Erdweg:Historisches Schmuckstück

Unter engagierter Bürgerbeteiligung wird das Wirtshaus am Erdweg saniert. Ende 2014 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein und das denkmalgeschützte Gebäude zum Treffpunkt für die gesamte Gemeinde werden.

Von Benjamin Emonts

Der historische Dachboden, der einstmals ein Getreidespeicher war, wird bald einer der schönsten Säle im Landkreis sein", sagt Ludwig Ostermair vom Erdweger Bauamt, als er in das Dachgeschoss des Wirtshauses führt. Das massive Holzgebälk und die zwei nach oben zusammenlaufenden Kamine bieten einen imposanten Anblick. Schon Ende 2014 soll das neue Wirtshaus am Erdweg fertig sein, dann werden hier Kulturveranstaltungen stattfinden und Bürger sich treffen können.

Mehr als 50 Erdweger Bürger haben bis dato 1700 Arbeitsstunden aufgewendet, um das Projekt voranzutreiben: Sie haben entrümpelt, mehr als 40 Container Schutt weggefahren, Putz abgeschlagen und die Böden beseitigt. Was nun noch fehlt, ist einzig in der Innenausbau und die Restaurierung und Rekonstruktion der historischen Außenfassade.

"Ohne die Eigenleistung der Bürger wäre das Projekt ebenso wenig realisierbar gewesen wie ohne die staatlichen Zuschüsse", sagt Bürgermeister Michael Reindl (Freie Wähler). Von den insgesamt 2, 5 Millionen Euro Baukosten übernimmt der Freistaat etwa 1, 3 Millionen - auch weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht.

Während die Baumaßnahmen noch mindestens bis Ende 2014 andauern, ist die Konzeptionierung des Wirtshauses schon weitestgehend abgeschlossen - und wie üblich, hatten die Erdweger Bürger dabei ein gewichtiges Wörtchen mitzusprechen. Bei mehreren Workshops erarbeiteten sie teils allein, teils mit Experten, was das neue Wirtshaus funktionell bieten soll: eine Gaststätte, die auch "Kultur- und Begegnungsstätte" ist, wie es Noch-Bürgermeister Reindl formuliert.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Erdweg ein Ort mit Strahlkraft bislang fehlte. Das kulturelle Leben spielte sich eher dezentral in den einzelnen Gemeindeteilen und dem sehr regen Leben in den mehr als 40 verschiedenen Vereinen ab. Das Wirtshaus am Erdweg soll nun die Identität des Ortes fördern und ein Platz werden, an dem sich die verschiedenen Ortsteile treffen und gemeinsame Erlebnisse sammeln. Es soll "nach innen verbinden und nach außen leuchten", wie es auf einem von den Bürgern erarbeiteten Arbeitspapier steht. "Nach innen" bedeutet dabei, dass das Wirtshaus auch soziale Zwecke erfüllen soll, ob als Seniorentreff oder als Platz für Mutter-Kind-Gruppen, Selbsthilfegruppen oder Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz. Selbstverständlich wird das gesamte Wirtshaus barrierefrei ausgebaut, der Aufzugschacht bis ins Dachgeschoss ist bereits fertig.

Die neuen Räumlichkeiten sollen insbesondere Kulturschaffenden zugänglich gemacht werden: als Aufführungsraum für Theater, Konzerte, Musikproben, Poetry Slams, Lesungen oder hin und wieder auch für überregionale, kommerzielle Kulturveranstaltungen. "Ein Leuchtturm, der auch über die Grenzen unserer Orte sichtbar wird", heißt es auf dem Arbeitspapier.

Historisch betrachtet, ist das Wirtshaus am Erdweg eines der bedeutendsten weltlichen Bauwerke im Landkreis Dachau, und die Historie Erdwegs ist wesentlich mit der Geschichte des Bauwerks verbunden. Bereits im Mittelalter war das Wirtshaus Treffpunkt von Dorfbewohnern und Reisenden. Die Funktion als zentrale Anlaufstelle wurde durch die Lage im Kreuzungsbereich mit der schon in der Römerzeit wichtigen Straße von Dachau nach Altomünster begünstigt. Im Jahr 1468 wird das Wirtshaus erstmals als Tafernwirtschaft erwähnt.

Die Erdweger Bürger wollen der großen historischen Bedeutung ihres Wirtshauses gerecht werden, indem sie dessen Geschichte aufbereiten und dokumentieren. So soll unter Beteiligung der Bürger eine Chronik des Wirtshauses oder ein Projektbuch mit Anekdoten und Zeitzeugengesprächen erstellt werden. In der Gaststube und dem Nebenzimmer im Erdgeschoss sollen künftig historische Fotos hängen, und zur Sanierung wird ein Bildband mit Fotos und Dokumentationen zur Archäologie des Hauses entstehen.

Beim Entfernen des Außenputzes sind überwiegend an der Vorderseite des Gebäudes Wandmalereien aus dem frühen 19. Jahrhundert zutage getreten. Die grünen, teils ockerfarbenen Darstellungen können dem späten Barock zugeordnet werden und zeigen Bänder, Eckbossen, Säulen und Schmuckelemente. Aus der selben Zeit stammen die relativ gut erhaltenen Heiligenbilder des Heiligen Sebastian und Florian. So weit möglich, sollen alle erhaltenen Malereien restauriert und fehlende Elemente zu einem passenden Gesamtb

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: