Dachau:Gestohlenes KZ-Tor noch in Norwegen - weil Mitarbeiterin Urlaub hat

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  • Seit Wochen steht Karl Freller, Direktor der Gedenkstättenstiftung in München, bereit, um die gestohlene KZ-Tür aus Norwegen heimzuholen.
  • Doch die zuständige Mitarbeiterin im Kulturministerium in Oslo hat Urlaub.

Von Helmut Zeller, Dachau

Wahrscheinlich hat die Urlaubsplanung im norwegischen Kulturministerium noch nie solche Irritationen in Bayern hervorgerufen, wie das jetzt geschehen ist. Seit Wochen steht Karl Freller, Direktor der Gedenkstättenstiftung in München, bereit, um die gestohlene KZ-Tür aus Norwegen heimzuholen. "An uns hängt es nicht", sagt der Landtagsabgeordnete (CSU). Es hängt an der Mitarbeiterin des Ministeriums in Oslo, ohne die das NS-Relikt von den Behörden nicht rausgerückt wird. Diese Dame hat Freller zufolge vor Weihnachten schon einen Urlaub angetreten, der noch bis zum 17. Januar dauert.

Schön für sie, aber nicht für Freller, der die KZ-Tür zusammen mit dem Präsidenten des Internationalen Dachau-Komitees, Jean Michel Thomas, schon Anfang Januar abholen wollte. Wie Freller sagte, musste die Stiftung schon einen geplanten Flug stornieren. Zwei Jahre nach dem Diebstahl der Tür aus der KZ-Gedenkstätte führte Ende November 2016 ein anonymer Hinweis die norwegische Polizei der Stadt Bergen zu einem außerhalb gelegenen Parkplatz.

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Das ist die zentrale Frage für die Ermittler, nachdem das gestohlene Eisentor der KZ-Gedenkstätte Dachau wieder aufgetaucht ist. Eine zwei Jahre alte Zeugenaussage könnte wieder wichtig werden.

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Dort lag die einhundert Kilogramm schwere schmiedeeiserne KZ-Tür mit dem zynischen Schriftzug "Arbeit macht frei". Seitdem wird sie in der Garage der Polizei in Bergen aufbewahrt. "Drei Wochen lang hätte ich Zeit gehabt", sagt Stiftungsdirektor Freller. "Wir hätten uns bei den norwegischen Behörden und der Polizei auch bedanken wollen."

Jetzt ist unklar, wer die KZ-Tür wann nach Dachau bringen wird. Am 26. Januar fährt Freller mit bayerischen Landtagsabgeordneten zu einer gemeinsamen Gedenkfeier am Holocaust-Gedenktag mit den Tschechen nach Prag. Und der Terminkalender des Politikers für Februar ist auch schon ziemlich voll. Streng genommen hätte die norwegische Polizei die Tür, die ja ein Beweismittel ist, noch zurückhalten können. Aber Justiz und Polizei in beiden Ländern haben dem Drängen der Politik nachgegeben.

Wer hat die KZ-Tür gestohlen?

Es sind mittlerweile ja auch alle Spuren an dem Objekt gesichert worden. Der Fürstenfeldbrucker Kripochef Manfred Frei wartet nun auf die Ergebnisse. Er hofft auf verwertbare DNA-Spuren oder Faserspuren, die vielleicht auf das verwendete Fahrzeug schließen lassen. Die zentralen Fragen der Ermittler sind nach wie vor ungeklärt: Wer gab in Norwegen den anonymen Hinweis, und wer hat die KZ-Tür vor zwei Jahren in Dachau gestohlen? Frei hält es aber nicht für ausgeschlossen, dass die gemeinsamen Ermittlungen mit den norwegischen Kollegen, die "hervorragend" arbeiteten, doch noch zu den Tätern führen.

Karl Freller will den Termin für die Rückholung der KZ-Tür gleich nach dem 17. Januar fest machen. Ihm geht es, wie er der SZ sagte, darum, dass dieses wichtige Lagerrelikt, das für die Leiden von mehr als 200 000 Häftlingen steht, bis zu den Feierlichkeiten am Befreiungstag, dem 29. April 1945, wieder an seinem Ort ist - für die Besucher der Gedenkstätte und vor allem für die Überlebenden. Ob die Tür dann ins Museum kommt oder wieder in das große Tor des historischen Jourhauses eingehängt wird, darüber muss der Stiftungsrat noch entscheiden. Freller, der darüber mit Stiftungsratsmitgliedern schon Gespräche geführt hat, will die Tür ins Museum bringen, wo sie besser gesichert wäre. Die Reproduktion des Kunstschmieds Michael Pointner aus Biberbach würde dann bleiben.

Die Originaltür - die Aufschrift ist ein Duplikat aus den 1960er Jahren - weist Rost auf. Freller will diese Spuren, die von der Geschichte des Diebstahls erzählen, nicht beseitigen lassen. Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstätte, hätte gerne mehr Informationen über die Umstände der Tat. Sie hofft auch deshalb auf erfolgreiche Ermittlungen. Die Historikerin reist bald nach Norwegen, um die Formalitäten der Übergabe zu erledigen. Für den Transport wäre schon gesorgt: UPS soll eine kostenlose Lieferung der KZ-Tür angeboten haben.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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