Amper-Kliniken:Von wegen Zensur

Die Mitarbeiter dürfen die unternehmenskritische Hauszeitung weiterhin in den Amper-Kliniken verteilen.

Von Wolfgang Eitler

Im Drama um die Zukunft der beiden Kliniken in Dachau und Indersdorf sind die Rollen in der Öffentlichkeit eindeutig verteilt. Die Guten sind die Kreisräte und Pflegekräfte oder Ärzte, welche sich um Bernward Schröter, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Amper-Kliniken AG, scharten. Der musste gehen, so das Drehbuch aus Sicht der Landkreispolitiker, weil er das Mobbing der Helios GmbH nicht mehr aushielt.

Die Bösen hatten die Mehrheit von 94,9 Prozent der Anteile an der Aktiengesellschaft vor ungefähr einem Jahr von der Rhönklinikum AG übernommen. Und weil Schröter jetzt quasi gegangen wurde, kann Helios endlich mächtig durchgreifen. Aber unvermutet sieht sich just eine Art fundamentale Anti-Helios-Fraktion mit Fakten konfrontiert, die sie selbst kaum glauben wollen. Und das kam so. Im August hatte eine seit Jahren unabhängige Betriebsgruppe ein Flugblatt mit Protestnoten zugunsten der Reinigungskräfte veröffentlicht und hausintern verteilt. Allerdings klebten die Blätter plötzlich - übrigens auch zum Bedauern der Betriebsgruppe - an Wänden im ganzen Dachauer Klinikgebäude einschließlich der Aufzüge. Der Vorstand ließ in einer kurzen Mitteilung erklären, dass künftig nur noch solche Informationen verteilt werden dürften, die von ihm ausdrücklich genehmigt werden.

Die unabhängige Betriebsgruppe ist ein Forum von Mitarbeitern, die sich im Gegensatz zum üblichen Betriebsrat der Gewerkschaften einer Art links-alternativen Szene in Dachau zuordnen. Es gibt in Deutschland mehrere von ihnen. Die Dachauer Sektion leitete nun aus der Anweisung des Amper-Klinikenvorstands, die keine Unterschrift trug, eine Zensur für ihre unregelmäßig erscheinende Zeitung Antigen ab. Darin schildert sie aus ihrer Sicht die Entwicklung des Unternehmens und geißelte ab und an heftig die Personalpolitik. "Verbot!" prangt es jetzt von der Website herab (www.betriebsgruppen.de). Mitglied Matthias Gramlich sieht eine Informationspolitik auf die Mitarbeiter zukommen, zu der seiner Ansicht nach Schröters Weggang passt. Er zeigt sich besorgt, dass Kritik an der Unternehmenspolitik nicht mehr veröffentlicht werden darf. Die Schlüsselfrage lautet also: Kann Antigen noch erscheinen?

Es meldet sich Konzernsprecher Heiko Leske, zuständig für die Helios-Kliniken in Bayern. Er betont zunächst, dass nicht das Unternehmen, sondern Bernward Schröter noch im August vergangenen Jahres angeordnet habe, dass Plakate, Flugblätter, pauschal sämtliche Informationen nur noch mit seiner Genehmigung verteilt werden dürften. Existiert also in den Amperkliniken ein Antigen-Verbot? Leske will zwei Positionen unterschieden wissen. "Ich kann nicht sagen, was der frühere Vorstandsvorsitzende wollte." Und was gilt jetzt für Helios? Leske: "Von unserer Seite gibt es kein Verbot." Er bezeichnet eine solche Vorgehensweise als "unsinnig". Kann Antigen also in den Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf verteilt werden? Leske sagt: "Ja, soweit die Presse-Richtlinien eingehalten werden."

Matthias Gramlich von der Betriebsgruppe schweigt. Kurze Pause am Telefon: "Das hätte ich nicht erwartet." Er fragt nach, ob diese Informationen auch erscheinen werden.

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