Gedenken in  Südfrankreich:Auf Versöhnungstour

Oradour sur Glane

Radsportlegende Raymond Polidour (rechts) eröffnete die Rad- und Wanderveranstaltung in Oradour-sur-Glane in Südfrankreich.

(Foto: Wolfgang Moll/oh)

Der Dachauer Radsportverein um Wolfgang Moll und Basketballspieler des TSV Dachau erinnern mit ihrer Teilnahme bei einem Treffen der europäischen Jugend an das NS-Verbrechen in der französischen Stadt Oradour-sur-Glane

Von Wolfgang Eitler, Dachau/Oradour

Rückblickend sagt der parteilose Stadtrat Wolfgang Moll zu der Reise nach Oradour-sur-Glane in Südfrankreich jetzt im September: "Wir können, wie ich meine, wieder einmal auf ein gelungenes Projekt zurückblicken, das seinen Zweck, vor allem junge Menschen Europas zusammenzubringen und zur Verständigung beizutragen, voll umfänglich erfüllt hat." Als offizieller Vertreter der Stadt Dachau nahm er dort am Wochenende der europäischen Jugend teil. Mit ihm fuhren Basketballspieler des TSV 1865 und Mitglieder des Radsportvereins Soli Dachau, deren Vorsitzender Wolfgang Moll ist.

Es war beileibe nicht das erste Mal, dass der Stadtrat Oradour besucht. Doch dieser Ort und seine Geschichte hat Molls Denken geprägt: Seit einigen Jahren engagiert er sich für die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland - und für die Erinnerung an das NS-Verbrechen in Oradour, eines von ungezählten in ganz Europa, das für Moll, wie er einmal sagte, "schlimmster Ausdruck der Nazibarbarei ist".

Der 10. Juni 1944 markiert den Tag, an dem fast alle 642 Bewohner des französischen Dorfs Oradour-sur-Glane bei einem Massaker der Waffen-SS ermordet wurden. Frauen und Kinder wurden in der Kirche eingeschlossen und erstickten, nachdem die SS-Leute Feuer gelegt hatten. Die Männer wurden erschossen. Nur sechs Menschen überlebten das Massaker, darunter Robert Hébras. Die Täter wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Der heute 91 Jahre alte Robert Hébras war 18 Jahre alt, als es geschah. Er lag unter den Leichen seiner erschossenen Freunde. Später gelang ihm die Flucht aus dem brennenden Dorf, das völlig zerstört wurde. Robert Hébras ist eine der Persönlichkeiten, die viel für die Verbindung von Oradour und Dachau tun und jede Initiative gegen das Vergessen unterstützen. Wolfgang Moll berichtet von dem Besuch des Gedenkorts: "Die Begehung der Ruinen unter der Leitung vom zwischenzeitlich gewonnenen Freund Marcel Brissaud, der einerseits 2014 an der Radtour der Versöhnung von Dachau nach Oradour teilnahm und dessen Großvater sowohl im ersten Weltkrieg (in Verdun) in den Krieg ziehen musste und sodann beim Massaker 1944 nebst weiteren Familienangehörigen ums Leben kam, berührte besonders."

Dass der Sport zur Versöhnung beitragen kann, belegten die nächsten Tage: Zur Dachauer-Französischen Begegnung der Basketballerinnen kam der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt mit seinem französischen Amtskollegen gemeinsam mit dem Generalsekretär des Deutsch-Französischen Jugendwerkes, Markus Ingenlath. Und der Radsport kam ebenfalls nicht zu kurz. Moll: "Die Rad- und Wanderveranstaltung mit 300 Teilnehmern und einem Wiedersehen mit der Radsportlegende Raymond Poulidor verlief in erwartungsgemäß angenehmer, harmonischer Atmosphäre bei idealen, aber nicht zu warmen Temperaturen."

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