Fallou M.:Landratsamt lässt Kritik an Abschiebung abprallen

"Weder eingebunden noch beteiligt": Die Behörde weist Vorwürfe des Karlsfelder Helferkreises zurück.

Von Helmut Zeller, Dachau

Das Landratsamt Dachau betont, dass es mit der Entscheidung über die Abschiebung des 31-jährigen Senegalesen Fallou M. nichts zu tun habe. In einer Stellungnahme heißt es: "Das gesamte Asylverfahren wird ausschließlich durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geführt. . . Die Landratsämter sind hier weder formal eingebunden noch in sonstiger Form inhaltlich beteiligt." Das hatte der Helferkreis Karlsfeld, der über die Abschiebung des Flüchtlings entsetzt war, allerdings nicht in Frage gestellt. Die Kritik lautet vielmehr: Fallou M. habe keinen Abschiebebescheid erhalten; das erklärt der Betroffene und wird vom Helferkreis bestätigt; damit ist ihm auch die Möglichkeit genommen worden, gegen den Bescheid vor Gericht zu klagen.

Das Landratsamt weht sich gegen Vorwürfe, die gar nicht erhoben wurden

Wenn dem so ist, dann wurde gegen geltendes Recht verstoßen, wie Bamf-Sprecherin Kira Gehrmann der SZ erklärte. Fallou M. dürfte nach Deutschland zurückkehren, den Bescheid entgegennehmen und dagegen klagen. Am 7. Juni holten Polizeibeamte Fallou M. von seinem Arbeitsplatz im Bauhof Karlsfeld ab und setzten ihn in ein Flugzeug nach Mailand. Nach seiner Flucht über das Mittelmeer hatte der 31-jährige Senegalese als erstes EU-Land Italien betreten. Dem Dublin-Abkommen folgend muss er dann auch in diesem Land seinen Asylantrag stellen. "Die Frage, ob eine ordnungsgemäße Zustellung des Dublin-III-Bescheids seitens des Bamf erfolgt ist, liegt jedoch in der ausschließlichen Zuständigkeit und Verantwortung des Bamf", schreibt Michael Holland, Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt. "Fälschlicherweise" werde seine Behörde in der aktuellen Berichterstattung immer wieder in diesem Zusammenhang genannt.

Die Rolle des Landratsamts: Das Bundesamt teile ihm die rechtskräftige Abschiebeentscheidung mit, und es leite dann vor Ort die notwendigen Schritte ein. Bei einem Dublin-III-Bescheid werde der Asylsuchende von der Ausländerbehörde in den Landratsämtern vorgeladen. Er erhalte eine Duldung bis zur Ausreise, gewöhnlich ein bis drei Monate, teilt Holland mit. "Im vorliegenden Fall ist dies bei einer persönlichen Vorsprache von Fallou M... am 5.4.16 geschehen. Insoweit ist die Behauptung, Fallou M. hätte von der Entscheidung keine Kenntnis gehabt, aus Sicht des Landratsamts nicht nachvollziehbar." Allerdings war das auch nicht Gegenstand der Kritik von Helferkreis und Bayerischem Flüchtlingsrat. Das Landratsamt Dachau stützt die Entscheidung des Bundesamts und übt seinerseits Kritik am Helferkreis: "Die Tatsache, dass ein Asylbewerber bereits gute Fortschritte in der deutschen Sprache gemacht hat, einen sogenannten 1,05 Euro-Job hat (dies ist entgegen der Berichterstattung keine "feste Beschäftigung") und sich um Integration bemüht, ist weder für die Bamf-Entscheidung noch die anschließenden Schritte von rechtlicher Bedeutung." Entscheidend sei allein, ob aufgrund von Verfolgung oder sonstigen Gründen Asyl gewährt werden könne. Dies wüssten Helferkreise und Asylsuchende.

Fallou M. wurde in Italien als Asylsuchender registriert

Michael Holland räumt ein, dass der Laufzettel für Flüchtlinge, wie vom Helferkreis Karlsfeld angemerkt, keinen Hinweis auf eine Ummeldepflicht beim Bamf enthält. Der Jurist Alexander Krug hatte der SZ das Gegenteil gesagt: Der Laufzettel weise darauf hin, dass alle Behörden informiert werden müssten. Dem widerspricht das Landratsamt: Krug habe vom Einwohnermeldeamt gesprochen. Es bestehe, so Holland, eine gesetzliche Verpflichtung des Asylbewerbers jeden Wohnortwechsel dem Bamf mitzuteilen. Das spiele im Fall von Fallou M. jedoch keine Rolle, da die Zustellungsadresse des Bescheids der tatsächlichen Adresse entspreche.

"Bei allem Verständnis für das Mitgefühl und die persönlichen Bindungen zu Fallou M. und die Enttäuschung über die Entscheidung des Bamf lässt sich kein Vorwurf konstruieren, das Landratsamt Dachau hätte den Überblick über die rechtlichen Vorgaben und Vorschriften verloren oder rechtswidrige oder unrichtige Maßnahmen veranlasst", erklärt Holland. Aufgrund der Mitteilung des Bamf, der Bescheid sei zugestellt worden und rechtskräftig, seien alle notwendigen Voraussetzungen für den Vollzug der Dublin-III-Entscheidung durch das Landratsamt Dachau vorgelegen. Da Fallou M. in Italien als Asylbewerber registriert worden und somit Italien zuständig sei, mache die Entscheidung des Bamf in der Sache schlüssig. "Die formelle Frage der ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheids ist ausschließlich durch das Bamf zu klären."

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