Dachau:Veredeltes Wien im Dreivierteltakt

Vier Hände, Wein und Tenor

Gabriele Schneider, Kirchenmusikerin an von Sankt Peter, und Beate Kramer vierhändig am Klavier.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Klavier und Operettenmelodien im Pfarrheim Sankt Peter

Von Dorothea Friedrich, Dachau

In der Mitte des 19. Jahrhunderts war die musikalische Welt von "Kattermängs" fasziniert. Nie gehört? So nannte der Hanseat Johannes Brahms Klaviermusik à quatre mains, zu vier Händen. Sie wurde bei Hausmusiken ebenso gespielt wie bei Konzerten. Daher passten zehn seiner 16 Walzer op. 36 wunderbar ins Programm von "4 Hände, Wein und Tenor: ein genussvoller Abend mit Klaviermusik und Operettenmelodien, begleitet von einem schönen Glas Wein" im Pfarrheim von Sankt Peter in Dachau. Je zwei der vier Hände gehörten Gabriele Schneider, Kirchenmusikerin an Sankt Peter, und Beate Kramer. Tenor Bernhard Schneider war für die Operettenmelodien zuständig. Das "schöne Glas Wein" lieferte der "Sankt-Peter-Wein", ein vorzüglicher Tropfen aus Bockenheim an der Pfälzer Weinstraße.

Beste Voraussetzungen also für einen genussvollen Abend, zumal es keine steife Konzertbestuhlung gab, sondern die vielen Zuhörer an hübsch dekorierten Tischen saßen. Mit einem Stück aus "Kalif Storch", einem Singspiel von Joseph Rheinberger, das der Kinder- und Jugendchor Sankt-Peter-Spatzen vor einiger Zeit aufgeführt hat, stimmten Gabriele Schneider und Beate Kramer auf ein breit gefächertes Programm ein. "Ich lade gern mir Gäste ein" aus Johann Strauss' "Fledermaus" sang Bernhard Schneider als Gesangsouvertüre. Er teilte sich zudem die Moderation mit seiner Frau Gabriele. Elegant-gefühlvoll spielten Gabriele Schneider und Beate Kramer die schon erwähnten Brahms-Walzer.

Da war nichts mehr zu spüren vom "ernsten, schweigsamen, norddeutsch-protestantischen Brahms", wie ihn der Kritiker-Papst seiner Zeit, Eduard Hanslick, einmal charakterisierte. Sie waren veredeltes Wien im Dreivierteltakt. Zumindest die nicht von Techno und Hip-Hop infizierte Generation liebt Walzer und summte Bernhard Schneiders stimmgewaltigen "Lagunenwalzer" aus der Strauss-Operette "Eine Nacht in Venedig" mehr oder weniger leise mit. Von der angekündigten Indisposition des Sängers war nichts zu hören. Wie sonst hätte er mit Augenzwinkern in der Stimme einen großen Auftritt als "Zigeunerbaron" hinlegen können?

Kontrastprogramm nach der Pause: Zärtlich-elegisch entführten die beiden Pianistinnen in Maurice Ravels "Jardin Féerique", den Feengarten, spielten behutsam, fast fürsorglich ein Wiegenlied von Gabriel Fauré und begaben sich mit Claude Debussy's "En bateau" auf eine romantische Bootsfahrt von träumerischer Schönheit. Kein Träumer, sondern eher ein Womanizer ist Graf Danilo aus Franz Lehárs "Lustiger Witwe". Der begibt sich gerne und oft ins Maxim. Des Grafen unedle Motive (Stichwort: Wein, Weib, Gesang und mehr) in höchsten Tönen zu würdigen, ist gewissermaßen Pflichtaufgabe eines Tenors.

Bernhard Schneider machte daraus eine lockere Kür, bei der nur noch der weiße Seidenschal fehlte. Aber der bleibt ja für immer der Legende Jopie Heesters vorbehalten. Ob dieser allerdings die verwirrenden Liebeshändel von "Eine Nacht in Venedig" so präzise auf den Punkt gebracht hätte wie Schneider? "Es weiß keiner so recht Bescheid, aber das Gondellied ist eine schöne Nummer", war dessen Kurzversion. Stimmt. Eine ebenso "schöne Nummer", wenn auch mit ganz anderem Sujet ist Franz Schuberts "Militärmarsch", den das Klavierduo vor dem offiziellen Schlusslied, dem überzeugenden "Freunde, das Leben ist lebenswert" (aus Giuditta von Lehár) spielte. Viel Applaus, als Zugabe den Ungarischen Tanz Nr. 5 von Brahms - und ein rundum gelungener Konzertabend war viel zu früh zu Ende.

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