Höhepunkt im Veranstaltungskalender:Eintritt in ein kleines Paradies

1500 Besucher kommen zum Barockpicknick im Dachauer Hofgarten und lassen sich vom Orchestra Mondo auf eine musikalische Weltreise entführen.

Von Ludwig Kramer, Dachau

Hätte man am Wochenende einen Wettbewerb veranstaltet und dabei nach der friedvollsten Veranstaltung gesucht, das Barockpicknick im Dachauer Hofgarten wäre als unangetasteter Sieger hervorgegangen. Das Barockpicknick: Eine Großveranstaltung, bei der das Security-Personal mit Sonnenbrille auf der Nase und Kaugummi im Mund auf den Wegen zwischen den Apfelbäumen umher schlendert. Das einzige, worauf sie achten müssen, sind rennende Kinder. So ein Miteinander würde man sich im Alltag wünschen: heitere, freundliche und entspannte Menschen - neben dem wundervollen Ambiente ist das ein Grund für den großen Erfolg des Barockpicknicks, das seit Jahren ein Fixpunkt im Veranstaltungskalender aller Generationen zu sein scheint. 1500 Besucher sind diesmal gekommen.

Höhepunkt im Veranstaltungskalender: Etwa 1500 Besucher haben es sich unter den Bäumen im Hofgarten gemütlich gemacht.

Etwa 1500 Besucher haben es sich unter den Bäumen im Hofgarten gemütlich gemacht.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Lange vor den ersten Akkorden des Orchestra Mondo, das an diesem Abend spielt, standen die Besucher vor dem kleinen Tor zum Schlossgarten Schlange. Hier wurde noch gekämpft - um den Eintritt, um die besten, schattigsten Plätze im Hofgarten und Parkplätze. In dem Ansturm wurden schon auch mal Halteverbote ignoriert. Doch wer durch das Tor trat, das ersehnte Bändchen um das Handgelenk gewunden, ließ alle Anspannung fahren - der Eintritt in ein kleines Paradies auf Erden zauberte ein Lächeln auf die Gesichter. Die Strahlen der Abendsonne fielen durch die Baumkronen und tauchten den Garten in ein mildes Licht. Mädchen in Sommerkleidern schlugen ein Rad, Jungen klaubten herabgefallene Äpfel aus dem Gras und jagten sich gegenseitig.

Höhepunkt im Veranstaltungskalender: Die Besucher sind von Anja Baldauf am Akkordeon fasziniert.

Die Besucher sind von Anja Baldauf am Akkordeon fasziniert.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Alle Köpfe drehten sich in Richtung der Bühne, als der Bassist Jörg Heß sein Instrument stimmte. Die anderen Musiker betraten nach und nach die kleine Bühne vor dem Wittelsbacher Schloss, von der untergehenden Sonne in gelbes Licht getaucht. Unmittelbar startete das Orchestra Mondo, dass sich unter der Leitung von Anja Baldauf auf alte, fast vergessene Melodien versteht, das erste Set. Klassisch jazzig wurde mit dem Walking Bas, Saxofon- und Gitarren-Solo aufgewartet. Dann kam das Akkordeon ins Spiel. Ungewöhnlich passend, unheimlich flink sausten die Finger von Anja Baldauf die Tasten rauf und runter.

Als Aperitif den Kaisergespritzten

Alles war gerichtet. Der Familienvater im Greenpeace- T-Shirt hatte das Einweckglas mit Salat-Dressing abgestellt, Lampions hingen in den Ästen, auf den Wiesen standen ausgeklappte Campingstühle und Tische mit Tischdecken in blau-gelb-braunen oder gelb-rot-grünen Karomuster. Viele hatten einfach Decken auf dem Boden ausgebreitet und ihre Köstlichkeiten ausgepackt. Als Aperitif den Kaisergespritzten, dann ein paar italienische Vorspeisen, Quinoa-Salat und Wraps mit gebratenem Hühnchen, natürlich gab es auch reichlich Brote und Nudelsalat.

Barockpicknick

Ein strahlendes Paar im Schlossgarten: Marc und Daniela Sendlbeck haben gerade geheiratet und feiern beim Barockpicknick.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Als erste rannten die Kinder zur Bühne und tanzten, darunter stolperten auch kleine Knirpse nach vorne, die das Laufen erst noch lernen. Bei den ausgewählten Stücken aus aller Herren Länder wechselte das Orchestra Mondo permanent die Spielweise und auch die Instrumente. Der Gitarrist Titus Waldenfels hatte keine Probleme mit Hawaii-Gitarre, Mandoline, Banjo, Violine oder Strohgeige umzugehen. Am Kontrabass kam Heß beim Tango aus Uruguay, "La Cumparsita" aus dem frühen 20. Jahrhundert, mit seinem Instrument in unmöglich geglaubte Höhen. Als Scheinwerfer die Abendsonne ablösten und in der Dunkelheit Kerzen entzündet wurden, ließen sich auch die ersten Tanzpaare auf einen Swing, Walzer oder einen gewagten Tango ein. Beispielsweise bei einem französischen Valse Musette. Baldaufs Akkordeon trat dabei in den Dialog mit Thomas Bouterweks Saxofon, das immer einen schnippischen Kommentar für das Akkordeon übrig hatte. Eine weitere Entdeckung - das Ensemble hält, was es verspricht - war ein Titel aus dem Film "Die Sieben Hügel von Rom". Die zarten Percussionklänge von Schlagzeuger Stefan Baldauf waren die Grundlage für die Tremmoli der Mandoline mittels derer Gitarrist Waldenfels die Dachauer ins südliche Italien entführte. Vielleicht war die musikalische Weltreise auch Inspiration für die noch ausstehenden Flitterwochen des frisch vermählten Paars Daniela und Marc Sendlbeck, die mit dem Picknick im Schlossgarten stilvoll den Tag ihrer standesamtlichen Hochzeit ausklingen ließen.

Die beiden saßen mit ihren Gästen, von denen viele zum ersten Mal den Hofgarten in dieser Atmosphäre erlebten, unter einem wunderschön dekoriertem Baum auf Decken in zartem blau oder rosa. Daran, dass Oberbürgermeister Florian Hartmann und hunderte Dachauer mit ihnen feiern würden, hatten sie bei der Verlobung sicher nicht gedacht. Kulturamtsleiter Tobias Schneider war erleichtert über den Erfolg. Mit etwa 1500 Besuchern, war das alljährlich im Rahmen des Musiksommers stattfindende Event zwar noch nicht ausverkauft. Aber das sei auch nicht das erklärte Ziel. Sondern: Ein Abend der Freude und des Friedens.

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