Im Sommer 2016:Psychiatrische Tagesklinik für Dachau

Im Sommer 2016: In die Räume an der Hochstraße, in denen jetzt noch das Jobcenter untergebracht ist, kommt Mitte 2016 eine psychiatrische Tagesklinik.

In die Räume an der Hochstraße, in denen jetzt noch das Jobcenter untergebracht ist, kommt Mitte 2016 eine psychiatrische Tagesklinik.

(Foto: Toni Heigl)

Bisher müssen Patienten sechs Wochen auf einen Termin warten oder 40 Kilometer nach Haar fahren. Das ändert sich im kommenden Jahr.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Voraussichtlich im Juni 2016 wird nahe der Helios-Amperkliniken AG in Dachau eine psychiatrische Tagesklinik mit 20 Plätzen eröffnet, angeschlossen ist auch eine Institutsambulanz. Träger der Einrichtung ist das Isar-Amper-Klinikum München-Ost, das der Bezirk Oberbayern betreibt. Im Herbst 2016 wird außerdem das psychiatrische Isar-Amper-Klinikum Fürstenfeldbruck den Betrieb aufnehmen, das als Mutterhaus den neuen Standort Dachau mitbetreut. Mit insgesamt vier Stationen und 88 Betten sowie einer Tagesklinik und Institutsambulanz können dort alle psychischen Erkrankungen behandelt werden. Bislang müssen Patienten aus Dachau mehr als 40 Kilometer zurücklegen, um ins nächste psychiatrische Krankenhaus nach Haar zu kommen.

"Wir wollen die Medizin zu den Menschen bringen und weg von den Großeinrichtungen", sagt Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) aus Schwabhausen. "Mir war das seit langer Zeit ein großes Anliegen." Hans-Ulrich Braun, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Dachau, begrüßt das neue Angebot. "Das haben wir dringend gebraucht. Bislang mussten wir akut psychotische Patienten immer verlegen." Die Zahl der psychischen Erkrankungen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Das stellt auch Braun fest. In seiner Praxis landen immer mehr Patienten mit psychosomatischen Leiden. Stress, Burnout, und Suchtprobleme häufen sich. Der Leistungsdruck in der Gesellschaft nimmt zu, auch der Anteil der Alten wächst, die häufiger an Depressionen leiden. Aber auch die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge erfordert mehr Plätze. "Wir erleben gerade eine gewaltige Veränderung der Gesellschaft", stellt Bezirkstagspräsident Mederer fest.

Der Landkreis ist überversorgt - aber nur auf dem Papier

Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern sind aktuell neun Psychiater, Neurologen und Nervenärzte für den Landkreis gemeldet. Gemeinsam decken sie sechs Vollzeitstellen ab - für knapp 150 000 Menschen. Auf dem Papier gilt der Landkreis mit rund 140 Prozent als überversorgt. Aber auch die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung bezeichnet den Berechnungsschlüssel als "nicht mehr angemessen". Derzeit lägen die Wartezeiten für einen Termin bei einem Psychiater in Dachau bei etwa sechs Wochen, schätzt Ärztesprecher Hans-Ulrich Braun.

Die 20 Plätze, die in Dachau geschaffen werden, sind aber keine, die nun zusätzlich im Großraum München entstehen. Vielmehr werden sie aus der Klinik in Haar ausgelagert. Die Bezirkskliniken setzen verstärkt auf Regionalisierung. Schon im Dezember sollen die Umbaumaßnahmen in der Hochstraße beginnen, wo derzeit noch das Job-Center Dachau untergebracht ist.

"Das ist fantastisch", sagt Marese Hoffmann, Sprecherin der Grünen-Kreistagsfraktion. Schon seit Jahren bemängelt sie die Versorgung psychisch Kranker im Landkreis als unzureichend. "Die Tagesklinik ist nur ein Anfang - aber ein richtiger Anfang." Das Angebot müsse sukzessive erweitert werden. Wichtig sei auch, ein Bewusstsein zu schaffen, das Menschen, die sich wegen einer Depression behandeln lassen, nicht anders bewertet würden als solche, die beispielsweise wegen eines gebrochenen Beins im Krankenhaus liegen. Bei Mederer rennt sie damit offene Türen ein: Bewusst habe man sich für einen Standort nur 30 Meter Luftlinie von der Kreisklinik entschieden, sagt der Bezirkschef.

Offen für Zusammenarbeit

Im Kreisklinikum freut man sich, "welch vielfältige Behandlungsmöglichkeiten sich vor den Toren Münchens inzwischen etablieren". Dem künftigen Nachbarn steht Betreiber Helios aufgeschlossen gegenüber: "Wir werden zusammen mit ihm prüfen, ob wir starke gemeinschaftliche Versorgungsangebote für die Bevölkerung erarbeiten können." Auch die Bezirksklinik zeigt sich offen für eine Kooperation. Für Josef Mederer ist die Dachauer Tagesklinik nur ein Element in der Versorgung psychisch Kranker im Landkreis. "Es ist wichtig, dass wir eine funktionierende Vernetzung aufbauen, auch vor- und nachklinisch." Dazu gehöre zum Beispiel der sozialpsychiatrische Dienst der Caritas.

Gewaltige Herausforderungen sieht Mederer im Bereich der Jugendpsychiatrie auf den Bezirk zukommen. Die wachsende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die zum Teil schwer traumatisiert seien, erfordere einen massiven Ausbau der Strukturen. "Das wird noch eine Riesenaufgabe", sagt der Bezirkstagspräsident.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: