Flüchtlingspolitk:Debatte um Sanktionen gegen Flüchtlinge

Flüchtlingspolitk: SPD-Kreisvorsitzender Martin Güll kritisiert Löwls Vorschlag.

SPD-Kreisvorsitzender Martin Güll kritisiert Löwls Vorschlag.

(Foto: Toni Heigl)

Landrat Stefan Löwl (CSU) stößt mit seiner Forderung nach Strafen für Asylsuchende, die sich Putzarbeiten und Deutschkursen verweigern, auf Widerspruch von Helferkreisen sowie Grünen und SPD

Von Sebastian Jannasch, Dachau

Landrat Stefan Löwl (CSU) hat mit seiner Forderung nach Sanktionen gegen Asylsuchende eine Debatte entfacht, in der er breite Kritik, aber auch Zustimmung erfährt. Grüne und Vertreter der Helferkreise sind entsetzt: In einem offenen Brief sprechen sie sich dafür aus, die schwierige Lebenssituation von Flüchtlingen zu beachten. Nach einer Fluchtodyssee fänden sie sich in einer fremden Kultur wieder, deren Regeln sie nicht kennen könnten. "Gängelei und Drohszenarien sind hier nicht angezeigt und führen allenfalls zu weiterer Demotivation." Sie warnen davor, dass Löwls Worte von Rechtsextremen missbraucht werden könnten. Der Dachauer Landtagsabgeordnete Martin Güll (SPD) spricht sich auch gegen Strafen aus, die Löwl über Flüchtlinge verhängen will, wenn sie sich etwa weigerten, Gemeinschaftsräume zu putzen oder vom Deutschunterricht fernbleiben. Aber andere Politiker seiner Partei stärken den Landrat.

Der verteidigt am Montag seinen Vorschlag: "In den vergangenen Tagen habe ich viel Zustimmung aus der Bevölkerung bekommen", sagte er. Den Vorwurf, Vorurteile zu bestärken, weist er zurück. "Ich erkenne keine Stigmatisierung, wenn ich kleinere Sanktionen einfordere für Asylbewerber, die sich nicht an Regeln halten." Der CSU-Politiker hält die Einführung von "Disziplinierungsmöglichkeiten" sogar für "dringend erforderlich". Er fürchte, dass die Verweigerung einiger Flüchtlinge sonst "Schule machen könnte". Dies sei angesichts der geplanten dichteren Belegung der Asylbewerberheime besonders wichtig. Der Landkreis rechnet von Dezember an mit deutlich höheren Zuweisungen von Asylsuchenden als bisher angenommen. Statt der erwarteten gut 60 Flüchtlinge sollen es 80 Personen wöchentlich werden.

"Ich halte wenig davon, gleich nach Sanktionen zu rufen, wenn es im sozialen Zusammenleben in einer Asylbewerber-Unterkunft zu Reibungen kommt", sagt der SPD-Kreisvorsitzende Güll der SZ. Als ehemaliger Schulleiter wisse er, dass es wenig bringe, Drohungen auszusprechen, um zur Mitarbeit zu motivieren. Nötig sei es dagegen, den Dialog zwischen Bewohnern und Helfern zu verbessern, um Asylbewerber besser in die Organisation der Unterkünfte einzubinden. Allerdings ist die SPD in dieser Frage offenbar gespalten: Denn Rückendeckung erhält Löwl von seiner Stellvertreterin Marianne Klaffki (SPD). Zur Willkommenskultur gehöre es auch, "Flüchtlingen zu sagen: Das geht und das geht nicht", sagt sie. Es sei dringend geboten, "gemeinsame, verbindliche Spielregeln zu vereinbaren", die deutlich machen, welche Grundwerte, Rechte und Pflichten Asylbewerber im Zusammenleben und bei der Integration in die Gesellschaft beachten müssten. Sie höre immer wieder, dass Deutschkurse schon nach kurzer Zeit nicht mehr besucht würden. Das dürfe nicht ohne Folgen bleiben. "Diese Mechanismen haben wir aber noch nicht." Klaffki plädiert deshalb dafür, unter Beteiligung relevanter Verbände eine Kommission auf Landes- oder Bundesebene einzurichten, die Regeln und eventuelle Strafmaßnahmen festlegt. Auch der SPD-Bürgermeister von Vierkirchen, Harald Dirlenbach, spricht sich für Sanktionen als letztes Mittel aus. Dies sei nur fair gegenüber Hartz IV-Empfängern, denen auch Leistungskürzungen drohten, wenn sie sich nicht an die Regeln hielten.

Das bayerische Sozialministerium teilt dagegen mit, dass es bereits nach der geltenden Rechtslage möglich sei, Gelder zu kürzen, wenn Asylbewerber "Arbeitsgelegenheiten unbegründet ablehnen". Dazu zählen auch Hausarbeiten, allerdings nicht die Teilnahme an Deutschkursen, erklärt eine Sprecherin von Ministerin Emilia Müller (CSU). Diese rechtliche Möglichkeit hält der Landrat aber für "extrem bürokratisch" und in der Praxis kaum anwendbar. Es seien zu viele Vorschriften zur Ankündigung und Anhörung der Betroffenen zu beachten, sagt Löwl. Er spricht sich stattdessen dafür aus, schneller wirkende Sanktionsmöglichkeiten zu beschließen. Optionen seien, Geldstrafen zu verhängen, Sachleistungen zu kürzen oder Asylbewerber von der Wlan-Benutzung auszuschließen. Er fordert abgestufte Sanktionen, die "ohne viel Papierkram" in der Unterkunft verhängt werden können, wenn Asylbewerber nicht aufräumen, andere Bewohner durch laute Musik stören oder kein Deutsch lernen wollen.

Probleme mit der Ordnung in einigen Flüchtlingsunterkünften bestätigen auch Vertreter von Helferkreisen. In Altomünster hat man allerdings einen Weg ohne Strafen gefunden. Mehrere Bewohner reinigen die Gemeinschaftsräume. Der Samstag ist der "Putztag", an dem alle Flüchtlinge ihre Unterkunft in Ordnung bringen. Es gebe auch "regelmäßig Integrationskurse, in denen vermittelt wird, welche Rolle Pünktlichkeit, Sauberkeit und Verlässlichkeit in der deutschen Gesellschaft spielen", sagt Brigitte Burger-Schröder. Die Flüchtlinge seien auch sehr bemüht, Deutsch zu lernen. "Sie wissen, dass sie sonst keine Chance auf eine Arbeit haben", sagt sie.

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