"Garden Open Air" in Prittlbach:Soundtrack des Waldes

Garden Open Air

Mehr Publikumsnähe geht nicht: "Town of Saints" beim Auftritt in Peter Lenks lauschigem Garten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das fünfte "Garden Open Air" lockt 200 Besucher in Peter Lenks Garten nach Prittlbach. Dort erleben sie magische Momente

Von Manuel Kronenberg, Hebertshausen

Abends um halb sieben öffnet Peter Lenk den Besuchern des fünften Garden Open Airs die Tür zu seinem Garten. Es dauert nicht lange,bis die Wiese hinter seinem Haus in Prittlbach gefüllt ist. Um 19 Uhr soll es ja auch schon losgehen. Etwa 200 Leute sind gekommen. Sie setzen sich auf Klappstühle oder Strandmatten. Die Rasenfläche ist auf der einen Seite von einem kleinen mit Schilf zugewachsenen Teich und auf der anderen von Obstbäumen umgeben. Einige Besucher wickeln sich in Decken. Es ist ein kühler Abend, aber noch hält das Wetter. Hinter Lenks Hausdach ragt die Turmspitze der Kirche Sankt Kastulus in den mit dunkelgrauen Wolken bedeckten Abendhimmel.

Die Kirchenglocken schlagen sieben Mal - noch keine Spur von den Bands. Ungeduldig wird deswegen niemand, nicht einmal Veranstalter Lenk. Mit einem schwarzen Hut auf dem Kopf läuft er umher und unterhält sich mit seinen Gästen. Die meisten von ihnen kennt er. Am Rande des Gartens steht ein Getränke- und Essensstand mit Bier, Wein und Flammkuchen. Das Grundstück eignet sich perfekt für einen kleinen Konzertabend: Die Grünfläche ist leicht abschüssig, auch ganz hinten sieht man noch über die Köpfe der vorderen Zuschauer hinweg auf die Terrasse, die Lenk zur Bühne umfunktioniert hat.

Die Glocken läuten, acht Uhr. Und so langsam macht sich Lenk auf den Weg zur Bühne. Seine Vorfreude auf die erste Band kann er nicht verbergen. Er begrüßt seine Gäste noch einmal offiziell und dann kommen sie auch schon auf die Bühne: Town of Saints. Das sind Harmen Ridderbos, ein niederländischer Singer-Songwriter, und Heta Salkolahti, eine finnische Violinistin. Sie machen einwandfreien Folk, akustisch, ohne jegliche elektronischen Effekte: eine Violine, eine Gitarre, zweistimmiger Gesang. Normalerweise werden Town of Saints bei ihren Auftritten von einer Band unterstützt. Heute sind sie nur zu zweit, und es ist beeindruckend, wie kraftvoll sie dennoch auftreten. Ihr Repertoire reicht von ruhigen Liedern über düstere Mörderballaden in der Tradition von Nick Cave, Bob Dylan oder Johnny Cash bis hin zu heiteren Nummern. Das Publikum ist begeistert, nicht zuletzt von Harmens lustigen und charmanten Ansagen. Zwischendurch gibt er sich als Gesangslehrer und animiert die Zuschauer mitzusingen, und zwar dreistimmig. Das klappt besser als gedacht. "Ihr könnt zwischendurch auch mal atmen", sagt Harmen. Die Leute lachen. Dann, gegen Ende ihres Auftritts, treten die beiden von der Bühne auf die Wiese, direkt vor das Publikum. Harmen und Heta ziehen die Kabel aus ihren Instrumenten. "Wir wollen noch ein paar Lieder so für euch spielen", erklärt Harmen. "So klingen wir nämlich wirklich."

Drei Stücke spielen die beiden noch unverstärkt, komplett akustisch. Sie sind jetzt viel leiser, aber die Besucher hören gespannt zu, die Musik kommt sogar noch kraftvoller rüber. Beim Abschlusslied gehen ihre Klänge im wilden Applaus unter.

Ian Fisher, der mit seiner Band das zweite Konzert des Abends spielt, ist mit seiner Musik von Town of Saints Folk-Klängen gar nicht weit entfernt, nur dass er von einem Schlagzeug, einem Kontrabass und zwischendurch auch von einem Harmonium begleitet wird. Größer als der Unterschied der Instrumentierung ist aber das Auftreten des Wahlberliners aus Missouri. Fisher kommt auf die Bühne, begrüßt das Publikum, und erklärt, dass sie nun ihr komplettes Album vorspielen werden. Die Platte nennt sich "Forest Recording". Die Band hat sie im Wald aufgenommen, an einem Stück, und so wollen sie ihre Lieder auch vortragen. Fisher macht zwischendurch keine einzige Ansage, nach jedem Lied halten die Musiker die Spannung. Und dann beginnt schon das nächste Lied. Diese Konzentration erzeugt eine sagenhafte, vereinnahmende Atmosphäre. Keiner sagt ein Wort. Es fühlt sich beinahe so an, als wäre man mit Ian Fisher in eben jenem Wald, in dem er diese Lieder aufgenommen hat. Beifall würde diese Wirkung sofort zerstören.

Das letzte Lied des Albums endet mit einem sagenhaften Fadeout. Die drei Musiker lassen ihre Instrumente immer leiser werden. Es ist schon fast nichts mehr zu hören, doch sie machen konsequent weiter, immer leiser und leiser. Die Besucher schauen gebannt auf ihre konzentrierten Gesichter. Und dann plötzlich, als nur noch das eigene Atmen zu hören ist, schlagen die Kirchenglocken. Ein perfekter Moment. Alle lachen begeistert, und jetzt - endlich - können die Gäste diesen grandiosen Auftritt mit Applaus belohnen.

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