Die Zukunft der Rente:SPD-Kandidat warnt vor Altersarmut

Lesezeit: 3 min

MAN-Betriebsratsvorsitzender Saki Stimoniaris, Staatssekretärin Anette Kramme und SPD-Bundestagskandidat Michael Schrodi diskutieren über die Rente. (Foto: Toni Heigl)

Bei einem Fachgespräch zur Zukunft der Rente fordert Michael Schrodi die Anhebung unterer Einkommen und eine Verschärfung der Mietpreisbremse. Aus Sicht der Caritas stellen die hohen Wohnkosten eines der größten Probleme für die Rentner im Landkreis dar

Von Deborah Portejoie, Karlsfeld

Die durchschnittliche Rente im Landkreis Dachau beträgt bei Männern 1005 Euro, bei Frauen 633 Euro. Bei hohen Lebenshaltungskosten, vor allem der teure Wohnraum macht sich bemerkbar, könnten immer mehr Menschen von ihrer Rente nicht mehr leben, warnte Beate Deuter von der Caritas Dachau. Sie kam beim Fachgespräch über die Zukunft der Rente zu Wort, zu der SPD-Bundestagskandidat Michael Schrodi am Dienstag in den Seegarten nach Karlsfeld eingeladen hatte. Diskussionsteilnehmer waren auch Anette Kramme, Staatssekretärin des Bundessozialministeriums, und Saki Stimoniaris, Betriebsratsvorsitzendem der MAN.

Der Befund: Minijobs haben als Zusatzverdienst für Rentner im Dachauer Landkreis zugenommen, ebenso wie die Zahl der Menschen, die auf die Grundsicherung im Alter angewiesen sind. Um ohne Grundsicherung im Alter auszukommen, müsse ein Arbeitnehmer heute 45 Jahre lang arbeiten und durchgängig in Vollzeit beschäftigt sein - bei einem Stundenlohn von mindestens 11,50 Euro, erklärte Michael Schrodi. Viele Arbeitnehmer aus der Generation der Babyboomer hätten aber keine durchgängige Erwerbsbiografie mehr. Auch die hohe Zahl an Selbständigen stehe zum Teil vor einer prekären Situation im Alter.

Staatssekretärin Anette Kramme schlug deshalb vor, zu einer Erwerbstätigenversicherung überzugehen, um auch Selbständige in den Kreis der Pflichtversicherten aufzunehmen. Von einer solchen Änderung würden Selbständige unter 40 Jahren profitieren. Mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent, wie es auch SPD-Kanzlerkandidat, Martin Schulz, anstrebt oder zumindest auf 46 Prozent, wie es Sozialministerin Andrea Nahles vorsieht, und der Einführung der Solidarrente soll die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt werden. Arbeitnehmer, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben und dennoch nur auf eine Rente unterhalb des Grundsicherungsniveaus kommen, sollten Anspruch auf die von der SPD vorgeschlagene Solidarrente haben.

Neben der gesetzlichen Rente kann die Betriebsrente eine zusätzliche Form der Altersvorsorge sein. Die Betriebsrente ist im Raum München allerdings nicht die Regel. Laut Betriebsratschef Stimoniaris haben nur 22 Prozent der Unternehmen im Raum München eine Betriebsrente, die auch insolvenzgesichert ist. Die Insolvenzsicherung der Betriebsrenten sei entscheidend, um die Auszahlung der Renten zu garantieren. In dieser Legislaturperiode hat die große Koalition das Betriebsrentenstärkungsgesetz verabschiedet. Zentrale Reform ist, dass die Arbeitgeber nur noch für die Einzahlungen haften, nicht für die Auszahlungen. Das heißt, nur noch die eingezahlten Beträge sind zugesichert, die Verzinsung der Einzahlungen dagegen nicht. Wie hoch die Betriebsrente letztendlich ausfallen wird, bleibt offen; festgelegt wird nur ein unverbindliches Ziel. Das soll Motivation vor allem für kleinere Arbeitgeber sein, die Betriebsrente einzuführen.

Michael Schrodi zufolge sind "geringe Löhne das Armutsrisiko von morgen". Während die Einführung des Mindestlohns bundesweit eine Steigerung der Löhne um durchschnittlich 17 Prozent herbeiführen konnte, reichen die gesetzlich vorgeschriebenen 8,84 Euro, insbesondere im Raum München, für viele Arbeitnehmer nicht aus. Die zukünftigen Rentner blicken finanziellen Problemen jetzt und im Alter entgegen. "Da, wo man großen Wohlstand sieht, sieht man, wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, auch große Not", sagte Saki Stimoniaris.

Schrodi sprach sich für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns aus: "Um vor Armut im Alter zu schützen, sollte der Mindestlohn eigentlich zwischen 11,5o Euro und 12 Euro liegen." Während Kramme die Wichtigkeit der Gewerkschaften bei Lohnverhandlungen abseits des Mindestlohns betonte, rief der MAN-Betriebsratsvorsitzender die Politik zur Hilfe: "Gewerkschaften bestehen aus Menschen, die sich im Betrieb trauen aufzustehen und wissen, dass sie nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte haben." In großen Betrieben gebe es vielleicht starke Gewerkschaften, in kleineren Betrieben sei das aber häufig nicht der Fall. Die Politik müsse sich für fairen Lohn für anständige Arbeit einsetzen.

Darin, dass feste, höhere Löhne für die Lösung von Problemen im sozialen Bereich zentral seien, waren sich alle am Fachgespräch beteiligten einig. "Dafür ist eine gesellschaftliche Initiative der Gewerkschaften in den nächsten vier Jahren notwendig", meint Anette Kramme. Auch speziell in Bezug auf die Renten brauche es ein Meinungsbild in der Gesellschaft, dass sich etwas ändern müsse, ähnlich wie vor der Einführung des Mindestlohns. Ein weiterer Grund für Altersarmut im ist der teure Wohnraum. Auch hier möchte Schrodi ansetzen. Die Mietpreisbremse müsse gestärkt werden, um wirklich greifen zu können. Eine Rückerstattung und Konsequenzen bei Fehlverhalten auf Seiten der Vermieter habe die CSU bisher blockiert. Außerdem forderte Schrodi mehr öffentlichen Wohnungsbau und die Unterstützung von Genossenschaften und kostengünstigem Boden zum kostengünstigen Bauen. "Die SPD hat in der letzten Legislaturperiode viel von dem durchgesetzt, was wir versprochen haben", sagte Schrodi.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: