Chaostage in Berlin. Mit seinen Vorschlägen zur Flüchtlingspolitik hat Thomas de Maizière (CDU) viel Kritik auf sich gezogen. Landrat Stefan Löwl (CSU) begrüßt den Vorstoß allerdings grundsätzlich. "Alles, was die Zugangszahlen verringert, ist für uns hilfreich", sagt Löwl. Damit schließt er sich der Position des Deutschen Städte- und Gemeindebunds an, der erklärt hatte: "Wir müssen den Familiennachzug begrenzen. Unsere Kapazitäten sind endlich."
Der Bundesinnenminister hatte vorgeschlagen, syrischen Kriegsflüchtlingen nur noch eingeschränkt Schutz zu gewähren und den Familiennachzug zu beschränken. Für den Landkreis hätte die Umsetzung von de Maizières Vorschlags zunächst keine großen Auswirkungen. Derzeit seien die Syrer "nur eine Gruppe von vielen", sagt Löwl; allerdings verschöben sich die Anteile gerade. Jetzt kämen weniger Schwarzafrikaner in den Landkreis und kaum noch Flüchtlinge aus dem Kosovo, dafür seien unter den Neuankömmlingen immer mehr Syrer und Afghanen.
Erst kamen 42 Flüchtlinge pro Woche, bald sind es mehr als 60
Auch insgesamt steigt die Zahl der Menschen, die Löwls Behörde Woche für Woche neu unterbringen muss. Waren es bisher 42 pro Woche, stieg die Zahl im November auf 54. Für Dezember rechnet der Landrat mit deutlich mehr als 60. "Es wird immer schwieriger - sowohl für uns als auch für die Flüchtlinge." Galten vor einigen Wochen Wohncontainer noch als Notlösung, müssen inzwischen schon Traglufthallen aufgestellt werden, um die vielen Flüchtlinge trocken und warm unterzubringen. Die erst Traglufthalle wurde in der vergangenen Woche in Karlsfeld eingeweiht. Wegen undichter Sanitäranlagen konnte sie allerdings noch nicht bezogen werden. Am Montag liefen nach Angaben von Landrat Löwl letzte Reparaturarbeiten. An diesem Dienstag soll die Halle abgenommen werden, sodass im Verlauf des Mittwochs Flüchtlinge aus den Notunterkünften in Dachau und Indersdorf einziehen können.
"Wir haben kaum noch Kapazitäten, um die Flüchtlinge an Orten unterzubringen, an denen sie sich auch wohl fühlen", beklagt Monika Sedlatschek vom Helferkreis Erdweg. Versuche der Regierung, die Zahl der Asylbewerber zu beschränken, sieht sie zwiegespalten. "Wir sind die letzten, die sagen, es sollen weniger Flüchtlinge kommen." Da ist die eine Seite, die humanitäre. Den Schutz für die Syrer zu begrenzen, finde sie nicht in Ordnung. Diese Menschen seien auf der Flucht vor Krieg und Terror, "das ist eine Katastrophe". Auch die Familienzusammenführungen seien richtig.
Aber dann gibt es auch noch die andere Seite, die praktische. Auch die ehrenamtlichen Helfer stoßen langsam an ihre Grenzen. Mit 70 Flüchtlingen - davon aktuell 15 Syrern - komme der Erdweger Helferkreis gut zurecht. Aber was sei, wenn noch einmal 50 oder gar 100 kämen? "Uns ist schon etwas mulmig", sagt Monika Sedlatschek. Anfang sei sie davon ausgegangen, dass die Helferkreise zwei oder drei Jahre tätig sein müssen, jetzt geht sie davon aus, dass es eher zehn werden. "Wir haben keine Strukturen, das alles zu bewältigen", sagt sie. Aber mit "wir" meint sie gar nicht den Helferkreis, "in Erdweg funktioniert das sehr gut". Sie meint den Staat.
"Die da oben müssen endlich mal Kante zeigen und den Mut haben, sich zusammenzusetzen und an richtigen Lösungen arbeiten." Zum Beispiel bei der Familienzusammenführung. Eine Helferin habe eine ganze Woche auf Ämtern zugebracht, um Formulare auszufüllen, "das ist ein Papierbewältigungsakt ohne Ende". Klagen über Bürokratie gibt es auch vom Landrat. Der würde sich aber vor allem Sanktionsmöglichkeiten gegen Flüchtlinge wünschen, die sich über die Entscheidung seiner Behörde hinwegsetzen, in welcher Unterkunft sie wohnen.