Erfolgreicher Antrag der Grünen:Landkreis richtet Integrationsbeirat ein

Das Gremium soll das Verständnis zwischen Bevölkerungsgruppen und Verwaltung verbessern und Migranten wie Asylsuchenden Hilfe anbieten.

Von Wolfgang Eitler und Viktoria Großmann, Dachau

Der Landkreis Dachau bekommt einen "Beirat zur Integration von Migranten, Ausländern und Asylbewerbern". Einen entsprechenden gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und ÖDP nahm der Kreisausschuss am vergangenen Freitag einstimmig an. Der Beirat hat sich mehrere Ziele gesetzt: Er soll in Einzelfällen Probleme lösen helfen. Deswegen tagt das Gremium in der Regel aus Datenschutzgründen nicht öffentlich. Er soll sich dabei auch der "elementaren Themen wie Arbeit und Wohnen" annehmen. Die Mitglieder sollen außerdem darauf hinwirken, dass das gegenseitige Verständnis zwischen den Bevölkerungsgruppen auf der einen und Politik sowie Verwaltung auf der anderen Seite verbessert wird.

Schließlich soll der Beirat auch nach außen in die Öffentlichkeit wirken. Dazu verleiht der Beirat künftig jedes Jahr einen Integrationspreis, der mit 500 Euro dotiert ist. In diesem Gremium, das ausdrücklich dem Kreistag zur Seite stehen soll, sind neben der Kommunal- und Kreispolitik, den Fachstellen und Behörden auch die Betroffenen selbst vertreten.

Es hatte fast fünf Monate gedauert, bis der Kreisausschuss über den Sinn eines solchen Beirats beraten durfte. Die Antragssteller hatten sich mit Landrat Stefan Löwl (CSU) mehrmals getroffen, um ihre Vorstellungen über die Aufgaben des Gremiums und dessen personelle Besetzung zu modifizieren. Landrat Löwl sagte am Freitag: "Mir war nicht klar, was der Beirat bezwecken soll."

Die Mehrheit der Ausländer stammt aus Italien, der Türkei und Polen

In dem Originalantrag heißt es, dass Behörden, Ehrenamtliche, Sozialträger und Schulen im Landkreis beim Thema Integration von Einwanderern besser zusammenarbeiten sollten - und auch die Betroffenen sollten mitreden. Grüne, SPD und ÖDP im Kreistag hatten sich dazu eigens mit allen Asylhelferkreisen im Landkreis abgestimmt. "Die Politik muss sich mit kritischen Fragen der Ehrenamtlichen auseinander setzen", sagte Marese Hoffmann, Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Kreistag im März 2017. "Aber auch die Helfer müssen verstehen, wie das politische System funktioniert."

Der Anstoß zu dem Gremium kam, wie Hoffmann sagt, nicht nur von Ehrenamtlichen, sondern sei auch der Wunsch einiger Fachleute etwa von Volkshochschule und weiterführenden Schulen gewesen. Es gehe um eine bessere Abstimmung bei allen Themen, die nicht nur Flüchtlinge, sondern alle Migranten, etwa auch EU-Einwanderer oder Spätaussiedler betreffen. Formal wie inhaltlich entscheidend ist, dass der Beirat über ein Antragsrecht im Kreistag verfügt. Das bedeutet, dass er nicht darauf angewiesen ist, einen Kreisrat oder die Verwaltung zu bitten, das jeweilige Anliegen für ihn vorzutragen.

Der neue Beirat sollte außerdem eng an die Asylkoordination angebunden werden. Darin lag anscheinend Löwls Verständnisproblem. In der schriftlichen Beschlussvorlage erläutert die Landkreisverwaltung, dass im Landkreis 23 050 Ausländer leben, was 15,5 Prozent der Bevölkerung entspricht. Die Mehrheit stammt aus Italien, der Türkei und Polen. Dazu kommt noch eine Vielzahl von deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund. Daraus folgert das Landratsamt: "Diese Personengruppen sind äußerst heterogen und benötigen - wenn überhaupt - unterschiedliche Unterstützungskonzepte."

Vorbehalte auf beiden Seiten

Schon im März betonte Löwl, dass Flüchtlinge durch das Forum "Asyl, was dann?" sehr gut betreut würden. Er wünschte sich damals eine "fachlichere und breitere Basis" eines Beirats zur Integration. Das zweite Problem sahen Löwl und seine Verwaltung in der Fokussierung auf Bildungseinrichtungen. Der Landrat will auch die Themen Arbeit, Ausbildung und Wohnen berücksichtigt sehen. An diesen Kriterien orientiert sich die künftige Zusammensetzung des Beirats, der aus 21 Mitgliedern bestehen soll. Die beiden Sprecher sollen aus den ersten beiden Gruppen kommen - Flüchtlinge beziehungsweise Migranten und Verbände - und nicht der Politik. Grünen-Sprecherin Marese Hoffmann sagte stellvertretend für die Antragssteller: "Damit können wir uns gut einverstanden erklären." Um die Integration im Landkreis voranzubringen, müssten die Kreisräte besser eingebunden werden." Dazu sei eine "übergeordnete Stelle" notwendig, in der Betroffene "die Möglichkeit zur Artikulation" erhielten.

Umgekehrt aber müssten sie Verständnis für Vorgaben von Politik und Verwaltungen erwerben. Zu ursprünglichen Forderung eines Antragsrechts heißt es jetzt in dem Beschluss, dass der Beirat "Anregungen und Wünsche an die jeweils zuständige Stelle beziehungsweise Behörde aussprechen" könne.

CSU-Kreis-Fraktionssprecher Wolfgang Offenbeck stellte die Frage, ob ein Integrationspreis, der mit bloß 500 Euro ausgelobt wird, ein starkes Signal sein könne. Er hätte sich eine höhere Summe gewünscht. Der SZ sagte Offenbeck, dass in dem Originalantrag und auch in der mit der Verwaltung und Landrat Löwl getroffenen Vereinbarung der Fokus noch zu wenig auf gelungene Beispiele der Integration gerichtet sei. Sowohl unter der ausländischen als auch der deutschen Bevölkerung gebe es Vorbehalte, die es auszuräumen gelte.

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