Dritte Startbahn:"Ein Rückschlag für die Region"

Die Startbahngegner im Landkries reagieren fassungslos auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, der alle Klagen abgelehnt hat.

Von Gregor Schiegl

Dritte Startbahn: Die Region steht auf. 2007 protestierten Startbahngegner in Dachau, unter ihnen auch Bürgermeister Hans Lingl. Es war die bislang größte Demo in der Großen Kreisstadt.

Die Region steht auf. 2007 protestierten Startbahngegner in Dachau, unter ihnen auch Bürgermeister Hans Lingl. Es war die bislang größte Demo in der Großen Kreisstadt.

(Foto: DAH)

Nachdem das Gericht alle Klagen gegen den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen abgelehnt und auch keine Revision zugelassen hat, gibt es Tumulte. Kläger gegen das Milliardenprojekt brechen in Tränen aus, Startbahngegner stimmen die Bayernhymne an und skandieren "Wir sind das Volk". Polizei räumt den Saal des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Danach kommt es zu einer Demonstration vor dem Münchner Gerichtsgebäude. Unter ihnen sind auch viele Startbahngegner aus dem Landkreis. Mindestens 30 hat der Grünen-Kreisrat und Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Roderich Zauscher, gezählt. Die Stimmung ist aufgeheizt.

"Es ist genau passiert, was wir erwartet haben", sagt Anton Speierl, Dachauer Sprecher des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt". Dennoch herrscht Fassungslosigkeit bei den Startbahngegnern. "Ich bin wütend, enttäuscht und traurig." Speierl muss am Handy sehr laut reden. Vor dem Gerichtsgebäude wird nach dem Urteilsspruch demonstriert. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Franz Magerl spricht ins Mikrofon. In der Menge wird auch die Dachauer Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer gesichtet. Über ihr Berliner Büro teilt sie mit: "Vollkommen unverständlich ist aus meiner Sicht die Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs, nach der keine Umweltschäden zu erwarten seien. Die dritte Start- und Landebahn würde allein schon mehr als 1000 Hektar Vogelschutzgebiet vernichten."

Der Dachauer CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath reagiert ebenfalls enttäuscht. Er bezeichnet das Urteil als "Rückschlag für die Region, aber längst nicht das Ende der Fahnenstange": Die gerichtliche Auseinandersetzung werde über Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt werden. Dort werde dann auch geprüft, ob die zusätzlichen Beweisanträge der Kläger zu Recht abgewiesen wurden. Seidenath ist selbst Jurist.

Der Verwaltungsgerichtshof stützt sein Urteil darauf, dass nach den geltenden rechtlichen Maßstäben kein Fehler des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ersichtlich sei, "der eine andere Entscheidung als die Klageabweisung zulasse". Dem Vorhaben stünden "weder Gründe des Bedarfs noch schädliche Umwelteinwirkungen noch Gründe des Naturschutzes" entgegen, heißt es.

"Ich bin schon betroffen, wie weit dieses formaljuristische Urteil von der Realität und dem Leben der Menschen in der Region entfernt ist", sagt der Röhrmooser Bürgermeister Hans Lingl (FW). Die vom Gericht bestätigte Bedarfsprognose für den Bau einer dritten Startbahn stehe "in krassem Widerspruch" zur tatsächlichen Entwicklung. Denn die Zahl der Starts und Landungen auf Deutschlands zweitgrößtem Airport sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen.

Das Urteil bedeutet allerdings nicht, dass die umstrittene Start- und Landebahn auch tatsächlich gebaut wird. Seitdem eine Mehrheit der Münchner sich 2012 in einem Bürgentscheid gegen das Milliardenprojekt ausgesprochen hat, liegt es auf Eis. Die Landeshauptstadt hält knapp ein Viertel der Anteile am Flughafen. BN-Kreisvorsitzender Roderich Zauscher: "Solange der Bürgerentscheid hält, ist dieses Urteil nichts wert."

Die Dachauer Startbahngegner jedenfalls fühlen sich davon eher angestachelt, nach dem Motto: Jetzt erst recht. Lingl spricht gar von einem "Aufbruchsignal": Nun sei "die Stunde der Wahrheit für die Politik" gekommen, sagt er. Die Politiker im Landkreis müssten sich nun endlich klar positionieren: "Welchen Stellenwert räumt die Politik der Gesundheit, der Natur und dem Klimaschutz ein? Oder gibt es wirklich übergeordnete ökonomische Interessen?"

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