Feierstunde im Rathaus:Porträt erinnert an Widerstandskämpfer Dempf

In Altomünster ist zwar eine Straße nach Alois Dempf benannt, aber die meisten kennen den großen Sohn der Gemeinde gar nicht.

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

In Altomünster ist eine Straße nach Alois Dempf benannt. Doch wer dieser Mann war, wissen wohl nicht allzu viele Bürger der Marktgemeinde. Davon gehen zumindest Gerhard Gerstenhöfer und Wilhelm Liebhart aus, zwei profunde Kenner der Ortsgeschichte. Doch das könnte sich nun ändern. Denn im Rathausfoyer steht seit Freitagabend auf einer Staffelei ein Porträt des katholischen Philosophen. Es wird demnächst Teil der Galerie der Aufrechten in Weingarten.

Die Gemäldesammlung ist Widerstandskämpfern und unbeirrbaren Gegnern des Nationalsozialismus gewidmet. Initiator ist Wolfgang Marcus, selbst ein von den Nazis Verfolgter. Träger ist das Studentenwerk Weiße Rose in Weingarten, das wiederum das Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben gegründet hat. Ziel ist die museumspädagogische Erschließung von Erinnerungs- und Gedenkorten. Was so amtsdeutsch klingt, ist eine höchst lebendige Angelegenheit. So ist die Galerie der Aufrechten zwar in Weingarten beheimatet, wandert aber durch Schulen und Institutionen und hält die Erinnerung an bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten wach, die von den Nazis drangsaliert, gefoltert oder gar ermordet wurden, weil sie mit ihrem Leben für ihre Überzeugung und gegen die braunen Horden einstanden. Zu ihnen zählen beispielsweise Georg Elser und Claus Schenk von Stauffenberg, die Ordensfrau Edith Stein, der katholische Theologe und Philosoph Romano Guardini, der bekannteste Vertreter der Bekennenden Kirche, Dietrich Bonhoeffer, oder die Geschwister Scholl und die Weiße Rose.

Alois Dempf

Gerhard Gerstenhöfer, Anton Kerle und Stefan Löwl.

(Foto: npj)

Dass der 1891 in Altomünster geborene und 1982 in Wien verstorbene Dempf nun in diese beeindruckende Versammlung aufgenommen worden ist, ist Gerstenhöfers intensiver Auseinandersetzung mit Leben und Werk "der bedeutendsten geisteswissenschaftlichen Persönlichkeit, die jemals aus Altomünster hervorgegangen ist, zu danken. Und seiner Zielstrebigkeit. So hat er Gemeinde und Landkreis als Unterstützer gewinnen können.

In einer kleinen Feierstunde enthüllten Landrat Stefan Löwl, Bürgermeister Anton Kerle und Gerhard Gerstenhöfer am Freitag das von der Künstlerin Sigrun C. Schleheck geschaffene Porträt. Löwl hob in seiner kurzen Ansprache die Bedeutung von Einrichtungen wie der Galerie der Aufrechten hervor: "Die Zeitzeugen werden immer weniger, umso wichtiger werden Sachzeugnisse." Für ihn sind die Widerstandskämpfer "Beispiele dafür, wie wichtig es gerade heute ist, für seine Überzeugungen einzutreten." Bürgermeister Kerle nannte Dempf den "bedeutendsten Vertreter Altomünsters". Das sieht Dempf-Forscher Gerstenhöfer genauso. Er hat auch das informative Begleitheft zur Porträt-Präsentation zusammengestellt. Was ihn an Dempfs Philosophie so fasziniert, ist dessen Botschaft: "Das richtige Menschenbild ist Voraussetzung für richtiges Denken und Handeln."

Parolen, die weh tun

Diesem persönlichen Leitbild folgte Dempf konsequent. Er studierte in Innsbruck Theologie, in München und Kiel Medizin, wurde Soldat im Ersten Weltkrieg und setzte autodidaktisch seine Philosophie-Studien fort. Nach Kriegsende beendete er sein Studium in München, lebte eine Zeitlang mit seiner Familie wieder in Altomünster und ging im Jahr 1925 nach Bonn.

Schon früh artikulierte er sich gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. "Das waren Parolen, die ihm geistig weh getan haben", sagte Gerstenhöfer nach der Feierstunde. So intervenierte Dempf bei Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., (vergeblich) gegen das Reichskonkordat, war maßgeblich an einer Gegenschrift zu Alfred Rosenbergs berüchtigter rassistischer und antisemitischer Hetze "Mythus des 20. Jahrhunderts" beteiligt und verfasste 1934 "Die Glaubensnot der deutschen Katholiken", eine eindringliche Warnung vor einer Anbiederung der Kirche an die Nationalsozialisten. Die Konsequenz: Rosenberg verhinderte die Professur Dempfs in Bonn und später in Breslau.

Feierstunde im Rathaus: Die Familie von Alois Dempf.

Die Familie von Alois Dempf.

(Foto: stabi münchen)

In Wien wurde Dempf einen Tag nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich - am 12. März 1938 - seines Lehrstuhls enthoben und zwangspensioniert. Sieben Jahre lebte er in innerer Emigration. Er war felsenfest davon überzeugt, dass er den "Spuk" des Hitlerregimes aussitzen könnte. Was ihm mit viel Glück "und einer Art Bauernschläue", wie Gerstenhöfer sagte, auch gelang. So überstand er Wohnungsdurchsuchungen und Verhöre. Die Gestapo konnte seine kryptische Handschrift nicht entziffern - und ging dem Philosophen aus Altomünster sogar auf den Leim. Sie hielt sein Werk "Sacrum Imperium - Geschichtsschreibung und Staatsphilosophie des Mittelalters und der politischen Renaissance" anfänglich für eine Lobeshymne auf das Regime der Nationalsozialisten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Dempf zum viel gefragten Vor- und Nachdenker. Dass er heute fast vergessen ist, wurmt Gerstenhöfer und Liebhart gleichermaßen. Gerstenhöfer setzt aber darauf, dass irgendwann die "Galerie der Aufrechten" auch im Landkreis zu sehen sein wird, dass damit "Dempfs Geradlinigkeit und sein dauerhafter Widerstand gegen den Nationalsozialismus" über Altomünster hinaus gewürdigt werden.

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