Engagierte Künstlerinnen blicken auf die Welt:Selbst ist das Land

Zum Abschluss der Ausstellung "Menschen aus Deutschland und Tansania" diskutieren Experten im Wasserturm, wie Entwicklungshilfe wirklich Erfolg haben kann

Von Deborah Portejoie, Dachau

In einem Punkt sind sich alle Teilnehmer der Diskussionsrunde einig: Entwicklungshilfe soll bei den Bewohnern des jeweiligen Landes beginnen. Hilfsorganisationen müssen die Menschen fragen, was sie wollen, was sie brauchen - erst dann, nach der Initiative der Menschen vor Ort, geht es an das Sammeln von Spenden in Deutschland oder anderen westlichen Ländern. "Wir gehen davon aus, dass die Menschen dort am besten wissen, was sie brauchen", sagt Georg Breitwieser. Er gestaltet seit 2005 die Tansaniapartnerschaft der Korneliusgemeinde Karlsfeld im Rahmen des Prodekanats München-West. Auf diese Art und Weise konnte einer tansanischen Gemeinde zum Beispiel eine Maismühle bereitgestellt werden. Auf Anfrage der tansanischen Bürger wurden Spenden gesammelt, um eine Mühle zu kaufen. Diese dient nun zum Generieren von Einnahmen für die Kirchengemeinde, da die Bauern im Umland für das Benutzen der Mühle zahlen.

Wie erfolgreiche Entwicklungshilfe aussehen kann, ist eines der Themen, mit dem sich die Diskussionsrunde am Sonntag im Dachauer Wasserturm beschäftigte. Im Rahmen der Ausstellung "Wo will ich hin im Leben? Menschen aus Deutschland und Tansania" erzählen die Fotografin und Mitveranstalterin der Ausstellung, Anne Stolmár, Georg Breitwieser von der Korneliusgemeinde Karlsfeld, Christian Selbherr, Redakteur der Zeitschrift missio magazin und Martin Pockrandt, der einige Jahre in Tansania gelebt hat, von ihren Erfahrungen mit Entwicklungshilfe, speziell in Bezug auf das ostafrikanische Land, mit dem sich die Ausstellung beschäftigt.

Lebensziele

Junge Mädchen aus Tansania sollten ihre Träume für die Zukunft künstlerisch ausdrücken. Ihre Werke bildeten einen Teil der Ausstellung.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Anne Stolmárs Arbeit, ein Projekt, bei dem Menschen aus Deutschland und Tansania von ihrem wichtigsten Lebensziel erzählen, bildet einen Teil der Ausstellung. Fotografische Porträts und kurze Texte zeigen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Hintergründen aus den beiden Ländern. Die Antworten auf die Frage nach dem Lebensziel fallen ganz unterschiedlich aus - eine tansanische Mutter spricht von Bildung für ihre Tochter, für eine junge deutsche Frau steht die Treue zu sich selbst im Vordergrund. Den weiteren Teil der Ausstellung bilden Fotos und die Kunstwerke, die im Rahmen eines Kunstworkshops des Kunstprojektes "Jambo Sanaa" des Münchner Vereins Jambo Bukoba e.V. in Tansania entstanden. Geleitet wurde der Kunstworkshop von Alexandra Dreier, der Mitveranstalterin der Ausstellung im Wasserturm. Tansanische Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren sollten sich mit ihren Träumen für die Zukunft beschäftigen und diese in Form von Kunst ausdrücken. Zwei fünfte Klassen der deutschen Maria-Ward-Realschule beschäftigten sich ebenfalls mit diesem Thema. Die Kunstwerke, die daraus entstanden, wurden gemeinsam mit den Werken der tansanischen Mädchen ausgestellt.

Die Podiumsdiskussion diente als Abschluss der Ausstellung. Ziel war es, Wege der erfolgreichen Entwicklungshilfe zu erkunden, Herausforderungen zu erkennen und persönliche Eindrücke aus Entwicklungsländern, insbesondere aus Tansania, zu teilen. Dabei ist es Christian Selbherr wichtig, die Erfolge der Entwicklungshilfe hervorzuheben. "Es gibt eine Tendenz zu sagen, dass alle Entwicklungshilfeprojekte gescheitert sind, zum Beispiel durch Korruption oder Misswirtschaft", meint der Journalist. Dabei gibt es einige Projekte, die erfolgreich laufen. In der tansanischen Stadt Musoma zum Beispiel gibt es ein von Entwicklungshelfern mit aufgebautes Heim für Mädchen, die von ihren Familien und Dörfern aus verschiedenen Gründen davonlaufen müssen. Das Heim bietet ihnen Sicherheit und Schulbildung. Außerdem versuchen die Mitarbeiter zwischen den Mädchen und den Familien zu vermitteln, damit die Kinder wieder nach Hause kommen können. Das Heim wurde teilfinanziert durch Spenden. Georg Breitwieser weist auch auf den Erfolg der Arbeit der Korneliusgemeinde Karlsfeld hin. Mit ihrer Hilfe konnte in Tansania ein Anti-AIDS-Projekt gefördert oder aber auch ein Röntgengerät im örtlichen Krankenhaus beschafft werden. Bei all diesen Projekten ist es wichtig, sie gemeinsam mit den Tansaniern zu planen und durchzuführen. "Die Partizipation der Menschen führt zur Wertschätzung des Projektes, was für den Erfolg entscheidend ist", sagt Martin Pockrandt.

Lebensziele

Anne Stolmár (li.) fragte Menschen in Tansania und Deutschland nach ihren Lebenszielen. Mit Alexandra Dreier (rechts) stellte sie ihre Werke aus.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Für Georg Breitwieser muss das Ziel von Entwicklungshilfe sein, dass sich die Menschen, beispielsweise in Tansania, selbst und ohne Unterstützung von Hilfsorganisationen versorgen können. Wenn die Tansanier den angebauten Kaffee selbst verarbeiten würden, wäre das eine größere Geldquelle als der Verkauf von unverarbeitetem Kaffee. Durch die eigene Herstellung von Medikamenten würden diese für die Bevölkerung bezahlbar werden. "In den Ländern selbst müssen mehr Produkte hergestellt werden", sagt Breitwieser. Entscheidend aus wirtschaftlicher Sicht ist in diesem Zusammenhang der faire Handel, der Breitwieser zufolge von mehr Unternehmen betrieben werden sollte. "Toll ist, dass es in Dachau zum Beispiel den Weltladen gibt", sagt er. Außerdem weist er auf die Verantwortung jedes Einzelnen hin: "Jeder ist Teil vom Ganzen."

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