Die meisten kommen erst, wenn Schnee fällt:Achtung, Winter

Autofahrer sollten vorausschauend die Reifen wechseln

Von Jana Rick, Dachau

Dass man sich neue Winterschuhe kaufen muss, daran denken viele schon im September. Dass aber auch der fahrbare Untersatz ein geeignetes Schuhwerk braucht, daran denken Autofahrer oft erst, wenn die ersten Schneeflocken fallen. Kaum haben die Meteorologen den ersten Schnee angekündigt, haben die Kfz-Werkstätten Hochkonjunktur. Die Kunden stehen Schlange für einen Reifenwechsel.

Mahmut Kaya, Inhaber von Kaya Reifen in Dachau, ist diesen alljährliche Ansturm schon gewohnt. "Jetzt kommen wieder alle auf einmal", sagt er. Um die Werkstätten, Tankstellen und Reifenhäuser in dieser Zeit zu entlasten, gibt der ADAC eine Faustformel vor, die sich "O bis O" nennt. Gemeint ist die Zeit von Oktober bis Ostern. Fahrzeugtechniker Thomas Schwarz vom ADAC erklärt: "Das ist natürlich keine Vorschrift, sondern einfach nur eine Eselsbrücke, die den Leuten helfen soll, rechtzeitig an den Reifenwechsel zu denken". Eine Vorschrift, einen gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum, in dem ein Auto Winterreifen nachweisen muss, gibt es in Deutschland nämlich nicht. Anders als in Österreich beispielsweise, wo ein festes Datum für Winterreifen vorgeschrieben ist. In Deutschland nennt sich die Regelung "situative Winterreifenpflicht". Es liegt also in der Verantwortung des Fahrers selbst zu entscheiden, wann er es als nötig erachtet, mit Winterreifen zu fahren. Thomas Schwarz hält diese Regelung für sinnvoll, "gerade in Deutschland, wo es verschiedene Wetterregionen gibt". Denn während in Hamburg noch keine Schneeflocke in Sicht ist, liegt Garmisch vielleicht schon unter einer dicken Schneedecke begraben. Schwarz kritisiert noch aus einem anderen Grund die Pflicht zu Winterreifen in einem bestimmten Zeitraum: "Wenn das Gesetz sagt, am 14. Oktober muss ich mit Winterreifen fahren, und dann schneit es schon am 13. Oktober? Was ist dann?" Menschen handelten fast immer situationsbedingt. "Es ist ganz einfach: Wenn ich sehe, es regnet, dann nehme ich einen Regenschirm mit", so Schwarz. Im Idealfall sollten Autofahrer im Winter ähnlich handeln und vorausschauend ihr Auto aufrüsten. Natürlich zur eigenen Sicherheit, aber auch um eventuelle Bußgelder zu vermeiden.

Die meisten kommen erst, wenn Schnee fällt: Für Winterreifen gibt es eine neue Kennzeichnungspflicht. Sie müssen das Alpine-Symbol tragen.

Für Winterreifen gibt es eine neue Kennzeichnungspflicht. Sie müssen das Alpine-Symbol tragen.

(Foto: Toni Heigl)

Diese drohen, wenn ein Auto ohne "vorgeschriebene Reifen" bei folgenden fünf Fahrbahnzuständen erwischt wird: Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- und Reifglätte. 60 Euro muss der Autofahrer dann zahlen. Wenn andere behindert werden, erhöht sich die Summe auf 80 Euro; kommt es zu einer Gefährdung, beträgt das Bußgeld 100 Euro. Und wenn es zu einem Unfall kommt, dann müssen sogar 120 Euro bezahlt werden. Hinzu kommen einen Punkt in Flensburg und eventuelle Versicherungskosten. Richard Wacht, Verkehrsexperte der Dachauer Polizei, versichert, dass Polizisten bei Unfällen immer dazu verpflichtet sind, den Fahrbahnzustand zu kontrollieren und "Winterreifen ja / nein" vorzumerken. Selbst wenn jemand keinen Termin mehr rechtzeitig in der Werkstatt bekommen hat, zeigt die Polizei keine Kulanz. "Sein Problem", sagt Wacht. "Tiefs sind absehbar. Da verstehe ich nicht, dass die Leute immer wieder überrascht sind, wenn der Winter kommt. Er wiederholt sich!" Kaya empfiehlt, sich vom ersten Oktober an nach einem Termin zum Reifenwechseln zu erkundigen. Außerdem erinnert er daran, dass Winterreifen in der Regel nicht älter als neun Jahre alt sein sollten. Franz Mann vom Reifenhaus Lerchl in Dachau empfiehlt sogar ein Alter von höchstens sechs Jahren. "Der Gummi wird hart und bremst nicht mehr", erklärt er.

Die meisten kommen erst, wenn Schnee fällt: Stoßzeiten beim Reifenwechsel: Sebastian Fellner vom Reifenhaus Lerchl hat derzeit alle Hände voll zu tun.

Stoßzeiten beim Reifenwechsel: Sebastian Fellner vom Reifenhaus Lerchl hat derzeit alle Hände voll zu tun.

(Foto: Toni Heigl)

Dieses Jahr haben sich die Anforderungen an die Winterreifen und ihre Kennzeichnung geändert. Die üblichen M+S (Matsch und Schnee)-Reifen reichen nicht mehr aus. Es gelten nur noch Reifen als wintertauglich, welche mit dem sogenannten Alpine-Symbol gekennzeichnet sind: ein Bergpiktogramm mit Schneeflocke. Grund für die neue Regelung ist, dass das M+S-Symbol nicht gesetzlich geschützt war. "Im asiatischen Bereich haben viele Reifen automatisch das M+S-Zeichen, selbst wenn es Sommerreifen sind. Da ist kein Test dahinter", sagt Thomas Schwarz vom ADAC. Das neue Symbol garantiert nun, dass der Reifenhersteller das strenge Prüfverfahren bestanden hat. "Die neue Generation der Reifen muss schon mal im Schnee unterwegs gewesen sein", so beschreibt es Schwarz.

Preislich gebe es keinen großen Unterschied zu den alten Reifen. Als Autofahrer muss man sich aber trotzdem keine Sorgen machen. Die Übergangsfrist regelt, dass das M+S-Symbol noch bis September 2024 für ältere Winterreifen gültig ist. Das neue Alpine-Symbol ist nur für alle ab 2018 produzierten Reifen obligatorisch. Und wer vergesslich ist und sich selbst die "O bis O"-Regel nicht merken kann, der sollte vielleicht einfach zum Ganzjahresreifen wechseln.

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