Faschingsumzüge:Von Silberrücken und Proseccodrosseln

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Mehr als 30 000 Zuschauer verfolgen In Markt Indersdorf und Petershausen die traditionellen Faschingsumzüge. Die Kommunalpolitik wird kräftig auf die Schippe genommen.

Von Petra Neumaier

Ein ganzer Indianerstamm war beim Faschingszug in Markt Indianersdorf dabei. (Foto: DAH)

Ausgelassene Narren, wohin das Auge blickt und gute Stimmung bis zuletzt: In Markt Indersdorf und in Petershausen säumten am Sonntag mehr als 30 000 Zuschauer die Route der traditionellen Faschingsumzüge. Begünstigt wurden sie durch relativ milde Temperaturen und sogar kurzem Sonnenschein - was die Feierlaune im Anschluss auf Marktplatz und Mehrzweckhalle bis in die Abendstunden verlängerte.

Vor dem Start des Umzugs in Markt Indersdorf liegt die Spannung förmlich in der Luft. Willi Heilmann, Präsident des Faschingskomitees, bespricht sich zum letzten Mal mit dem Einsatzleiter der Polizei, der mit 40 Kollegen den reibungslosen Ablauf überwacht. Schon längst haben sich die 57 Wagen- und Fußgruppen formiert. Etwa 15 stammen aus der Gemeinde selbst, "insgesamt sind zwei Drittel der Teilnehmer aus dem Landkreis", sagt Heilmann stolz. Die größte Gruppe mit 150 Mitgliedern kommt aus Niederroth, zwischen 30 bis 50 Begleiter hat jeder Wagen.

Pünktlich um 13 Uhr geht der Zug los. Eineinhalb Stunden lang zieht er sich die knapp zwei Kilometer lange Strecke durch den Ort. Dumpfe Bässe aus leistungsstarken Lautsprechern lassen den Asphalt beben, schmissige Tanzmusik die kalten Füße tanzen. Die Stimmung ist vom ersten Meter an gut, was vor allem an den aufwendig gestalteten und zum Teil mehr als vier Meter hoch aufgebauten Faschingswagen sowie an den nicht minder liebevoll kostümierten Gruppen liegt.

Ihre Themen sind vielfältig, Hier irische Trinkbolde und Pinguine, dort quietschbunte Glücksbärchen und Bergwerksarbeiter. Die Politik, insbesondere die kommunale, kommt nicht zu kurz. An vorderster Front stehen die bevorstehenden Bürgermeisterwahlen. So präsentiert sich die Faschingsrunde 73 als Zoo und ordnet die Gemeinderäte bestimmten Tieren zu. Bürgermeister Josef Kreitmeir ist der scheidende "Silberrücken". Bei einer anderen Gruppe, die als Indianerstamm nebst Tipi auftritt, ist er der "Häuptling Untergehende Sonne". Zur "Häuptlingswahl in Ind(ian)ersdorf" werden auch gleich Zettel verteilt, auf denen die Zuschauer zwischen dem "Schwarzen Adler", dem "Roten Büffel" und dem "Springenden Hirsch" wählen können. Als bunte Schmetterlinge flattern hingegen die Hebertshausener "Gmoadiener" über die Straße. "Mit uns kann jede Raupe ein Schmetterling werden - SPD - FBB - CSU", versprechen sie.

Der Trachtenverein Glonn betrauert hingegen mit weinenden Klostertürmen das Faschingszugsterben, für das er die steigende Bürokratie verantwortlich macht. Eine Gruppe beerdigt gar den Dachauer Faschingsumzug. Applaus bekommen die Maisbrunner Faschingsnarren aus der Nähe von Altomünster: Mit ihren auf den Schultern aufgeschnallten bunten Autos fahren sie durch "Seehofers mobile PKW-Mautstelle".

Auf ihre Kosten kommen bei dem Faschingsumzug wieder die Kinder, wie in all den Jahren üblich: prall gefüllte Tüten schleppen sie nach knapp zwei Stunden nach Hause - die Indersdorfer Zugteilnehmer und insbesondere das Faschings Komittee, das alleine eine ganze Wagenladung Blumen unter das dicht gedrängte Volk warf, kennen eben keinen Geiz.

Etwas familiärer, aber nicht minder ausgelassen ist der 41. Faschingsumzug der Gemeinde Petershausen. Moderiert von einem Krankorb aus luftiger Höhe, zieht hier zwar kaum die Hälfte der Gruppenzahl aus Indershausen durch die Straße, dafür widmen sie sich fast ausschließlich lokaler Themen. Wie den Wahlen, zu denen sich drei "Ruambrieada" aufstellen: der Schwarze, der Rote und der Gelbe. "In welcher ist der größte Wurm drin", fragt sich eine Gruppe. Um den Radweg von Obermarbach nach Petershausen macht sich eine andere Sorgen. "Stirb langsam, Teil 99" betiteln sie das Gerangel um die Realisierung des längst überfälligen Weges. Außerdem werden die übertriebenen Parkplatzkontrollen moniert.

Als "Geisterstadt" stellen die gespenstigen "Proseccodrosseln" Petershausen ab 20 Uhr dar. Höhepunkt zum Schluss sind die "Astronauten Petershausen", junge Burschen, die nach eigenem Bekunden "mehr Schub haben als der Gemeinderat". Mit ihrem selbstgebauten und rauchenden Spaceshuttle wollen sie gar das gesamte Gremium zum Mond schießen, "weil "trotz Kreisverkehr hier nichts mehr rund läuft."

© SZ vom 03.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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