Markt Indersdorf:Rechtsextremer späht Flüchtlingsunterkunft aus

  • Ein Rechtsradikaler hat mindestens zweimal vor der Asylbewerberunterkunft in Markt Indersdorf gelauert. Er erhielt ein Betretungsverbot für das Gelände.
  • Neue Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis Dachau werden nun rund um die Uhr bewacht, obwohl es bisher nicht zu Übergriffen auf Asylbewerber oder Unterkünfte gekommen ist.

Von Anna-Sophia Lang

Ein Rechtsradikaler hat im November vergangenen Jahres die Asylbewerberunterkunft in der Markt Indersdorfer Tennishalle ausgespäht. Das bestätigt der Leiter der Polizeiinspektion Dachau, Thomas Rauscher. "Im November 2014 kam es zu zwei Vorfällen", teilte er mit. Die Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes, die an der Tennishalle eingesetzt sind, hatten den Mann bemerkt und die Polizei verständigt. Nach mehreren Gesprächen mit der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck und einem Betretungsverbot für das Areal der Tennishalle wurde der Mann nicht mehr an der Unterkunft gesehen.

Der Mann war den Behörden schon bekannt. Gegen den 34-Jährigen, der im Landkreis Dachau wohnhaft war, wurde bereits mehrfach wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole ermittelt. Unter anderem, sagte der Dachauer Polizeichef der SZ, habe er auf seinem Facebook-Profil eine Hakenkreuzfahne als Hintergrundbild verwendet. Inzwischen sitzt er eine Freiheitsstrafe in anderer Sache ab.

Musik ließ auf rechte Gesinnung schließen

Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes waren auf den Mann aufmerksam geworden, weil Musik aus seinem Auto drang, die auf eine "rechte Gesinnung" schließen ließ, teilte Rauscher mit. Der Mann sei zwar beim Eintreffen der Streife, die daraufhin zur Tennishalle fuhr, nicht mehr dort gewesen. Dennoch habe man ihn aufgrund seiner Vorgeschichte schnell identifizieren können. Die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck führte daraufhin ein Gespräch mit dem Mann.

Nachdem er trotzdem eine gute Woche später erneut an der Tennishalle auftauchte, kam es zu einem weiteren Gespräch. In Absprache mit dem Landratsamt erließ die Polizeiinspektion Dachau ein Betretungsverbot für das Gelände. Weitere Schritte unternahmen die beteiligten Behörden nicht. An den fraglichen Tagen sei es nicht zu Straftaten gekommen, teilte Rauscher mit, deshalb seien nur "vorbeugende Maßnahmen" möglich gewesen.

Der Mann hatte gegenüber den Beamten geäußert, er habe sich lediglich an der Tennishalle aufgehalten, weil er sich "informieren" wollte. Worüber und mit welcher Absicht, konnte er laut Rauscher gegenüber der Polizei nicht spezifizieren. Nachdem das Betretungsverbot gegen ihn erlassen wurde, tauchte er nicht mehr auf.

Polizei trifft Sicherheitsvorkehrungen

Um die Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis zu schützen, werden von Landratsamt und Polizei verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Standorte neuer Flüchtlingsunterkünfte werden bewacht, wenn sie öffentlich bekannt werden - schon bevor Asylbewerber einziehen. An den Unterkünften in der Tennishalle in Markt Indersdorf und der Turnhalle der Berufsschule in Dachau ist rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst zugegen. Auch an den Traglufthallen, die im September und Oktober in Karlsfeld und Bergkirchen aufgestellt werden und in denen je 300 Personen Platz finden können, soll laut dem Sprecher des Landratsamts, Wolfgang Reichelt, ein Sicherheitsdienst eingesetzt werden. "In diesen Unterkünften geschieht das aufgrund der Größe, der Anzahl der untergebrachten Personen und der Dichte, in der sie dort zusammenleben."

Sicherheitsdienst kontrolliert Zutritt

Dabei gehe es nicht nur um den Schutz der Asylbewerber vor Angriffen von außen, sondern vor allem um die Vermeidung von Konflikten innerhalb der sehr beengten Unterkunft. "Die Mitarbeiter sollen den Asylbewerbern Sicherheit geben und als Ansprechpartner für sie da sein", sagt Reichelt. Um die Privatsphäre der Flüchtlinge zu wahren, wurde ein Sichtschutz angebracht, Tennis- und Turnhalle sind eingezäunt. Der Sicherheitsdienst kontrolliert, wer die Unterkunft betritt. Auch bei den dezentralen, kleineren Unterkünften "schaut man regelmäßig vorbei", sagt Reichelt.

Dort fährt die Polizei öfter Streife. Die Beamten sind laut Polizeichef Rauscher sowohl uniformiert als auch in Zivil im Einsatz. Falle ihnen etwas auf, führe man Gespräche, tausche sich mit anderen Behörden aus und arbeite eng mit den Sicherheitsdiensten zusammen. Durch die Gespräche, erklärt Rauscher, solle die entsprechende Person erkennen, "dass sie nicht mehr anonym ist, dass Straftaten verfolgt und Störungen verhindert, unterbunden oder beseitigt werden und dass jeder mit Konsequenzen rechnen muss, der gegen Gesetze verstößt."

Bislang keine Übergriffe

Im Landkreis Dachau ist es laut Polizei bisher nicht zu Übergriffen auf Asylbewerber oder Unterkünfte gekommen. In anderen Landkreisen hat es zuletzt vermehrt Schmierereien und Protest gegen geplante Unterkünfte gegeben. In Erding wurde Ende Juli eine erst kurz zuvor aufgebaute Flüchtlingswohnanlage mit dem Namen "Hitler" und einem Hakenkreuz besprüht. In Puchheim im Landkreis Fürstenfeldbruck wurden rassistische Parolen gegen Asylbewerber auf Gehwege und Mauern gesprüht. In Unterschleißheim verteilte eine Münchner Neonazi-Gruppe Flugblätter.

"Rechte Gewalt in Deutschland" ist Thema des Dachauer Symposiums zur Zeitgeschichte am 9. und 10. Oktober. Im Max-Mannheimer-Studienzentrum spricht neben anderen BR-Redakteur Ulrich Chaussy über seine Recherchen zu den rechtsextremen Hintergründen des Oktoberfestattentats.

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