Drum Stars:Mitten im Orkan

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Die Formation Drum Stars um den Schwabhausener Schlagzeuger Benni Pfeifer begeistert in Dachau mit ihrer Dynamik und mit ihren Instrumenten. Die können auch aus einer Trittleiter bestehen.

Von Dorothea Friedrich

Stockfinster ist es im Stockmann-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses am Samstagabend. Ziemlich psychedelische Musik überschwemmt das Publikum. Dann ein Lichtblitz, ein Zucken. Fünf weiße Gestalten stehen auf der Bühne. Zehn grellrote LED-Sticks fahren synchron in die Höhe - und gehen im Gleichklang auf diverse Schlaginstrumente nieder. Der erste Auftritt der Drum Stars in Dachau beginnt mit einem echten Knaller, dem während des mehr als zweistündigen Konzerts noch viele weitere folgen sollen.

Sehr zur Freude des bunt gemischten Publikums, das ganz unterschiedliche Erkenntnisse mit nach Hause nehmen wird: Für die ganz Kleinen wird dieser Abend zu einer Quelle der Inspiration in Bezug auf die Einsatzmöglichkeiten unterschiedlichster Utensilien als Instrument, wie sie immer lautstark feststellen. Bei den etwas Größeren weckt das Konzert den Ehrgeiz, es irgendwann mal mit den fünf Musikern aufnehmen zu können. Sind doch etliche von ihnen Schüler der Drum Stars, so wie der elfjährige Juri. Der ist völlig hingerissen von den Möglichkeiten, die sein Instrumentarium bietet. Für die Erwachsenen jeden Alters ist die Dachau-Premiere der Percussionisten um Benni Pfeifer "einfach nur geil", wie eine vor lauter Mitklatschen und Mitstampfen leicht erschöpfte junge Zuhörerin sagt.

Was der Schwabhausener Benni Pfeifer, der Dachauer Jakob Ehrlich, die Münchner Flo Pfeifer und Bernhard Pricha sowie der Augsburger Norbert Gronde auf die Bühne bringen, ist großartig. Eine ausgeklügelte Lichtregie (vom erst sechzehnjährigen Julian Fiedler gesteuert) lässt die goldglitzernde Faschingsdeko im Stockmann-Saal ziemlich abgefahren aussehen. Die Musiker mutieren zu geisterhafte Gestalten, die auf ihr LED-blitzendes Instrumentarium eindreschen - und den Saal binnen kürzester Zeit auf Betriebstemperatur bringen.

Die Drum Stars sind aber absolut nicht geisterhaft, sondern sehr lebendig. Sie spielen Musik, die in sämtliche Hirnwindungen kriecht, in die Beine fährt und den Zuschauer atemlos den Bewegungen der fünf Männer folgen lässt. Die spielen allerdings mit einer so affenartigen Schnelligkeit, dass das Auge gar nicht in der Lage ist, jedes Detail aufzunehmen. Denn während sich das Publikum noch wundert, welche Töne Könner einer Art Absperrgitter oder Klangrohren in schreienden Plastikfarben entlocken können, zeigen die Musiker, dass sich zwei profane Trittleitern unter ihren trommelnden Fingern in wunderbare Instrumente verwandeln lassen - und ein darübergelegter Metallsteg gleich ein ganzes Orchester ersetzen kann.

Natürlich kommt das klassische Drummer-Equipment, diverse Fässer, die kistenähnlichen Cajons oder die an Amphoren erinnernden Ghatams in unterschiedlichsten Konstellationen zum Einsatz. Die Marimba beansprucht gehörig Platz und Kraft - ihre Musik ist wie eine Ruhepause im Auge des musikalischen Orkans, den die Drum Stars entfesseln. Was die zwei aufeinandergesetzten Woks bedeuten, beantworten die Schüler von Benni Pfeifer: Das sei ein Klang, ein Schweizer Instrument. Auf dem spielt Pfeifer so kunstvoll, dass jeder Klangschalen-Therapeut vor Neid erblassen muss. Doch die Männer auf der Bühne haben noch viel mehr drauf.

Sie sind mit einer guten Portion Witz und Humor ausgestattet, was sich in etlichen pantomimischen Einlagen und einem kleinen wortlosen, aber tönenden Theaterstück zeigt. Singen können die Drummer übrigens auch. "Ich hab' den Tag auf meiner Seite, ich hab' Rückenwind" heißt es in einem Lied. Vielleicht ist das der Grund, warum sie so ohne Allüren, so unverkrampft und natürlich wirken. Dass sie den Bühnenauf- und Umbau ebenfalls in Eigenarbeit machen, wundert da nicht wirklich. Auch nicht, dass das Publikum völlig aus dem Häuschen ist angesichts dieser gelungenen Show auf hohem künstlerischen Niveau. Deshalb können die Drum Stars auch auf selbstverliebte Gags verzichten - und eine Zugabe der ganz besonderen Art geben: Etliche ihrer Schüler zeigen am Ende eines faszinierenden Abends im Saal und auf der Tribüne, wie man ein guter Drummer werden kann.

© SZ vom 20.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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