Faschingsumzug:Polizisten lehnen Entschuldigung ab

Betrunkener attackiert Beamte auf dem Indersdorfer Faschingsumzug und wird zu Sozialdienst verurteilt

Von Daniela Gorgs, Dachau

Nicht eine originelle Verkleidung ist für die meisten die Hauptsache am Fasching. Es ist der maximale Rausch. Gerade für Jugendliche ist ein Faschingsumzug ein willkommener Anlass, sich mal richtig zu betrinken. Das gilt als cool. Lebensgefährliche Alkoholvergiftungen, Verletzungen durch Schnittwunden oder Schlägereien sind die Folgen. Und oft muss das Faschingsbesäufnis auch juristisch aufgearbeitet werden.

Gut fünf Monate ist der Faschingsumzug in Markt Indersdorf her. Mit vier Freunden hatte sich ein damals 20-Jähriger zum Feiern in Indersdorf getroffen - und drei Flaschen Wodka (0,7 Liter) geleert. Zum "Vorglühen", wohlgemerkt. Daran kann sich der jetzt 21-Jährige noch erinnern. Dass er im Rausch in einen Streit geriet, weiß er nicht mehr. Auch nicht, dass er aggressiv auf Polizisten losging, die versucht hatten, die verbale Auseinandersetzung zu schlichten. Der junge Mann sitzt nun wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Körperverletzung auf der Anklagebank des Jugendgerichts und hört sich an, was ihm der Staatsanwalt vorwirft.

Der Indersdorfer Faschingsumzug fand am ersten Märzsonntag statt. 30 000 Besucher feierten am Marktplatz. Zwei stritten. Der Angeklagte und ein Unbekannter. Zwei Polizisten aus Fürstenfeldbruck gingen dazwischen. Und die mussten einiges einstecken. Laut Anklageschrift soll der 21-Jährige die Polizisten als "Wichser und Hurensöhne" beschimpft haben. Dann schlug er nach ihnen. Als die Beamten versuchten, ihn festzunehmen, eskalierte die Situation. Beim "Kreuzfesselgriff" versetzte er einem der Polizisten einen Kopfstoß und verletzte ihn dabei leicht an der Augenbraue. Ein Beißversuch in den Oberschenkel des Polizisten blieb erfolglos. Auf dem Weg zum Einsatzfahrzeug schrie der 21-Jährige laut und fuchtelte aggressiv herum. Der Mann hatte zu dem Zeitpunkt 1,79 Promille Alkohol im Blut.

Der Angeklagte hört sich die Vorwürfe beinahe ungläubig an und sagt dann: "Ich kann mich an das alles gar nicht erinnern, ich war sturzbetrunken." Erst die Blutabnahme in Dachau habe er wieder bewusst erlebt. Nachdem er von Freunden erfuhr, wie sehr er sich aufgeführt hatte, schrieb er einen Entschuldigungsbrief an die Polizisten. Für die Beamten kam dies allerdings zu spät. Dem Gericht erklären sie unisono, dass sie die Entschuldigung lediglich zur Kenntnis nehmen, aber nicht akzeptieren.

Der Vertreter der Jugendhilfe im Gericht beschreibt den 21-Jährigen als geradlinig und zielstrebig, salopp gesagt, als einen "gut funktionierenden jungen Mann". Der Aussetzer auf dem Faschingsumzug ist seiner Ansicht nach ein alterstypisches Phänomen. Es habe an der persönlichen Einschätzung gefehlt, wie viel Alkohol man verträgt.

Auch der Staatsanwalt sieht die Vorfälle als "jugendtypische Tat". Durch das "Vorglühen" habe sich der Angeklagte beinahe "verglüht". Durch den Alkohol sei der 21-Jährige enthemmt gewesen, von einer Aufhebung oder Minderung der Steuerungsfähigkeit könne man aber nicht sprechen. Der Staatsanwalt plädierte auf 80 Sozialstunden und fünf Alkoholberatungen. Der Verteidiger schlägt ebenfalls Sozialstunden vor. Was passiert ist, sei nicht diskutabel. Sein Mandant habe sich "daneben benommen".

Vorsitzender Richter Daniel Dorner verurteilt den Angeklagten nach Jugendstrafrecht zu 64 Stunden soziale Hilfsdienste und drei Alkoholberatungen. Am Ende verteidigte er das Vorgehen der Polizisten. "Während andere Party machen, müssen diese arbeiten und sich dann auch noch attackieren lassen." Weil die Sinne des 21-Jährigen vom Alkohol vernebelt gewesen seien, habe er diese Einsicht damals nicht gehabt. Das Urteil ist rechtskräftig.

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