Dachau:Vergangenheit verbindet

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Zwei Studentinnen erforschen das Schicksal von Marceau Mollard

Von Christiane Bracht, Dachau

Heute ist es ganz selbstverständlich: Eine Deutsche und eine Französin arbeiten zusammen. Fast zwei Jahre suchen sie nach Dokumenten, nach geschichtlichen Hintergründen, nach Hinweisen auf Marceau Mollard. Sie wollen wissen, was mit dem Urgroßvater von Johanna Mollard geschah. Doch die Vergangenheit aufzudecken, ist nicht so leicht, das merken die beiden schnell. Und das, was sie nach und nach enthüllen, ist unglaublich - für die Deutsche und für die Französin. Doch die Vergangenheit entzweit sie nicht, auch wenn Lisa Kappes jetzt die Ergebnisse ihrer Recherchen allein im Kloster Kamel präsentiert. "Johannas Urgroßvater war im Dachauer KZ, meiner auch war auch auf dem Gelände - aber als Flüchtling nach dem Zweiten Weltkrieg", erklärt die Studentin. Es war am Anfang der Recherchen das verbindende Element zwischen den beiden Austauschschülerinnen, die inzwischen wohl auch enge Freundinnen geworden sind.

Marceau Mollard, ehemaliger Häftling in Dachau. (Foto: privat)

Marceau Mollard war kein Widerstandskämpfer, er war auch kein Jude. Er war Automechaniker und hatte eine Werkstatt mitten in Clermont en Argonne. 1944 marschierten die Deutschen ein. Im September verschleppten sie Mollard ins Konzentrationslager, Ende November starb er. Aber warum? "Es war eine schwierige Suche nach Antworten", berichtet Kappes. "Und für die Angehörigen war es belastend. Aber ich habe Johanna gerne unterstützt."

Am Nachmittag des 29. Juli 1944 gab es einen Kampf in Clermont, mehrere deutsche Soldaten wurden dabei getötet. Daraufhin wollte sich die Gestapo rächen. Mit Maschinenpistolen bewaffnet terrorisierten sie die Bevölkerung. Sie gingen in die Häuser und zerrten alle Männer heraus. Auch Marceau Mollard wurde in seiner Werkstatt überfallen und mit seinem Vater und dem 15-jährigen Sohn hinausgezerrt. Vater und Sohn ließen die Soldaten nach kurzer Zeit wieder frei. Marceau wurde dagegen mit 111 anderen abtransportiert. Nach drei Wochen im KZ Stutthof, kam er nach Dachau, musste Zwangsarbeit leisten, wurde gefoltert und gezüchtigt. Die meisten Männer aus Clermont starben bei diesem Martyrium. Auch Marceau Mollard überlebte nicht.

Wer das hört, sieht die Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen plötzlich in einem völlig anderen Licht: Es grenzt an ein Wunder, dass Petershausener und Varenner sich mit wachsender Begeisterung jedes Jahr besuchen und dass es Freundschaften gibt, wie die zwischen Lisa Kappes und Johanna Mollard. "Die Familie trägt nichts nach", sagt Kappes. "Die Gäste aus Petershausen sind immer gerne gesehen und sie setzen sich auch immer gerne für die deutsch-französische Freundschaft ein." Übrigens auch Lisa Kappes und Johanna Mollard haben sich bei dem Austausch der Partnerstädte kennengelernt. "Zum 119. Geburtstag von Johannas Urgroßvater haben wir gemeinsam hier im Kloster Karmel eine Kerze für ihn angezündet. Es war eine sehr bedrückende Geste", erzählt Kappes.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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