SZ Talentiade:Wahre Helden

München: TALENTIADE im SZ-Hochhaus / Preis-Verleihung / Auszeichnung

Maxime Kirschner sagt von sich, dass sie immer das Beste geben und sich nicht unter Druck setzen wolle.

(Foto: Johannes Simon)

Die Sturmkicker sind mächtig stolz auf ihre Auszeichnung und zeigen ihre Freude direkt und unverkrampft. Speerwerferin Maxime Kirschner von Eintracht Karlsfeld hofft auf den ganz großen Wurf ihrer Karriere.

Von Benjamin Emonts

Die Sturmkicker des SV Niederroth machen überall von sich reden. Vor nicht allzu langer Zeit spielte die Inklusions-Mannschaft aus dem Landkreis Dachau ein Turnier auf dem Rasen der Allianz-Arena, den sonst nur der große FC Bayern betreten darf. Es folgte ein Vorspiel zum Dachauer Sparkassencup vor mehr als 300 Zuschauern, bei dem die Kicker lautstark bejubelt wurden. Jetzt schließlich, bei der SZ-Talentiade, wird die Fußballmannschaft durch Europameister und Champions-League-Sieger Matthias Sammer mit einem Talentiade-Sonderpreis vom Bayerischen Fußball-Verband ausgezeichnet. Begleitet vom lauten Applaus der stolzen Eltern treten sie auf die Bühne. "Wir haben 1000 Pokale gewonnen", sagt der 15-jährige Markus ins Mikro. Und klar: "Ich bin Verteidiger bei den Sturmkickers."

Diesen Satz hört man so ziemlich von allen Spielern, abgesehen von Antonio, der als Torwart für Manuel Neuer schwärmt, oder Dominik, dem groß gewachsenen Stürmer. Das Kollektiv scheint aber trotz des Übergewichts an Verteidigern hervorragend zu funktionieren. Seit die Sturmkicker vor fünf Jahren von Trainer Jürgen Graf und seiner Frau Manuela Knöferl-Graf gegründet wurden, wollen immer mehr Kinder mit geistiger Behinderung Teil der Mannschaft werden. Inzwischen trainieren bis zu 17 Spieler im Alter von acht bis 16 Jahren einmal pro Woche, um regelmäßig an Turnieren und einer Inklusions-Liga teilzunehmen. Unterstützt werden sie dabei von jungen Spielern aus Niederroth ohne Handicap.

Bei der Preisverleihung im SZ-Hochhaus sind die aufgeweckten Sturmkicker die Stars des Abends. Der elfjährige Leander - natürlich Verteidiger - trägt Anzug mit Krawatte und salutiert dem Publikum als Dank für die Auszeichnung. Sein Mannschaftskollege Bastian klaut den SZ-Reportern auf der Bühne derweil das Mikro und ruft laut "Hallo", was die Gäste in lautes Lachen versetzt. Später sagt Bastian sehr glaubhaft über seinen Auftritt: "Da ist ganz viel Stolz aus meinem Körper geduscht worden." Dann schreiten die großartigen Fußballer mit einem Satz Trikots und echten Bundesliga-Fußbällen selbstbewusst zum Buffet.

Dort ist auch Maxime Kirschner mit ihrer Mutter Roswitha anzutreffen. Ihre Wangen sind noch leicht gerötet von der Aufregung. Vor 45 Minuten stand sie noch wie die Sturmkicker auf der Bühne, gab ein Interview und wurde mit einem der neun Talentiade-Förderpreise ausgezeichnet. Den aufregenden Auftritt meisterte sie mit Bravour. Beim Buffet erzählt sie dann, wie überrascht sie gewesen sei, als die Süddeutsche Zeitung plötzlich am Telefon war und ihr mitgeteilt wurde, eine der Gewinnerinnen zu sein. Die 16-Jährige schipperte da gerade mit ihrer Familie über das Mittelmeer.

Dabei hätte sie es ahnen können. Maxime Kirschner gilt als eines der größten Nachwuchstalente im deutschen Speerwurf. Als letzte gemeldet, warf sie ihren Speer Anfang August bei der deutschen U16-Meisterschaft fünf Meter weiter als je zuvor und sicherte sich mit einer Weite von 45,73 Metern, die gleichzeitig einen bayerischen Rekord bedeutete, überraschend den Titel. Anschließend versuchte sie alles, um sich den Traum zu erfüllen, bei der aktuell stattfindenden Leichtathletik U18-Weltmeisterschaft in Nairobi dabei zu sein. An die erforderliche Weite von 49,5 Metern kam sie aber nicht ganz heran, obwohl sie weitere Wettkämpfe gewinnen konnte und ihren bayerischen Rekord auf 44,03 Meter verbesserte. Die Norm für die U 18-Deutsche Meisterschaft von 44 Metern hatte sie damit locker erfüllt.

Ihr Verein, der TSV Eintracht Karlsfeld, bekommt für die Auszeichnung ein Preisgeld in Höhe von 1500 Euro, Kirschner selbst erhält eine Urkunde, die sie später stolz ihren Kindern oder gar Enkeln zeigen wird. Der Wurf zur deutschen Meisterschaft mit dem 500 Gramm schweren Speer war keine Eintagsfliege, sondern die logische Konsequenz zweier Jahre akribischer Trainingsarbeit.

Ihr Karlsfelder Trainer Claus Fiebig hatte das Wurftalent der gelernten und weiterhin aktiven Handballerin entdeckt und gefördert. Inzwischen folgt ein Erfolg auf den anderen. Kirschner trainiert drei Mal pro Woche Leichtathletik und zwei Mal Handball, zur Schule geht sie auf das Josef-Effner-Gymnasium in Dachau. Dass sie ihren Traum, die Qualifikation für die WM in Nairobi knapp verpasst hat, sei "nicht so schlimm", sagt Maxime auf der Bühne. Ihr Motto sei, immer das Beste zu geben und sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Es dürfte in Zukunft noch viel von ihr zu hören sein.

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