Dachau:Sickersaft landet im Bach

Gericht sieht nur geringe Schuld der Angeklagten an der Verunreinigung

Von Benjamin Emonts, Dachau

Ein 51-jähriger Landwirt und sein Neffe mussten sich am Amtsgericht Dachau wegen Gewässerverunreinigung verantworten. Laut Anklageschrift waren aus dem Silo der Biogasanlage des Bauern Gärsäfte ausgetreten und über einen Graben in einen Bach gelangt. Ein Flussmeister des Wasserwirtschaftsamts berichtete vor Gericht von einem ein Kilometer langen "Abwasserpilz", der an der Oberfläche des Bachs geschwommen sei. Ein Abwasserpilz entsteht dann, wenn organische Stoffe in ein Gewässer fließen und es mit Bakterien verunreinigen.

Ein Anwohner hatte den Abwasserpilz Anfang Januar bemerkt und die Polizei alarmiert. Die veranlasste dann mit Mitarbeitern des Wasserwirtschaftsamts und des Landratsamts eine Ortsbegehung. Dabei wurde schnell klar, dass die organische Flüssigkeit nur aus dem Silo der nahegelegenen Biogasanlage stammen konnte.

Der Betreiber, ein 51-jähriger Landwirt, war seinerzeit mehrere Wochen wegen eines gebrochenen Fußes außer Gefecht gesetzt. Für die Biogasanlage war deshalb sein 21-jähriger Neffe zuständig, der auf dem Hof des Onkels seine Ausbildung absolviert. Er war beauftragt, die Anlage zu kontrollieren und instand zuhalten, wofür er auch die notwendigen Qualifikationen besitzt. Früh morgens befüllte der junge Mann die Anlage mit Maissilage. Durch die Vergärung der Biomasse entsteht Gas, womit Motoren angetrieben werden. Über einen Generator wird schließlich Strom produziert, den man später ins Netz einspeist. Die Gärsäfte, die aus dem Silo treten, fließen normalerweise in einen extra dafür vorgesehenen Behälter.

Weil aber der Schacht, über den die Flüssigkeit abläuft, zugefroren war, floss der Silo-Sickersaft darüber hinweg auf einen Feldweg und weiter in einen Graben, von wo aus er letztlich in den Bach gelangte. Wie lange dieser Vorgang andauerte, blieb vor Gericht unklar. Das Ausmaß des Abwasserpilzes beurteilend, konnte der Flussmeister jedoch nicht ausschließen, dass das Silo-Sickerwasser über mehrere Wochen in den Bach trat. Ebenso ungewiss blieb das Ausmaß der Umweltverschmutzung. Der Flussmeister hatte bei der Ortsbesichtigung sieben Wasserproben entnommen. Während jene am Silo und im Graben laut eines Chemie-Ingenieurs vom Wasserwirtschaftsamt "extrem belastet" waren, konnte im Bach keine Verunreinigung festgestellt werden. Der Experte erklärte sich dies so, dass zum Zeitpunkt der Probeentnahme keine Gülle eingeleitet wurde. "Zu einem anderen Zeitpunkt müssen andere Verhältnisse geherrscht haben", sagte er.

Der Landwirt ließ nach dem Besuch der Polizei einen Damm betonieren, sodass kein Silo-Sickersaft mehr nach außen treten konnte. Außerdem setzte er in den Abwasserschacht ein neues Gitter ein, das nicht zufrieren kann. Amtsrichter und Staatsanwalt sprachen von einem "geringen Verschuldensgrad" der Angeklagten. Das Verfahren gegen den Landwirt und seinen Neffen wurde gegen Zahlungen von 4000 beziehungsweise 600 Euro eingestellt.

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