Dachau:Später Aufbruch

Früher verweigerte sich der Stadtrat einem Gestaltungsbeirat für Bauprojekte in Dachau. Jetzt zeichnet sich dafür eine Mehrheit ab

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Déjà-vu in Dachau: Gestaltungsbeirat? Fachleute, die den Stadtrat bei größeren Bauprojekten begleiten? Die Diskussion geht bis ins Jahr 1984 zurück, als die Künstlervereinigung Dachau sich kulturpolitisch zu positionieren begann. Die Ausstellung auf dem ehemaligen MD-Gelände Anfang August mit dem Titel 1984 wird daran erinnern. Später versuchte das Forum Republik als ein Vorläufer des Bündnisses für Dachau die Städteplanung zu beeinflussen. 1997 folgte das damals gegründete Architekturforum. Aber die Mehrheit des Stadtrats verbat sich damals in typischer Mir-san-mir-Mentalität solche Einmischungen.

Jetzt haben Bündnis und CSU diese Debatte neu eröffnet und gemeinsam mit allen anderen Fraktionen im Stadtrat beschlossen, einen Experten der Bayerischen Architektenkammer zu einem Vortrag darüber einzuladen, was ein Gestaltungsbeirat ist, welchen Einfluss er ausüben kann und ob es sinnvoller ist, ein solches Expertengremium temporär, also für ein bestimmtes Bauprojekt, zu installieren oder als Dauereinrichtung.

Das Architekturforum begrüßt den Vorstoß. Unter dem Titel "Mehr Kommunikation, mehr Baukultur, eine wertvolle Institution" werben sie für diese Einrichtung. Sie empfehlen den Mandatsträgern, an einer Besichtigungsfahrt am Samstag, 4. Juli, nach Landshut teilzunehmen. Dort könnten sie an praktischen Beispielen die erfolgreiche Kooperation eines solchen Beratungsgremiums mit der Politik in Augenschein nehmen. Außerdem soll im Herbst ein große Anhörung stattfinden, auf der Experten aus anderen Städten ihre Erfahrungen darlegen. Vorsitzender Emil Kath plädiert angesichts der vielen städtebaulich herausragenden Projekte in Dachau für einen ständigen Gestaltungsbeirat.

Das Bündnis hingegen hat sich explizit auf einen temporären Beirat festgelegt, vor allem um die Entwicklung des 17 Hektar großen MD-Geländes qualitativ steuern zu können. Damit folgt sie einer aktuellen Empfehlung der Bayerischen Architektenkammer. Deren Experte für solche Themen ist Oliver Voitl. Er erklärt die Arbeitsweise: Demnach sitzen im Beirat neben politischen Vertretern der jeweiligen Stadt mehrere Architekten und Städteplaner. Ihnen legt der jeweilige Bauherr seinen Entwurf vor. Danach spricht das Gremium eine Empfehlung aus. Allerdings ist der Bauherr juristisch nicht an die Beurteilung gebunden. "Er weiß aber, dass die Chance auf einen Baugenehmigung wächst, wenn er sie befolgt", sagt Voitl.

Er verweist auf große Erfolge in zahlreichen Städten Bayerns. Herausragend sind für ihn die Ergebnisse in Regensburg. Und in München wäre es bei der Gestaltung des Königshofs nicht zu einem Wettbewerb gekommen, wenn der dortige ständige Gestaltungsbeirat ihn nicht dringend gefordert hätte. Übrigens müssen sich die jeweiligen Mitglieder verpflichten, während ihrer Tätigkeit im Beirat keine Aufträge in der jeweiligen Kommune anzunehmen.

Was aber würde Architekt Oliver Voitl einem Kommunalpolitiker in Dachau sagen, der die alte Linie und damit den Bauausschuss als alleiniges Gremium beibehalten will? Voitl antwortet: "Dann würde ich ihm entgegnen, sich einmal in seiner Stadt umzuschauen, was in den vergangenen Jahren gebaut wurde. Da ist nichts von der entsprechenden Qualität vorhanden." CSU-Sprecher Dominik Härtl sagte im Bauausschuss: "Wie sichert man Qualität? Das ist eine Frage, die auch die Bürger stark bewegt."

Das Architekturforum fährt am Samstag, 4. Juli, nach Landshut. Abfahrt ist an der Ludwig-Thoma-Wiese um 9.30 Uhr mit dem Bus. Anmeldungen bis Mittwoch, 1. Juli, unter info@architekturforum-dachau.de.

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