Erdweg:Staatsanwaltschaft überprüft Hundeattacke

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Rassen wie die Bordeaux-Dogge werden der Kategorie 2 zugeordnet.Hunde dieser Kategorie gelten nur dann nicht als Kampfhunde, wenn durch ein Sachverständigengutachten die Ungefährlichkeit des Hundes nachgewiesen werden kann. (Foto: Getty Images)

Wird der Besitzer einer Bordeaux-Dogge angeklagt, die einen Mann schwer verletzt hat? Das muss jetzt geklärt werden.

Von Benjamin Emonts und Jeannette Oholi, Erdweg

Die polizeilichen Ermittlungen wegen der Erdweger Hundeattacke Ende vergangenen Jahres sind abgeschlossen. Die Akten werden Mitte nächster Woche der Staatsanwaltschaft München II übergeben. Sie muss dann entscheiden, ob gegen den Hundehalter in Erdweg wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung Anklage erhoben wird. Das Opfer des Angriffs einer Bordeaux-Dogge vom 12. November 2015 ist vergangene Woche gestorben. Zwischen dem Tod des Mannes und dem Hundebiss besteht aus Sicht der Angehörigen des Verstorbenen kein kausaler Zusammenhang.

Wie ein enger Freund des Opfers berichtet, fiel eine frei laufende Bordeaux-Dogge den 61-jährigen Mann aus Erdweg während eines Spaziergangs auf dem Petersberg völlig unvermittelt an. Der Hund biss sich im rechten Arm des Mannes regelrecht fest, es entstanden Bisswunden, die bis auf den Knochen reichten. Der Erdweger musste fünf Mal operiert werden.

Wie konnte es dazu kommen?

Obwohl der kausale Zusammenhang zwischen Biss und Tod inzwischen negiert wird, wirft der brutale, unvermittelte Angriff des Tieres Fragen auf. Wie geht man mit einem Hund um, der einen Menschen derart schwer verletzt hat? Welche rechtlichen Konsequenzen zieht ein solcher Angriff nach sich? Und wie konnte es überhaupt dazu kommen?

Die Frau des Opfers hatte unmittelbar nach der Attacke Anzeige gegen den Hundehalter erstattet. Die Hundeführer der polizeilichen Abteilung mit dem Titel "Operative Ergänzungsdienste" in Fürstenfeldbruck nahmen die Ermittlungen auf. Diese Abteilung ist für Delikte im Bereich des Tierschutzes zuständig. Wie Leiter Jörg Wuttke mitteilt, haben die zuständigen Ermittler sämtliche Beteiligte und Zeugen des Angriffes befragt und beim Dachauer Landratsamt die Akten über den Hund eingesehen. Grundsätzlich, sagt Wuttke, seien Bissattacken von Hunden jedoch sehr selten. "Die Hundebesitzer passen in den meisten Fällen sehr gut auf ihre Tiere auf." Die Gemeinde Erdweg hat dem Hundehalter unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls verschiedene Auflagen auferlegt, wie Bürgermeister Georg Osterauer (Freie Wähler) darlegt. Demnach darf der Hund jetzt nur noch mit einer reißfesten Leine von eineinhalb Metern Länge, einem schlupfsicher angebrachten Halsband und einem Maulkorb ausgeführt werden. Um die von dem Hund ausgehende Gefahr und mögliche Maßnahmen auszuloten, wurde von der Gemeinde außerdem ein Expertengutachten in Auftrag gegeben.

Kampfhund der Kategorie 2

Die Bordeaux-Dogge wird in vier Bundesländern Deutschlands, darunter Bayern, als Kampfhund der Kategorie 2 eingeordnet. Bei den zur Kategorie 2 zählenden Rassen wird grundsätzlich von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber anderen Menschen und Tieren ausgegangen. Der Halter solcher Hunde ist verpflichtet, ein Sachverständigengutachten vorzulegen, das die gesteigerte Gefährlichkeit und Aggressivität des Tieres ausschließt. Im Fall der Bordeaux-Dogge lag ein solches Gutachten vor, wie Bürgermeister Osterauer erklärt. Ein Freund der Familie des Opfers schildert jedoch einen Vorgang, wonach die Bordeaux-Dogge den Hund eines Nachbarn so fest gepackt und geschüttelt habe, dass er eingeschläfert werden musste.

Die Gemeinde Altomünster hat kürzlich eine neue Satzung verabschiedet, die Hundehaltern Steuervergünstigungen zuspricht, sofern sie eine fundierte Ausbildung ihrer Tiere nachweisen können. Laut Bürgermeister Anton Kerle (CSU) hatten sich Beschwerden von Bürgern, die sich von Hunden bedroht fühlten, gehäuft. Demnach hätten viele Hundehalter ihre Tiere beim Gassigehen nicht im Griff. Um das Problem zu beheben, bekommen Hundebesitzer, die eine Ausbildung nachweisen können, nun eine Steuerermäßigung um 50 Prozent. Kerle sagt: "Die Tiere sollen sozialverträglich werden."

Die ersten Lebenswochen des Hunds sind entscheidend

Der Dachauer Hundecoach Benedikt Scheppan kennt sich mit Hundeangriffen aus und sagt, dass insbesondere die Vorgeschichte des Tieres eine entscheidende Rolle spielt. Maßgeblich für deren Sozialisierung seien die ersten acht bis 16 Lebenswochen. In dieser Zeit müssten Hunde Kontakt mit Menschen jeden Alters bekommen und an Haushalts- und Verkehrsgeräusche gewöhnt werden. Hundebesitzer wiederum sollten aufmerksam sein und eventuelle Anzeichen erkennen - wie etwa eine Aggressivität gegenüber Menschen und anderen Hunden.

Sollte ein Besitzer das Verhalten seines Hundes nicht einschätzen können, empfiehlt er ein Training bei einem Experten. Spaziergängern rät Scheppan, nicht auf jeden Hund zuzugehen. Falls es zu einer Bedrohungssituation kommt, solle man dem Hund keinesfalls in die Augen schauen, sondern sich seitlich wegdrehen und langsam nach hinten weggehen.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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