Die Misere bleit bestehen:Genossenschaftsmodell scheitert

Werkswohnungen zu bauen ist offenbar schwierig. Unternehmer geben der Stadt Dachau die Schuld.

Von Christiane Bracht, Dachau

Gute Fachkräfte sind rar. Das wissen die Firmen im Landkreis Dachau. Ihnen muss man etwas bieten, um sie anzulocken. Besonders abschreckend wirkt auf die Zugereisten der Wohnungsmarkt. Früher gab es Betriebswohnungen, die Ziegelei Hörl und Hartmann hat noch einige und könnte laut Wirtschaftsförderer Stefan Wolf ohne diese "nicht bestehen", doch die meisten anderen Firmen haben keine. Umso größer ist ihr Interesse an bezahlbaren Wohnungen für Fachkräfte. Das hat bereits eine Umfrage im Jahr 2013 ergeben.

Doch derartige Wohnungen zu bauen, ist offenbar nicht so einfach. Die Volksbank Dachau hat jüngst einen Versuch unternommen 20 genossenschaftliche Wohnungen zu planen. Die Idee war: Die Stadt stellt ein Grundstück zur Verfügung, interessierte Unternehmen bringen ihr Kapital ein, damit im Wege des Erbbaurechts gebaut werden kann, und die Bank verzichtet auf ihre Gewinne bei der Finanzierung des Projekts. Doch "das Thema ist im Moment zu den Akten gelegt", erklärte der Prokurist der Volksbank Andreas Grohmann etwas schmallippig im IHK-Regionalausschuss. "Die Stadt ist zu unbeweglich", klagte er. "Die Stadt will kein Grundstück zur Verfügung stellen", sagte Wirtschaftsförderer Stefan Wolf. Mit knapper Mehrheit habe sich der Stadtrat dagegen ausgesprochen. Man wolle lieber in sozialen Wohnungsbau investieren, so Wolf.

Doch ganz so einfach scheint die Sache nicht zu sein: Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) erklärt, er habe das Projekt begrüßt. Aber die Firmen seien nicht bereit gewesen, einen mittleren fünfstelligen Betrag für eine Wohnung zu investieren. Das genossenschaftliche Wohnen sollte nämlich so aussehen, dass interessierte Firmen sich ein Belegungsrecht für Mitarbeiter hätten sichern können. Der Vorteil: Nicht jede Firma muss Betriebswohnungen bauen. Das so eingenommene Geld wäre als Eigenkapital für den Bau verwendet worden. Die fehlende Summe hätte man fremd finanzieren müssen. "Aber wenn es keinen interessiert, brauchen wir nichts zu investieren", sagt Hartmann. Und so habe die Mehrheit im Stadtrat das Projekt in nicht öffentlicher Sitzung beerdigt. Man konzentriere sich jetzt darauf, Sozialwohnungen und Einheimischenmodelle zu planen, damit Dachauer Familien nicht wegziehen müssen.

Knapp elf Euro sollte der Quadratmeter kosten

Das Thema Werkswohnungen sei dennoch wichtig, sagt Hartmann. "Ich war auch enttäuscht von der geringen Resonanz der Firmen", sagt er. Die VR-Bank habe sich ein halbes Jahr lang Gedanken über das Pilotprojekt gemacht. Es gab schon erste Preis-Berechnungen: Knapp elf Euro sollte der Quadratmeter kosten, berichtete Grohmann im IHK-Ausschuss. "Jetzt wäre das nicht mehr zu halten. Wir haben die Baukosten sehr stramm kalkuliert." In der Ausschusssitzung bedauerten die Unternehmer die Entscheidung der Stadt. "Es war eine Entscheidung gegen die Wirtschaft", konstatierte Wolf. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass manch ein Firmenchef Fehlbelegungen fürchtet und deshalb insgeheim Zweifel an dem Projekt hegt. "Früher haben die Mitarbeiter die Wohnungen zurückgegeben, wenn sie den Betrieb verlassen haben, heute ist das nicht mehr so. Denn der Mitarbeiter bleibt natürlich im Raum Dachau", sagte Peter Fink, der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses. Sein Stellvertreter Werner Mooseder sagte: "Das Problem ist, dass die Wohnungen am Ende nicht von den richtigen Leuten bewohnt werden." Robert Haimerl von den Dachauer Stadtwerken indes beschwichtigte: "Werk-Mietwohnungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch sehr wohl an den Arbeitsvertrag gebunden. Erst nach 15 Jahren haben die Mieter das gleiche Recht wie jeder andere Mieter."

Doch ganz konnte er die Bedenken nicht wegwischen. Auch in den Sozialwohnungen gäbe es viele "Fehlbeleger", Leute, die nicht mehr berechtigt sind, eine solche Wohnung zu haben. Diese müssten bei der Stadt Dachau inzwischen nicht mal mehr eine "Fehlbelegungsabgabe" zahlen, klagte Mooseder. Der Bergkirchner Bürgermeister Simon Landmann (CSU) berichtete, er habe acht neue Wohnungen für Erzieherinnen bauen lassen: "Wir haben neun Euro pro Quadratmeter verlangt. Das war zu teuer." Man habe die Wohnungen schließlich an andere vermieten müssen, berichtete er.

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