Dachau:Verkehrskontrolle hinter der Gardine

Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 18 Fällen steht ein Mann vor Gericht. Zu verdanken hat er das seiner aufmerksamen Nachbarin

Wie belastet das Verhältnis zu seiner Nachbarin ist, kann der Angeklagte nicht verbergen. Auch wenn der schwelende Streit nicht Gegenstand der Verhandlung ist - er ist zumindest die Ursache, warum sich der 47-jährige Mann am Montag vor dem Amtsgericht Dachau verantworten muss. Und das macht ihn sehr wütend. 18 Mal soll er ohne nötige Fahrerlaubnis Auto gefahren sein. Die Nachbarin von schräg gegenüber hatte dies der Polizei gemeldet. Als eine Polizistin der Inspektion Dachau ihn wegen dieser Sache zu Hause aufsuchte, wirkte er sehr aufgebracht, fast schon aggressiv. So jedenfalls erzählt es die Polizistin, die als Zeugin aussagt. Der Angeklagte, der ihr mit verzerrtem Gesicht zuhört, bebt auf seinem Stuhl. Sein Verteidiger kann ihn gerade noch zurückhalten. Später entschuldigt er sich bei der Zeugin. Dafür, was ihm seine Nachbarin antue, sei er bei dem Besuch der Polizistin sehr ruhig gewesen, findet er. "Ich werde ständig von ihr beobachtet."

Als weiterer Zeuge ist der Leiter der Führerscheinstelle geladen. Er teilt dem Gericht mit, dass die Behörde die tschechische Fahrerlaubnis des Angeklagten im Jahr 2006 für ungültig erklärt habe. Der Grund: Auf der Rückseite der Fahrerlaubnis stand der deutsche Wohnsitz des 47-Jährigen. Wer einen Führerschein im Ausland erwirbt, muss laut Behördenleiter dort mindestens 185 Tage lang seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben. Im vergangenen Jahr legte der Angeklagte der Polizei seinen ungarischen Führerschein vor, ebenfalls ungültig: Der 47-Jährige hatte die tschechische Fahrerlaubnis in Ungarn umschreiben lassen und konnte nicht beweisen, dass er dort eine Prüfung absolviert hatte. Um eine deutsche Fahrerlaubnis neu zu beantragen, erläutert der Behördenleiter, müsste der 47-Jährige eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung bestehen und eine theoretische sowie praktische Prüfung ablegen. Sein deutscher Führerschein war dem Angeklagten schon vor vielen Jahren entzogen worden.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters, Lukas Neubeck, ob es ein Beweisstück gebe, dass der Angeklagte in Ungarn tatsächlich eine Prüfung abgelegt habe, echauffiert sich der Verteidiger. Die ungarischen Behörden würden nicht so arbeiten wie die deutschen. Dann legt er dem Gericht ein Schreiben der ungarischen Fahrschule vor, nach dem der 47-Jährige tatsächlich eine Prüfung an seinem damaligen Wohnort Ungarn abgelegt habe. Ob dieses Papierstück ein Gefälligkeitsschreiben ist oder nicht, wird der Richter jetzt nachprüfen lassen. Die Verhandlung ist ausgesetzt.

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