Erfolgloser Protest:Aufstand der Azubis

Die angehenden Fluggerätmechaniker von MTU Aero Engines müssen künftig die Berufsschule in Erding besuchen. Einige werden stundenlang unterwegs sein, doch der Protest von Schülern und Eltern blieb ohne Erfolg

Von Robert Stocker, Dachau

Schlechte Nachrichten für Auszubildende des Unternehmens MTU Aero Engines: Die angehenden Fluggerätmechaniker müssen vom kommenden Schuljahr an die Berufsschule in Erding besuchen. Die Auszubildenden aus dem Landkreis Dachau und einigen anderen Landkreisen haben damit eine deutlich längere Anfahrt, die je nach Wohnort Stunden dauern kann. Bisher wurden die Schüler in der Berufsschule des städtischen Kompetenzzentrums für Fahrzeug- und Luftfahrttechnik am Elisabethplatz in München-Schwabing unterrichtet. Der Grund für die Änderung ist die Entscheidung der Regierung von Oberbayern, den Bestand der Berufsschule in Erding zu sichern. Die Auszubildenden und deren Eltern haben dagegen schriftlich protestiert - allerdings ohne Erfolg.

Betroffen von der Entscheidung sind die Auszubildenden von MTU und des Triebwerkebauers RUAG in Gilching, das aus dem Unternehmen Dornier hervorging. Weil die Zahl der Auszubildenden sinkt, ist aus Sicht der Regierung von Oberbayern nur noch eine Berufsschule für diese Fachrichtung im Großraum München nötig. Der Standort Erding leidet besonders unter dem Schülerschwund. Die Lufthansa hat ihre Ausbildung am Flughafen eingestellt. Auch der Fliegerhorst hat keine Lehrlinge mehr, weil die Bundeswehr den Standort auflöst. Bekäme die Berufsschule in Erding nicht Auszubildende aus anderen Unternehmen, wäre ihr Bestand akut gefährdet. Doch die Regierung will die staatliche Schule in der Nähe des Münchner Flughafens erhalten. Dies teilte sie schon vor knapp zwei Jahren den Ausbildern der MTU mit. Falls das Unternehmen keine Einwände habe, müssten die Auszubildenden künftig die Berufsschule in Erding besuchen. Doch MTU Aero Engines stellte sich gegen diese Pläne nicht quer.

Die Auszubildenden und ihre Eltern gingen auf die Barrikaden. Sie protestierten schriftlich bei der Firmenleitung und forderten diese auf, sich für die Berufsschule des städtischen Kompetenzzentrums in Schwabing stark zu machen. Ohne Erfolg. Nach Angaben von Adam Huml, Vorsitzender des Elternbeirats an der Berufsschule in München-Schwabing, teilte die Firmenleitung lediglich mit, dass dies Sache der Auszubildenden und deren Eltern sei und das Unternehmen sich nicht einmischen wolle. "Ich habe das Gefühl, dass auch die MTU die Berufsschule in Erding erhalten will", vermutet Huml, dessen Sohn Auszubildender des Unternehmens ist. Robert Mair, Leiter der Abteilung Luftfahrt im Kompetenzzentrum Schwabing, schlägt in die gleiche Kerbe: "Die Regierung unterstützt die periphere Schule in Erding. Wenn sich die MTU für uns ins Zeug legen würde, hätten wir sicherlich bessere Karten." Im nächsten Schuljahr wandert die zehnte Klasse nach Erding ab, die elfte und zwölfte Klasse folgen sukzessive in den kommenden Jahren. "Wenn alle Klassen in Erding sind, müssen wir die Abteilung Luftfahrt im Kompetenzzentrum schließen", klagt Mair. "Das wäre für die Schüler ein Rückschritt." Eigentlich sollten sie am Standort ihres Unternehmens in die Berufsschule gehen. Außerdem sei die städtische Berufsschule in Schwabing wesentlich besser ausgestattet.

MTU

Fluggerätmechaniker sind hoch qualifizierte Spezialisten. Die Lehrlinge der MTU müssen ihre theoretische Ausbildung jetzt in Erding machen.

(Foto: dpa)

Das sieht auch Elternbeiratsvorsitzender Adam Huml so. Das Kompetenzzentrum habe auch international einen guten Ruf. Die Absolventen erhalten ein europäisches Zertifikat, das auch im Ausland geschätzt wird. Huml lobt auch die Qualität der Lehrer und die außergewöhnliche Ausstattung der Schule. "Jeder Auszubildende hat seinen eigenen Luftströmungsprüfstand, so etwas gibt es in Erding nicht. Das kostet ja auch Steuergelder." Außerdem verfügt das Kompetenzzentrum über einen funktionstüchtigen Helikopter, der als Anschauungsobjekt und Arbeitsgerät dient.

Was den Elternbeiratsvorsitzenden besonders stört, ist die deutlich längere Fahrzeit für die Auszubildenden nach Erding. Viele werden seiner Einschätzung nach bis zu vier Stunden unterwegs sein. Auch die Eltern der Auszubildenden, die noch keinen Führerschein haben, seien von dem "Schülertourismus" betroffen. Sie müssten ihre Kinder schon nachts zu einer Bus- oder Zughaltestelle fahren, damit sie rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn in der Schule sind.

Einige Schüler müssten sich sogar eine Unterkunft in Erding suchen. "Zeitaufwand und Kosten für die Ausbildung werden für die Eltern immer höher", klagt Huml. Fluggerätmechaniker seien hoch qualifizierte Spezialisten mit guten Perspektiven in der zivilen Luftfahrt. "Doch unter diesen Bedingungen werden immer weniger junge Leute diesen Beruf ergreifen wollen."

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