegenmaßnahmen scheiden sich die Geister. Ein nächtliches Tempo-Limit zwischen 22 und sechs Uhr morgens, wie es die Studie auch vorschlägt, hat der Verkehrsausschuss des Stadtrats im März zwar festgelegt. Doch der Geltungsbereich umfasst auf Drängen der CSU nur eine kurze Strecke der Mittermayer-Straße bis zum Fabrikberg. Als das Thema jetzt auf Antrag der Bürger erneut diskutiert wurde, blieb es bei den Fronten im Rat. "Sinnvoll wäre eine nächtliche 30er-Zone quer durch die Stadt", sagte Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) und empfahl, über den Bürgerantrag hinaus zu gehen. Sein Vorschlag: Tempo 30 in der Münchner Straße bis hinaus zum Ortsausgangsschild Richtung Karlsfeld. "Und damit sich die Leute daran halten, stationäre Blitzer." Doch die gewünschte Geschwindigkeitsreduzierung senke den Verkehrslärm gerade einmal um 2,5 Dezibel, also zu wenig, findet Peter Strauch (CSU). Das eigentliche Problem sei nicht Tempo 50, sondern Raser, die jedes Limit ignorierten. "Da hilft nur ein Blitzer." Auch Norbert Winter (Bürger für Dachau) findet ein Tempolimit sinnlos, "solange der Vollzug fehlt." Xaver Vieregg (ÜB) sieht Probleme, wenn in einer 30er-Zone Rettungsfahrzeuge früher das Martinshorn aktivieren und bei Alarm die Helfer zur Feuerwache schleichen müssen. Auch Vieregg fordert: "Blitzen und kassieren." Tatsächlich gebe es seit Mai bereits Geschwindigkeitskontrollen bis Mitternacht, informierte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Denn gerast werde nachts in der Stadt definitiv. Offenbar gebe es nächtliche Autorennen von München zum Dachauer Schlossplatz. "Wir können schauen, das Problem so in den Griff zu bekommen". Eventuell müsste die Stadt dann vom kommenden Jahr an mehr Geld in die Hand nehmen für mehr Blitzer-Aktionen. Dennoch mache ein Tempolimit zusätzlich Sinn, betonte Bernhard Sturm (Bündnis). Weil gerade Extrem-Raser in einer 30er Zone härtere Strafen treffen als in einem regulären 50er-Gebiet. Dennoch fand sich keine Mehrheit, weder für den Vorschlag des Verkehrsreferenten noch für den Bürgerantrag. Nur SPD und Bündnis votierten dafür.

Keine Überraschung für Antragsteller Wickjürgen. "Was anderes hatte ich gar nicht erwartet", sagt der Dachauer. Auch er weiß, dass Extremraser den meisten Lärm machen. "Die Rücksichtslosigkeit ist das Problem." Doch genau dagegen ließe sich mit einer 30er-Zone etwas bewirken. Denn wer mit 80 Sachen durch die Stadt rauscht, bekommt nur ein Bußgeld, in einer 30er-Zone gibt es dagegen einen Monat Fahrverbot oben drauf.

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