Dachau:Rote Zahlen bei Franziskuswerk-Läden

Dachau: Das Lebensmittelgeschäft mit dem lakonischen Titel "Der Laden" ist der einzige Grundversorger in der Dachauer Altstadt.

Das Lebensmittelgeschäft mit dem lakonischen Titel "Der Laden" ist der einzige Grundversorger in der Dachauer Altstadt.

(Foto: Toni Heigl)

Behinderteneinrichtung lässt Geschäfte in der Altstadt und Dachau-Süd von einer Unternehmensberatung überprüfen.

Von Wolfgang Eitler und Andreas Förster, Dachau / Schönbrunn

Das gemeinnützige Franziskuswerk in Schönbrunn für geistig behinderte Menschen weiß noch nicht, ob es seine beiden Lebensmittelläden in Dachau-Süd am Klagenfurter Platz und in der Altstadt am Widerstandsplatz aufrecht erhalten kann. Denn wie es in einem internen Schreiben von Geschäftsführer Markus Tolksdorf an die Mitarbeiter heißt, "verursachen" beide in jedem Jahr "jeweils ein Defizit im unteren sechsstelligen Bereich". In der Altstadt ist der Schönbrunner Laden der einzige mit einem kompletten Lebensmittelsortiment.

In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sind sämtliche Versuche gescheitert, einen Supermarkt in der Altstadt langfristig zu erhalten. Im Untergeschoss des Kaufhauses Hörhammer gelang es keinem, ausreichend Kundschaft an sich zu binden. Darüber kann Franziskuswerk-Geschäftsführer Tolksdorf nicht klagen: "Die Umsätze sind seit Jahren auf einem guten Niveau stabil." Er bestätigt der SZ das interne Schreiben, in dem er die Probleme darlegt. Demnach reichen die Erlöse aber nicht aus, um die beiden Geschäfte in Dachau in der bisherigen Form weiterzuführen. Der maßgebliche Grund sind anscheinend die Personalkosten. Denn ein Teil der Belegschaft besteht aus behinderten Menschen, die wiederum während der Arbeitszeit betreut und auch fachlich angeleitet werden müssen. Dieser zusätzliche Aufwand führt zu den für ein gemeinnütziges Unternehmen hohen Defiziten.

Die beiden Läden sind zwar aus Sicht der Dachauer Bürger Erfolgsmodelle. Ob sie es aus der Perspektive des Franziskuswerks werden können, wird zurzeit überprüft. Dazu hat Tolksdorf die Genossenschaft der Werkstätten für Behinderte in Stuttgart eingeschaltet, die 100 Supermärkte mit dem Namen CAP (Abkürzung des englischen Begriffs "Handicap") in ganz Deutschland führt. Aber nicht nur die finanzielle Seite ist aus Sicht des Franziskuswerks unzureichend. Zurzeit beschäftigen die beiden Läden jeweils zwei behinderte Menschen bei 20 Angestellten insgesamt. Um dem eigenen sozialen Anspruch gerecht zu werden, müssten es wesentlich mehr Behinderte sein.

Und hier kommen die CAP-Märkte ins Spiel. Bei ihnen handelt es sich um ein Unternehmen, das nach dem Franchise-Prinzip organisiert ist. Das bedeutet, dass im Schönbrunner Fall das Franziskuswerk die Läden in Dachau weiterführt, allerdings unter Anleitung von CAP. Der erste Laden dieser Art ist 1999 in Herrenberg in Baden-Württemberg gegründet worden. Schwerpunkt sind Baden-Württemberg und das bayerische Allgäu. Der alleinige Eigentümer verfügt über eine Unternehmensberatung, die speziell für im sozialen Bereich tätige Betriebe geschaffen wurde. Das Personal beispielsweise der CAP-Märkte besteht zu 50 Prozent aus behinderten Menschen. In den Dachauer Läden von Schönbrunn sind es 20 Prozent.

Vom Ergebnis der Analyse durch die Genossenschaft Süd in Stuttgart wird die Zukunft der Franziskuswerk-Läden abhängen. "Wir wollen sie weiter führen", sagt Geschäftsführer Tolksdorf. Aber: "Unsere Aufgabe ist es nicht, die Grundversorgung für die Altstadt zu sichern." Tolksdorf betrachtet es als Aufgabe einer sozialen Organisation, Arbeitsplätze zu schaffen, die geistig behinderten Menschen eine sinnvolle Tätigkeit ermöglichen. Allerdings müsse jedes Unternehmen "eine schwarze Null" schreiben. Sollte es zu einer Schließung kommen, sind die Arbeitsplätze nach Tolksdorfs Auskunft nicht gefährdet: "Sämtliche Verträge des Franziskuswerks sind unbefristet." Zurzeit befindet sich das Franziskuswerk in einem Klärungsprozess. Am 23. April wird beispielsweise das Ergebnis zum städtebaulichen Wettbewerb für Schönbrunn nach den Prinzipien der Inklusion erwartet. Deswegen ist die Zukunft der Gärtnerei, ebenfalls ein Betrieb mit hohen Verlusten, ungewiss.

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