Landschaftsprojekt in Dachau:Tierische Angestellte

Landschaftsprojekt in Dachau: Die Ziegen am Altstadthang haben einen exklusiven Blick auf das Volksfest samt Riesenrad, das sich von Samstag, 8. August, an drehen wird.

Die Ziegen am Altstadthang haben einen exklusiven Blick auf das Volksfest samt Riesenrad, das sich von Samstag, 8. August, an drehen wird.

(Foto: Toni Heigl)
  • Schafe fressen keine Gehölze, Ziegen tun das sehr wohl: Deshalb lässt die Stadt Dachau acht Tiere hinter dem Rathaus grasen.
  • Das ungewöhnliche Projekt soll Erkenntnisse für die Landschaftspflege bringen.
  • Der Tierschutzverein ist anfangs alarmiert, gibt sich nun aber einverstanden.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist bereits eine Viertelstunde nach Mitternacht, als am Dienstag ein Notruf beim Dachauer Tierheim eingeht. Ein Polizist vermeldet das - wie sich herausstellen wird - vermeintlich Unglaubliche: Hinter dem Rathaus in der Dachauer Altstadt laufen Ziegen umher. Die Leiterin des Tierheims Silvia Gruber erzählt der SZ, wie sie mit fünf Ehrenamtlichen wenig später auf der Terrasse des Rathauses eintrifft - und nichts sieht als Dunkelheit. "Dann plötzlich: Glockenläuten." Der Suchtrupp sei vorsichtig durch das Dunkel getappt, habe sich Schritt um Schritt die schmale Fußgängertreppe den Rathaushang hinab begeben. Schließlich, hinter einem Bauzaun, kommen sie zum Vorschein: acht Ziegen, männlich und weiblich, klein und groß, braun und weiß.

Tierheimleiterin Silvia Gruber atmet auf. Ursprünglich hatte sie befürchtet, die Ziegen seien ausgebüxt und würden frei auf dem Karlsberg herumlaufen. Sie stellte sich viele Fragen: "Wie transportieren wir zehn Ziegen? Und wie bringen wir sie unter?" Nun aber dämmert ihr allmählich, dass die Tiere sich wohl ordnungsgemäß in dem eingezäunten Areal hin ter dem Rathaus aufhielten. Zumal der Wirt des benachbarten Zieglerbräus, der den Suchtrupp trotz Dunkelheit erblickt hatte, für Aufklärung sorgte: Es handle sich um ein Projekt der Stadt. Überhaupt kein Grund zur Sorge also.

Eine ungewöhnliche Möglichkeit der Landschaftspflege

Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) teilt schließlich am Dienstagnachmittag offiziell mit: "Am Rathaushang werden acht Ziegen über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen zum Abfressen von Gehölzen eingesetzt." Demnach testet die Stadt seit Dienstag eine etwas ungewöhnliche Möglichkeit der Landschaftspflege. Das Experiment soll insbesondere zu Erkenntnissen führen, inwieweit beispielsweise der Aufwuchs von Gehölzen wie dem Essigbaum durch die Ziegenbeweidung kurz gehalten werden könne. Da Schafe nur Gras und kleine Gehölze fressen, habe sich das Stadtbauamt bewusst für den Einsatz von Ziegen entschieden. Hartmann: "Diese kommen mit dem steilen Hang auch sehr gut zurecht."

Was bei Nacht unmöglich zu erkennen war: Die Ziegen sind teilweise durch einen Elektrozaun eingezäunt. Im unteren Bereich des Hangs bildet der Mühlbach eine natürliche Grenze. Das benachbarte Anwesen des Zieglerbräus, das sich an der Aktion beteiligt, bildet die östliche Grenze. Die Wasserversorgung der Tiere erfolgt durch Tröge. Als Unterstand dient der breite Dachüberstand eines kleinen Sommerhauses, unter den sich die Ziegen bei Regen selbständig zurückziehen können. Bleibt die Frage, woher die Tiere eigentlich kommen: Aus den Alpen? Oder gar aus den Pyrenäen? Nein. Sie kommen aus Gröbenzell, also quasi aus direkter Nachbarschaft. Ihr Besitzer, ein dort ansässiger Landwirt, schaue täglich nach seinen Tieren, sagt OB Hartmann.

Die tierischen Angestellten sollen das Gehölz abfressen

Ganz selbstlos ist das städtische Ziegenprojekt freilich nicht. Hartmann: "Ein erfolgreiches Abfressen der Gehölze würde eine erhebliche Arbeitserleichterung und Kostenersparnis bei der Pflege des Rathaushangs bedeuten." Und er ergänzt: "Die Stadt wünscht seinen neuen tierischen Angestellten: Guten Appetit."

Als Silvia Gruber und die Ehrenamtlichen des Tierheims Dienstagnacht aus dem Schlaf gerissen wurden, nahmen sie's anfangs weniger humorvoll. Am Ende aber, das beteuert Gruber, "blieb ein Schmunzeln". Das Entscheidende schließlich sei, dass es den Tieren gut geht: "Sie können nicht auf die Straße und haben genug zu fressen."

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