Vorwürfe an Bauträger:Streit um den Wasserturm

Vorwürfe an Bauträger: Hinaufsteigen darf man auf den Turm offiziell schon seit 2013 nicht mehr. Weil Teile herabfallen könnten, soll nun das gesamte Bauwerk zerlegt werden.

Hinaufsteigen darf man auf den Turm offiziell schon seit 2013 nicht mehr. Weil Teile herabfallen könnten, soll nun das gesamte Bauwerk zerlegt werden.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

In der Diskussion um das marode Industriedenkmal auf dem ehemaligen MD-Gelände in Dachau offenbart sich das Misstrauen der Stadt zum Grundstückseigentümer.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Drei Gutachten hat es zum Wasserturm auf dem MD-Gelände bereits gegeben, dreimal wurde festgestellt, dass das denkmalgeschützte Bauwerk dringend saniert werden muss. Nun fordert die Stadtverwaltung, den Turm abzubauen. Fachleute sollen alle Einzelteile verzeichnen, die anschließend fachgerecht eingelagert werden sollen. Nur zerlegt nämlich kann der Turm saniert werden. Das macht der Verwaltung, den Stadträten und, nach Aussage der Stadt, auch dem Landesamt für Denkmalpflege Sorgen. Es gibt Befürchtungen, dass der Turm, einmal abgebaut, nie mehr aufgebaut wird. Die Stadt will daher ihre rechtlichen Möglichkeiten prüfen, den Wiederaufbau abzusichern.

Wackelig ist nämlich nicht nur der Turm, sondern auch das Vertrauensverhältnis zwischen der Stadt und der Eigentümerin des MD-Geländes, also der Dachauer Entwicklungsgesellschaft DEG unter ihrem Geschäftsführer Herbert R. Ullmann. Einige Stadträte wie auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) fürchten offenbar, vom Eigentümer über den Tisch gezogen zu werden, wie in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses deutlich wurde. Bereits im März hatten die Mitglieder des Bauausschusses kritisiert, dass die Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichend seien und das Bauwerk durch das Abdecken von empfindlichen Teilen mit Plastikplanen schneller roste als zuvor.

Alle drei Monate begutachten Fachleute den Turm

Herbert Ullmann verteidigt sich nun gegen Vorwürfe, nicht genügend gegen den fortschreitenden Verfall des Turms unternommen zu haben. Alle drei Monate im Sommer und alle zwei Monate im Winter begutachten Fachleute den Zustand des Turms. Fünfstellige Beträge gebe die DEG jährlich für Sicherungsmaßnahmen am Turm aus. Die Gutachter hatten errechnet, dass sich die Sanierung des Turmes um bis zu fünf Jahre aufschieben lässt, wenn versucht wird, das weitere Verrosten aufzuhalten, lose Teile entfernt sowie der Zugang gesperrt werden, damit keiner zu Schaden kommt. Diese aufschiebenden Maßnahmen hatten der Stadtverwaltung bislang ausgereicht. Tätig wird die Stadt nun in Reaktion auf ein neues Gutachten vom 5. Oktober, das eine "allmählich fortschreitende Gefährdung der Standsicherheit" feststelle. Die konkrete Gefahr, die für Passanten von dem wackligen Turm ausgeht, habe die Stadt veranlasst, den Abbruch zu fordern, sagt Bauamtsleiter Michael Simon. Als erste Maßnahme wurde der Gehweg an der Ludwig-Thoma-Straße gesperrt.

Ullmann erklärt dazu in einer Pressemitteilung: "Es sollte für niemanden, der sich mit dem Sachverhalt näher beschäftigt, überraschend sein, dass der Wasserturm nach Jahren des Stillstands nicht mehr verkehrssicher ist." Tatsächlich stellt das Ingenieurbüro für Bauwesen TBU aus Karlsfeld bereits in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2013 fest: "Für eine grundlegende Sanierung des Turms ist der komplette Abbau erforderlich." Das Gutachten erreichte die Stadt im März 2014, im Oktober beschlossen die Stadträte einstimmig, die DEG solle die von TBU empfohlenen Kontrollen regelmäßig durchführen. Bereits im Februar 2013 hatte ein erstes Gutachten des Münchner Ingenieurbüros Bulicek festgestellt, dass der Turm provisorisch noch fünf Jahre erhalten werden könne. Länger nur, wenn alle Stahl- und Betonbauteile fachgerecht saniert würden.

Idee für Burger-Grill-Restaurant mit Bar

Nicht geklärt ist, wer am Ende die Kosten trägt. Die DEG zahlt Gutachter und Sicherungsmaßnahmen. Für die Sanierung muss sie aber vermutlich nicht allein aufkommen. Es gelte noch festzustellen, erklärt Simon, wie weit die Verpflichtung des Eigentümers greift. Die Ingenieure von TBU schätzen die Kosten auf mindestens 427 000 Euro netto; Ullmann rechnet mit etwa 600 000 Euro brutto.

An diesem Dienstag treffen sich Stadtbauamt, Gutachter und Ullmann am Wasserturm, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die DEG sehe die Erhaltung des Bauwerks "grundsätzlich positiv", lässt Ullmann verlauten. Es müsse jedoch auch über eine mögliche Nutzung und die Unterhaltskosten gesprochen werden. In diesem Jahr hatte der junge Dachauer Innenarchitekt Florian Fuchs eine Idee für ein Burger-Grill-Restaurant mit Bar im Wasserturm vorgelegt. Ullmann habe ihn in dieser Idee bestärkt und unterstützt, sagte Fuchs.

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