MD-Gelände:Pläne für Industriemuseum nehmen Gestalt an

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Bezirk, Stadt und Landkreis wollen eine lebendige Einrichtung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Der Mensch, nicht die Technik, sollen im Mittelpunkt eines Arbeiter- und Industriemuseums auf dem Dachauer MD-Gelände stehen. Das gilt in zweierlei Hinsicht: Inhaltlich soll es die Veränderung des Arbeitslebens durch die Industrialisierung nachvollziehen. Zum anderen sollen die Besucher nicht nur Informationen vermittelt bekommen, sondern in einen Dialog einbezogen werden. So stellt sich nun ein interkommunaler Arbeitskreis das Museum vor, der sich am Freitag im Landratsamt zum ersten Mal traf. Einberufen wurde die Runde von Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU), der die Idee zu einem Arbeiter- und Industriemuseum auf dem MD-Gelände hartnäckig verfolgt. Dabei waren auch die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki (SPD) und Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Die Politiker hielten einige Ideen schriftlich fest und wollen auf dieser Grundlage nun Gutachter beauftragen, inhaltliche und bauliche Konzepte zu erarbeiten.

Im Dachauer Stadtrat war die Reaktion auf die Idee bisher eher verhalten und abwartend gewesen. Denn die Einrichtung soll von Landkreis, Stadt und Bezirk zu gleichen Teilen gemeinsam getragen werden. In der Kreisstadt wurden schnell Vorbehalte laut, die Kommune könne als unterstes Glied der Kette letztlich am meisten belastet werden. Fraglich ist auch die Unterbringung auf dem MD-Gelände: Mit der Idee zu einem Arbeiter- und Industriemuseum für ganz Oberbayern am Standort Dachau war der Bezirkstagspräsident aus Altomünster in diesem Sommer in die Stadtratsdiskussionen um das MD- Gelände hineingeplatzt, die sich mit den Ergebnissen der umfangreichen Bürgerbeteiligung befassten. Die SPD-Fraktion hatte sofort reagiert und beantragt, Fläche für ein solches Projekt vorzuhalten. In der Stadtratssitzung gab es dazu jedoch keinen Beschluss. Man konnte sich lediglich darauf einigen, zunächst die Kosten zu klären. Das wird nun Aufgabe eines Gutachters sein, auch diese Kosten sollen sich die möglichen zukünftigen Träger teilen.

Frauen der Geschäftsführung zum 50-jährigen Jubiläum der Papierfabrik zeigte die Ausstellung "Aufbruch in neue Zeiten". (Foto: privat)

Für Dachau wäre das Museum neben der historischen Altstadt, dem Schloss und den Gemäldegalerien ein Ort mehr, der Tagestouristen animieren könnte, sich auch jenseits der KZ-Gedenkstätte umzusehen. Schließlich wirbt das Tourismusamt mit dem von viel Selbsterkenntnis zeugenden Slogan "Mehr Stadt, als du denkst". Hartmann sagt: "Ein Museumsforum aus dem Arbeiter- und Industriemuseum und anderen, bestehenden Museen würde den Kulturstandort Dachau erheblich aufwerten." Der Bezirk wiederum ist schon seit Längerem auf der Suche nach einem Standort für ein solches Museum, dessen Kern die Wanderausstellung "Hartes Brot, gutes Leben?" bildet. Sie war im Sommer auch in Dachau zu sehen und wird in jedem Ort mit Lokalgeschichte ergänzt. Der Bezirk will mit dem Museum "eine Präsentationslücke" schließen, heißt es in einer Pressemitteilung.

Nukleus der Ausstellung kann das bereits bestehende private Papiermuseum sein, das von ehemaligen MD-Mitarbeitern ehrenamtlich betreut wird. Laut Marianne Klaffki soll die Ausstellung allerdings weit über diese kleine Sammlung hinausreichen. "Es soll eine Plattform für Kultur und Bildung, für Inklusion und demokratischen Dialog werden", kündigt sie an, eingeplant ist Platz für eine sogenannte Demokratiewerkstatt. "In vielen vergleichbaren Orten haben solche Institutionen zu einer enormen Aufwertung der Lebensqualität eines Stadtviertels beigetragen", fügt sie hinzu und redet damit dem Oberbürgermeister das Wort.

Die Idee zu einem Arbeiter- und Industriemuseum für ganz Oberbayern in Dachau stammt von Josef Mederer (CSU).

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(Foto: DAH)

Marianne Klaffki (SPD) gefällt sie.

Hauptsache, es wird nicht langweilig, das scheint allen derzeit das größte Anliegen zu sein. "Wir wollen kein verstaubtes Museum", sagt Mederer, "sondern einen Ort des gesellschaftlichen Diskurses. Ein Mitmachmuseum, an dem die Geschichte mit der Gegenwart konfrontiert wird." Wissen soll durch eigenes Erleben vermittelt werden. Der Besuch im Museum soll einer Zeitreise gleichen, auf der die "Entwicklung Oberbayerns vom Agrarstaat Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum High-Tech-Standort" erlebt werden kann, heißt es im Konzeptpapier. Teilweise soll sogar bis auf das 18. Jahrhundert zurückgegriffen werden, um die gesellschaftspolitische und industrielle Entwicklung nachzuvollziehen. Gemäß heutigen museumspädagogischen Ansätzen sollen die Erfahrungen der Vergangenheit reflektiert und gegenwärtigen Problemen und zukünftigen Herausforderungen gegenübergestellt werden.

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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