"Dachauer Land":Eier aus Prittlbach, Erbsen aus Pasenbach

"Dachauer Land": "Weil wir wissen, wo's herkommt", lautet der Leitspruch des Netzwerks "Unser Land". Zum Dachauer Ableger gehören rund 50 Erzeuger und Verarbeiter.

"Weil wir wissen, wo's herkommt", lautet der Leitspruch des Netzwerks "Unser Land". Zum Dachauer Ableger gehören rund 50 Erzeuger und Verarbeiter.

(Foto: Toni Heigl)

Seit 15 Jahren versorgt die Erzeugergemeinschaft "Dachauer Land" ihre Kunden mit regionalen Produkten

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Er ist schneeweiß, fein körnig und verströmt einen leicht süßlichen Duft, wenn man nah mit der Nase herangeht. Auch der Geschmackstest lässt keine Zweifel übrig: Der Inhalt der silbernen Dose ist eindeutig ganz normaler Zucker. Könnte man meinen. Erst der Blick aufs Etikett macht klar, dass man eine Rarität in der Hand hält. "Unser Land" steht da. Genauer gesagt kommen die Zuckerrüben, aus denen das fertige Produkt entstanden ist, aus dem Dachauer Land. Angebaut werden sie in Pasenbach, Lichtenberg und Oberbachern, verarbeitet in einer Bio-Zuckerfabrik in der Nähe von Konstanz. Heraus kommt ein Ausnahmeprodukt. Denn der Zuckermarkt in Deutschland wird von dreigroßen Herstellern dominiert, Anbau und Verarbeitung wurden in den letzten Jahren mehr und mehr zentralisiert. Der Zucker ist ein Paradebeispiel dafür, was seine Hersteller leisten: die Solidargemeinschaft "Dachauer Land". In diesem Jahr feiert sie ihr 15-jähriges Bestehen.

Sie gehört zu einem Verbund von zehn solcher Gemeinschaften, die zusammen das Netzwerk "Unser Land" bilden. In ihm haben sich Verbraucher, Landwirte, Handwerker, Umweltschützer und Kirchenvertreter zusammengeschlossen. Ihr Ziel: die Erhaltung der Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen in der Region. "Die Erfahrungen mit unserem Zucker zeigen, wie viele regionale Strukturen schon verloren gegangen sind", sagt Michaela Steiner, Vorsitzende von "Dachauer Land". Deshalb engagieren sich die Mitglieder ehrenamtlich dafür, regionalen, nachhaltigen, umweltschonenden und sozial verträglichen Konsum ins Bewusstsein der Verbraucher zu rücken. "Wir wollen über Lebensmittel ein Bewusstsein für die Region schaffen", fasst Steiner die Idee zusammen. Im Landkreis Dachau gibt es dazu vier Projekte. Bei den Kinderkochkursen werden Pommes und Pasta aus regionalen Produkten zubereitet und nebenbei Kenntnisse über den Landkreis, den Jahreskreis der Natur und gesunde Ernährung vermittelt. In der "Schule auf der Streuobstwiese und beim Imker" findet der Unterricht kurzzeitig in der Natur statt. Beim Projekt "Sonnenäcker" können Hobbygärtner einen Kartoffeldamm auf einem Acker pachten und selbst bewirtschaften. Außerdem organisiert die Solidargemeinschaft immer wieder Einzelaktionen und themenbezogene Veranstaltungen.

Entstanden ist die Idee für "Unser Land" 1994 im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck, inzwischen gibt es Solidargemeinschaften in elf Landkreisen Bayerns. Das "Fünf-Säulen-Modell" mit Vertretern aus unterschiedlichen Bereichen wird bis heute überall umgesetzt. Auch bei der Dachauer Gemeinschaft, die im Jahr 2000 gegründet wurde. Etwa 50 Erzeuger und Verarbeiter sind in ihr vereint. Sie bauen Gemüse und Getreide an, stellen Nudeln und Mehl her, produzieren Fleisch und Wurst, machen Honig oder pressen Saft. Die Produkte werden an Supermärkte geliefert: an Rewe, Edeka, Tengelmann.

"Wir sind der reichste Anbau-Landkreis", sagt Michaela Steiner. Das bedeutet: Alles Gemüse, das es von "Unser Land" zu kaufen gibt, kommt aus dem Landkreis Dachau. Die Erzeuger und Verarbeiter zeichnet aus, dass sie sich an strenge Regeln halten. Die Lebensmittel sind gentechnikfrei, teilweise biologisch und teilweise konventionell hergestellt. Dann gelten Richtlinien, die von den Mitgliedern der Solidargemeinschaft ausgehandelt werden. Streuobst zum Beispiel muss aus der Region stammen und ohne Zugabe von Hilfsmitteln gepresst werden. Flächen, auf denen Getreide angebaut wird, dürfen nicht mit Klärschlamm gedüngt werden. Schweine dürfen nur mit heimischen, gentechnikfreien Futtermitteln gemästet werden, der Einsatz von Schlagstöcken und Elektrotreibern am Schlachthof und in Metzgereien ist verboten. Viele Produzenten, sagt Michaela Steiner, würden sich gerne als Bio-Betrieb zertifizieren lassen. Oft scheitere das aber schlicht an organisatorischen Gründen: Die Zertifizierung dauere drei Jahre, sei teuer und die Vorgaben seien teilweise aus Kapazitätsgründen nicht umsetzbar. Ein Milchbauer müsste unter Umständen seinen ganzen Hof umverlegen, weil die Flächen nicht ausreichen. "Aber die Regeln, die wir haben, kommen an eine Bio-Richtlinie ran", sagt Steiner.

Die Landwirte von "Unser Land" haben dabei Pionierarbeit geleistet: "Gentechnikfreies Soja gab es 1994 gar nicht", erklärt Steiner, "das kam alles aus Kanada." Die Einhaltung der Richtlinien, die das Netzwerk deshalb über die Jahre entwickelt hat, wird regelmäßig von unabhängigen Instituten wie der Universität Hohenheim oder dem Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung überprüft. Das geschieht je nach Produktzyklus wie der Getreideernte oder der Einstallung bei Hühnern. Die Kontrollbelege werden anschließend vom Fachbeirat des Netzwerks überprüft.

Die Diskussionen der "Dachauer Land"-Mitglieder verlaufen mitunter durchaus kontrovers. Das ist sogar gewollt. Alle fünf "Säulen" sollen ihr Wissen einbringen. Letztendlich haben sie das gleiche Ziel: Lebensmittel produzieren, die sozial, ökonomisch und ökologisch sind. Denn die, sagt Michaela Steiner, " sind Botschafter der gemeinsamen Idee".

Die Solidargemeinschaft "Dachauer Land" präsentiert sich am Samstag, 12. September, zwischen 10 und 18 Uhr auf der Langen Tafel in Dachau. Ihr Stand befindet sich zwischen der Bäckerei Denk und Spardabank. Auf der Nordbühne stellen sich die Erzeugergruppen vor. Dabei sind Familie Nottensteiner mit Eiern und Nudeln, Familie Kraus von der Würmmühle, Wolfgang Girstenbreu mit Streuobst-Apfelsaft, Familie Großmann-Neuhäusler mit Bio-Gemüse und Familie Burghart mit Bio-Suppen und -Kürbissen. Außerdem die Vorstände Michaela Steiner (Verbraucher), Nicole Schön (Handwerk), Anton Jais (Kirche), Emmi Westermeier (Landwirtschaft) und Beatrice Rieger (Naturschutz).

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