Dachau:Trost von der Freundin

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Kritik von unten ficht sie nicht an: Gerda Hasselfeldt. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Kanzlerin Merkel bedauert Angriffe auf Gerda Hasselfeldt in Banz. Dachauer CSU kritisiert Landtagsfraktion

Von Helmut Zeller, Dachau

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ist gut drauf, sie lacht schon wieder. Am Mittwoch hatte ihr die Landtagsfraktion im Kloster Banz eine saftige Abreibung verpasst. Das war gar nicht lustig, wie die Abgeordneten sie bedrängten, auf die Bundeskanzlerin und ihre Flüchtlingspolitik einzuschlagen. "Ein Auswärtsspiel ohne Fans", sagt die Dachauer Bundestagsabgeordnete heute, "da musste ich schon einiges schlucken". Aber ihre Freundin hat sie danach getröstet. "Sie hat mich bedauert", sagt Gerda Hasselfeldt über Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Wahrscheinlich hat ihr auch gefallen, dass die Landesgruppenchefin so standhaft geblieben ist.

Das hätte Bezirkstagspräsident Josef Mederer nicht anders erwartet. "Sie ist loyal", sagt er und lacht, überrascht, was sich die Landtagsfraktion seiner Partei eigentlich dabei gedacht hat. Im Landkreis ist Banz bei CSU-Leuten nämlich gar nicht gut angekommen: "Das war nicht richtig. Die sollen lernen, Maß zu halten", sagt der Ehrenvorsitzende der Kreis-CSU, Altlandrat Hansjörg Christmann. Spannungen zwischen der in Bayern alleinregierenden CSU und der Bundesregierung gab es immer. Seehofers Statthalterin in Berlin sitzt zwischen den Stühlen. "Gerda Hasselfeldt hat als Landesgruppenchefin erstmals einen guten Stil eingeführt." Und die CSU profitiert von ihrem engen Kontakt zu Merkel. Wahrscheinlich, vermutet Mederer, hat sich der lang aufgestaute Unmut über Merkels Flüchtlingspolitik in Banz Bahn gebrochen. Zwar teilt man im Landkreis die Kritik, aber so geht es nicht. "Hasselfeldt war die verkehrte Person für die Angriffe." Dazu muss man wissen, dass sie im Dachauer Land fast schon eine Ikone der Partei ist. Wo immer sie auftritt, begegnet man ihr nahezu ehrfürchtig. Das hat seinen Grund: Seit 1990 ist sie die unangefochtene Direktkandidatin. 2013 erreichte Gerda Hasselfeldt 60 Prozent der Stimmen. Der Parteifunktionäre des 1450 Mitglieder starken Kreisverbandes wissen, was sie in ihr haben: die bestmögliche Unterstützung für alle politischen Ziele und unbezahlbare Wahlkampfhilfe. Wer hat die Bundeskanzlerin zu dem KZ-Gedenkstättenbesuch letztlich überredet? Wer bringt sie zu einer Wahlkampfrede aufs Dachauer Volksfest?

Auch deshalb ist der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath gar nicht glücklich über das, was in Banz geschehen ist. So dramatisch, wie es in der SZ zu lesen gewesen sei, war es laut Seidenath allerdings nicht. Aufgestanden zur Verteidigung Hasselfeldts sind er und der zweite Dachauer CSU-Abgeordnete, Bauernpräsident Anton Kreitmair, nicht. Eine Klausur sei dafür da, dass man sich offen austausche, sagt Seidenath. Das hätten sie auch nicht überlebt, wie ein anderer Teilnehmer der SZ sagte. Es muss eine bewegte Stimmung in der klösterlichen Abgeschiedenheit geherrscht haben. "Es war eine heftige Diskussion mit einer klaren Ansage, aber nicht verletzend", sagt Seidenath. Hasselfeldt sei lächelnd hinausgegangen. Vielleicht deshalb, weil sie es schon geahnt hatte: "Es war abzusehen, dass der aufgestaute Ärger sich bei mir abladen würde." Nur die Fraktion war verblüfft. Der ungarische Gast, Ministerpräsident Viktor Orbán, half so schön mit, innenpolitischen Druck auf Merkel aufzubauen. Nur Hasselfeldt wollte partout nicht die ihr zugedachte Rolle spielen. Sie wirft Merkel keinen Fehler vor, weil die in der Nacht zum 5. September die Grenzen für Flüchtlinge, die über Ungarn kamen, öffnen ließ. "Ob das richtig oder falsch war, die Bundeskanzlerin hat das entschieden", sagt Hasselfeldt. Von Schuldzuweisungen halte sie gar nichts, wichtig sei, was am Ende herauskomme, und inhaltlich lägen CSU und Merkel in der Flüchtlingspolitik ohnehin auf einer Linie.

Kreitmair sieht das so: "Hasselfeldt hat eine andere Meinung und steht der Kanzlerin näher." Aber man habe die bayerische Meinung zum Ausdruck gebracht und ihr auf den Weg mitgegeben. Ob der Stimmungsbericht, den sie ihrer Freundin in Berlin gleich gab, nachhaltige Wirkung entfaltet, kann sie nicht sagen. Es war nur wenig Zeit für eine Unterredung. Die Regierungschefin musste gleich weiter zum Treffen mit Staatschefs und in die USA. "Hasselfeldt macht eine kluge Politik", sagt Christmann.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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