Edelkrebse in Dachau:Rückkehr der kleinen Monster

In den 1950er Jahren raffte die Krebspest fast alle heimischen Edelkrebse dahin. Nun sollen die Tiere wieder angesiedelt werden. Die ersten Exemplare haben jetzt den Eichhofener Bach bei Markt Indersdorf in Beschlag genommen.

Robert Stocker

Josef Mederer weiß, wie er die Tiere anfassen muss. Der Bezirkstagspräsident packt ein Exemplar am vorderen Teil des Rumpfes, damit es mit seinen Scheren nicht zwicken kann. Behutsam setzt er einen Krebs ins Wasser, wo das Tier zunächst regungslos verharrt. Dann krabbelt es einige Zentimeter auf dem Grund des Baches und orientiert sich erst einmal in seiner neuen Umgebung. "Sie suchen sich jetzt ein Versteck in einer Uferhöhle oder unter einem Stein", erklärt Fischereifachberater Ulrich Wunner vom Bezirk Oberbayern.

Edelkrebse in Dachau: Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hat mit einigen Kindern Edelkrebse im Eichhofener Bach ausgesetzt - sie sollen dort wieder heimisch werden.

Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hat mit einigen Kindern Edelkrebse im Eichhofener Bach ausgesetzt - sie sollen dort wieder heimisch werden.

(Foto: Toni Heigl)

Krebse sind nachtaktiv und gehen nur in der Dunkelheit auf Beutefang. Außer wenigen Fischarten wie Hecht oder Fluss barsch haben sie keine natürlichen Feinde. Nur der Mensch hat ihnen massiv zu gesetzt. Er hat die Gewässer verbaut und verschmutzt, und er hat die Krebspest eingeschleppt, eine Pilzerkrankung, die Tiere verbreiteten, die aus den USA importiert und in den heimischen Gewässern eingesetzt wurden. Nur wenige Edelkrebse waren gegen den Pilz immun, die Pest rottete die Tiere weitgehend aus, die noch in den späten 1950er Jahren als Delikatesse auf dem Viktualienmarkt in München verkauft wurden.

Auch die Glonn und ihre Seitenbäche waren damals für ihren Reichtum an Edelkrebsen berühmt. Jetzt wollen die Fischereifachberatung des Bezirks und der oberbayerische Fischereiverband den Astacus astacus - so sein zoologischer Name - das Schalentier in den Flüssen und Bächen des Landkreises wieder heimisch machen. Der Astacus astacus kehrt zurück - zunächst in die Oberläufe der Glonn, die den Experten zufolge besonders günstige Lebensbedingungen für die Krebse aufweisen. Dazu gehört auch der Eichhofener Bach, der im Gemeindegebiet von Markt Indersdorf liegt.

Die Qualität der Gewässer hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Viele kleine Maßnahmen trugen dazu bei: Der Bau von Kläranlagen, Hochwasserschutz, Renaturierungen und Uferstreifenprogramme führten dazu, dass das Wasser sauberer ist und die Tiere darin sich wieder wohler fühlen. Auch der Einbau von Fischtreppen, die den Wasseraustausch fördern, hat den Tieren gut getan. 26 verschiedene Fischarten kommen mittlerweile wieder in oberbayerischen Gewässern vor.

"Jetzt können wir den Versuch wagen, den Edelkrebs hier wieder einzusetzen", sagt Bezirkstagspräsident Mederer. Dass für die Wiederbesiedelungsaktion am Mittwoch der Eichhofener Bach ausgewählt wurde, ist kein Zufall. Das Gewässer ist ein Oberlauf der Glonn, in dem die Experten kaum Krebspest vermuten, weil die Sporen des Pilzes stromabwärts treiben. Fischer und Fachberater des Bezirks haben etwa 70 Edelkrebse in allen Größen und verschiedenen Alters mitgebracht, die aus einer Teichanlage im Landkreis Erding stammen. Unter der Anleitung von Experten werden die Tiere dort gehegt und gepflegt, ebenso wie in vielen Baggerseen, die in der Regel eine hohe Wasserqualität haben. Fachberater Ulrich Wunner und seine Kollegen setzen die Krebse an einer Stelle des Eichhofener Baches ein, die dafür besonders geeignet ist.

Der Krebs hält das Wasser sauber

Der Bachlauf wurde hier renaturiert, große Steinblöcke liegen im Wasser, die das Gefälle des Baches betonen und die Wanderung der Fische erleichtern. Außerdem bewirtschaften die Landwirte nicht die Ufer, wodurch weniger Pestizide ins Wasser gelangen. All das erfahren auch die 300 Kinder und Jugendlichen aus Oberbayern, die in diesen Tagen am Jugendausbildungszeltlager des Fischereiverbandes in Markt Indersdorf teilnehmen. Einige sind nach Eichhofen mitgefahren, um selbst ein paar Krebse in den Bach einzusetzen.

"Der Edelkrebs ist einer der schönsten Krebse der Welt, und den gibt es bei uns in Oberbayern", schwärmt Ulrich Wunner von den Tieren, die bis zu 250 Gramm schwer werden können und ein Indikator für sauberes Wasser sind. Sie sind Allesfresser und halten so das Wasser rein.

Die Chancen, dass der Versuch erfolgreich ist, stehen nach Ansicht der Experten gut. In einem Jahr wollen sie den Bestand kontrollieren. Wenn sie dann im Eichhofener Bach viele kleine Krebse entdecken, haben sie alles richtig gemacht.

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