Forderung nach mehr Umwelt- und Artenschutz:"Rücksichtsloses Vorgehen der Stadt"

Seeber-Gelände

Die neuen Gebäude sollen weiter weg von den Häusern an der Anton-Josef-Schuster-Straße stehen. Dafür sollen sie bis zu 16 Meter hoch werden.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Anwohner wehren sich in einer Bürgerinitiative gegen die Planungen des Investors auf dem Seebergelände. Sie halten die Bebauung für zu massiv, befürchten einen Verkehrskollaps und eine hohe Lärmbelastung

Von Viktoria Großmann, Dachau

Aus dem brachliegenden Gewerbegebiet auf dem ehemaligen Seebergelände wieder ein belebtes Gewerbegebiet zu machen, wird offenbar schwierig. Anwohner haben eine Bürgerinitiative gegründet, um sich gegen die aus ihrer Sicht zu massive Bebauung zu wehren. Die Gemeinde Karlsfeld lehnt die Planungen ab. Auch die Untere Naturschutzbehörde und selbst die Umwelt-Abteilung der Stadt hatten deutliche Einwände gegen die Planungen für das mehr als acht Hektar große Gelände, das seit bald zwei Jahren der Münchner Immobilienholding Hubert Haupt gehört. Diese hatte die Planungen zur Freude des Bauamts schnell vorangetrieben und nach dem positiven Vorbescheid im Januar schnell mit der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit begonnen. Die Einwände, die innerhalb der vier Wochen Auslegungszeit im Frühjahr eingingen, waren erheblich. Sorgen vor einem Verkehrskollaps und zu viel Lärm sowie die Forderung nach mehr Umwelt- und Artenschutz wurden laut. Viele empfinden die geplante Bebauung als zu hoch und zu dicht.

Überraschend kam der Gegenwind nicht: Bereits auf der Bürgerversammlung für Dachau Ost im Frühjahr wurde deutliche Kritik an den Vorhaben laut. Immerhin eine Sorge haben die Stadträte den Anwohnern genommen: Die Grundstücke östlich und südlich des Seebergeländes sollen definitiv keine Gewerbegebiete werden. Umso mehr soll auf das Seebergelände passen. Die Stadt gab den Einwendungen nur sparsam oder gar nicht nach - und die Stadträte trugen diesen Kurs mit ihrer einstimmigen Zustimmung im Bauausschuss mit.

Die Verwaltung versucht die Anwohner zu beschwichtigen

"Alarmiert" seien sie durch die Pläne, schreiben Anwohner der Anton-Josef-Schuster-Straße an die Stadt. Die Pläne zeigten "ein rücksichtsloses Vorgehen der Stadt gegenüber ihren eigenen Bürgern". Die geplanten Gebäude passten nicht ins Umfeld, es werde ein "Fremdkörper" entstehen. Sie fordern eine maximale Bauhöhe von zwölf Metern. Das sieht auch das Amt für Stadtgrün und Umwelt so. Auch dieses erklärt, die vom Bauherrn gewünschten 16 Meter seien nicht verhältnismäßig. Das Stadtbauamt reagiert auf den Fremdkörper-Vorwurf mit einem Bezugsfall: Die Entstehung eines Fremdkörpers sei schon deshalb ausgeschlossen, weil sich in der Nähe das knapp 27 Meter hohe Theo-8-Gebäude befinde. Auf zwölf Meter lässt sich das Bauamt nicht ein; es hält 16 Meter für zulässig. Die Sorge der Anwohner versucht die Verwaltung damit zu beschwichtigen, dass die hohen Gebäude in deutlicher Entfernung zur Wohnbebauung stehen - in mindestens 65 Meter Abstand zur Schuster-Straße und 47 Meter zur Schleißheimer Straße. Die bestehende Bebauung reiche bis zu 27 Meter näher an die Häuser in der Schuster-Straße heran als die neu geplanten. Zudem sei das Gewerbegebiet von zwischen 38 und 50 Metern breiten Grünflächen umgeben. Das sei zum Teil deutlich mehr als bisher. Der Sichtschutz durch Bäume werde genauso gut sein wie jetzt. Die Forderung nach Giebel- statt Flachdächern lehnt das Bauamt ab. Flachdächer seien effizienter, zumal sie begrünt werden sollen.

Große Sorgen bereitet den Anwohnern der zunehmende Verkehr, der sich bereits jetzt regelmäßig auf der Schleißheimer Straße staut und nun noch mehr Lärm und Abgase bringe. Feinstaubwerte, so erklärt die Stadt, würden weiterhin eingehalten. Nicht zuletzt durch den Baumbestand an der Schleißheimer Straße. Für Lärm geplagte Anwohner gebe es Möglichkeiten, Schallschutzmaßnahmen zu treffen; die Kosten trage womöglich der Verursacher, also der Investor. Auch die Verkehrslage sieht die Stadt entspannt. Diese werde durch die Ampelschaltungen so geregelt, dass der Stau nicht die Kreuzungen verstopfe und schon gar nicht über die Paula-Wimmer-Straße hinausreiche, wie die Anwohner befürchten, die sich auf ein Verkehrsgutachten des Büros Ingevost beziehen. Laut diesem ist damit zu rechnen, dass zukünftig 3800 Autos mehr über die Schleißheimer Straße fahren.

Nicht nur die Anwohner, auch das Umweltamt der Stadt sowie die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes beklagen mangelnden Artenschutz, besonders der Zauneidechse. Laut Stadtbauamt aber wurde kein Vorkommen der Zauneidechse nachgewiesen. Für Fledermäuse und die Mehlschwalbe werde begleitend und teils vor Beginn der Bauarbeiten Ausgleich geschaffen. Der Bebauungs- und Grünordnungsplan wird erneut ausgelegt, Einwände können wiederum vorgebracht werden. Stadt und Investor müssen wohl noch mit einigem Protest rechnen.

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