Dachau:Fund der KZ-Tür: "Als ob man ein vermisstes Kind wieder findet"

Dachau: Kunstschmied Michael Poitner in seiner Schlosserei bei der Rekonstruktion der gestohlenen KZ-Tür.

Kunstschmied Michael Poitner in seiner Schlosserei bei der Rekonstruktion der gestohlenen KZ-Tür.

(Foto: Toni Heigl)
  • Am Freitag ist das vor zwei Jahren gestohlene Tor des ehemaligen KZ in Dachau gefunden worden.
  • Kunstschmied Michael Poitner hat eine schmiedeeiserne Replik der Tür gefertigt.
  • Nun kommt sein Werk wohl ins Museum.

Von Helmut Zeller, Dachau/Röhrmoos

Michael Poitner, 37, ist ein leidenschaftlicher Kunstschmied: Seine Schlosserei in Biberbach in der Gemeinde Röhrmoos übernimmt viele Aufträge für die bayerische Denkmalpflege. Aber die Replik der schmiedeeisernen KZ-Tür von Dachau, die vor zwei Jahren gestohlen wurde, dürfte die Arbeit sein, zu der Michael Poitner eine besondere emotionale Bindung hat.

Jetzt lebt die Erinnerung daran wieder auf, nachdem am Freitag bekannt wurde, dass die KZ-Tür in Norwegen aufgetaucht ist. "Ich bin sehr froh, dass die Tür wieder da ist", sagt Poitner, der in diesem Moment seine meisterhafte Replik in den Hintergrund stellt. "Das ist ein ganz wichtiges Denkmal für die KZ-Überlebenden, aber auch für die Nachwelt."

In der Nacht auf den 2. November 2014 entwendeten mindestens zwei Täter die 100 Kilogramm schwere Tür mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei" aus dem Tor des historischen Jourhauses in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Zur 70-Jahr-Feier der Befreiung des Konzentrationslagers am 29. April 1945 wollten Überlebende und Stiftung Bayerische Gedenkstätten das klaffende Loch schließen.

Den Auftrag gab man der Kunstschlosserei Poitner. Der Kunstschmied schaffte eine originalgetreue Replik der 1936 entstandenen Tür, den Schriftzug orientierte er an der Rekonstruktion, die 1965 zur Eröffnung der Gedenkstätte gefertigt worden war. Der originale Schriftzug "Arbeit macht frei" war bereits nach Kriegsende verschwunden.

Michael Poitner musste nicht nur handwerkliche Fragen klären - er setzte sich auch mit der Bedeutung der KZ-Tür für die Forschung und Erinnerung an die NS-Verbrechen auseinander. Er hätte historischen Fotografien folgend auch den originalen Schriftzug nachschmieden können. Aber dann wäre dem Besucher eine Authentizität vorgetäuscht worden, die es nicht mehr gab. Das wollten die Historiker und auch Michael Poitner nicht.

Die Replik unterscheidet sich vom Original - aus gutem Grund

Zwischen Original und rekonstruiertem Schriftzug von 1965 gab es nur minimale Unterschiede in der Form einiger Buchstaben, wie Poitner erklärt. Seine Replik trägt das Entstehungsjahr und seinen Namen. "Ich bin von Kunden und anderen Leuten oft auf die KZ-Tür angesprochen worden", sagt er. Am Samstag vergrub er sich in seinen umfangreichen Fundus an historischen Aufnahmen der KZ-Tür. Dann war ihm klar: Die Tür, die von der norwegischen Polizei nahe Bergen auf einem Parkplatz gefunden wurde, stammt aus Dachau.

Die KZ-Tür wird wieder im Jourhaus-Durchgang eingehängt oder kommt in die Dauerausstellung. "Meine Tür verliert ja nicht an Bedeutung." Das sei doch nicht vergleichbar mit dem Fund des gestohlenen Relikts. "Das ist ja fast so, als ob man ein vermisstes Kind wiederfindet", sagt er. Auch wenn sie dem Original weichen muss, Poitners Tür wird einen Platz bekommen: Dann steht sie eben im Museum - und erzählt von der Geschichte des Diebstahls.

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