Einstieg auf syrisch:Grenzenlose Musik

Einstieg auf syrisch: Gelungene Vorstellung: Salih Saeed und Murad spielen zum Auftakt des Konzerts auf der syrischen Mandoline.

Gelungene Vorstellung: Salih Saeed und Murad spielen zum Auftakt des Konzerts auf der syrischen Mandoline.

(Foto: Toni Heigl)

Laienkünstler beweisen in der Kulturschranne Kreativität

Von Felix Wendler, Dachau

"Die kommen schon noch", zeigt sich Ahmad Navid, Organisator und Moderator der Veranstaltung Open Stage zuversichtlich, als um 20 Uhr noch immer nur wenige Plätze in der Kulturschranne besetzt sind. Umso glücklicher wirkt er knapp zwanzig Minuten später bei der Begrüßung. Tatsächlich hatte sich der Raum mit etwas Verspätung dann doch überraschend schnell gefüllt, sodass knapp 50 Gäste und Künstler der Eröffnungsansprache lauschen. Gemeinsam mit Moderationskollege und Mitorganisator Hubertus Freisinger, Beauftragter der Stadt Dachau für Jugend und Integration, gibt er direkt die Richtung des Abends vor. Ganz im Sinne der Interkulturellen Wochen 2017, in dessen Rahmen die Veranstaltung stattfindet, erfolgt die Begrüßung mehrsprachig. Navid leitet gekonnt und mit viel Humor durch das Programm. Man merkt dem 27-jährigen Ingenieurstudent seine Erfahrung an, die er bereits in diversen Projekten als ehrenamtlicher Aktivist sammeln konnte. Als er den ersten Auftritt des Abends ankündigt, brandet Applaus auf.

Salih Saeed und Murad legen einen gekonnten Einstieg auf der syrischen Mandoline hin. Die Atmosphäre ist gelöst und familiär, fast alle im Raum scheinen sich zu kennen. Viele der anwesenden Gäste sind ehrenamtlich in der Asylhilfe tätig. Die eine oder andere Neckerei bleibt da natürlich auch nicht aus. So wird Mehdi Ramshani auf der Bühne von Daniel Kovac noch mal schnell an die Bedeutung von Pünktlichkeit erinnert, bevor beide zusammen mit dem Asylchor Bergkirchen ihren Auftritt haben. Nicht alles läuft rund. Da gerät zum Beispiel die Trommlerin aus dem Takt oder das persische Liedgut geht den Oberbayern nicht ganz so flüssig über die Lippen. Doch dann wird es einfach erneut probiert. Denn genau darum geht es an diesem Abend: Gemeinsam kreativ sein, sich finden und Spaß haben. Zur Überwindung kultureller Grenzen ist Musik immer noch eines der besten Mittel, findet auch Simone Kastl-Fritsch, Vorsitzende der Volkshochschule Bergkirchen, die den Asylchor vorstellt und Interessierte zum Mitmachen einlädt.

International geht es dann auch weiter. Aliou Watt präsentiert senegalesischen Gesang. Später traut er sich sogar ein langes Gitarrensolo zu, obwohl er erst seit wenigen Monaten spielt. Als der Künstler dann seinen Auftritt mit einigen unkonventionellen, aber sehr sympathischen deutschsprachigen Elementen ("Vielen Dank, Deutsche Land") schließt, gibt es vom Publikum Extra-Applaus. Nach einer kurzen Pause ist Ahmad Navid, der aus Afghanistan stammt und in Kasachstan studiert hat, auch als Übersetzer gefragt. Zur Abwechslung des bis dato musikalisch geprägten Abends trägt Oneeb Faqirzada zwei Gedichte des persischen Dichters Hafis vor, die Navid ins Deutsche übersetzt. Auf Nachfrage von Hubertus Freisinger verrät Oneeb, dass es im Gebiet des ehemaligen Persischen Reiches auch heute noch üblich ist, auf speziellen Veranstaltungen Gedichte vorzutragen. Mehdi Ramshani kommt beim Publikum besonders gut an. Seine auf Persisch vorgetragenen Soloauftritte, ohne jegliche musikalische Begleitung, verleihen dem Raum für mehrere Minuten eine Atmosphäre der Stille.

Das genaue Gegenteil von Stille prägt den letzten Teil des Abends. Robert Freudenberg, lokaler Musiker und Organisator verschiedener integrativer Kreativprojekte, erklimmt die Bühne und heizt dem Publikum ein. So richtig zufrieden sei er noch nicht mit der Stimmung. Nach anfänglichem Zögern und Zaudern schafft er es dann doch, zusammen mit Daniel Kovac dem Namen der Veranstaltung alle Ehre zu machen. Das Mikrofon wird durch die Tische gereicht, und jeder darf sich am Refrain von All You Need Is Love oder Wonderwall versuchen. Auch die Bassgitarre und das Xylophon werden neu besetzt. Nach kurzer Zeit ist ein musikalisches Ensemble entstanden, in dem Laien und erfahrene Musiker aus den verschiedensten Kulturen gemeinsam ihre Kreativität ausleben.

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