Dachau:Pflegeleicht

Weil sich die Bestattungskultur verändert hat, will Dachaus Friedhofsreferent Franz Xaver Vieregg auch Baumfelder und Blumenwiesen als letzte Ruhestätte für die Urnen Verstorbener zulassen

Von Walter Gierlich, Dachau

Der Zeitgeist soll auch auf Dachaus Friedhöfen Einzug halten. Denn, so betont die Stadtratsfraktion der Überparteilichen Bürgergemeinschaft (ÜB), die in Franz Xaver Vieregg auch den Friedhofsreferenten stellt: "Die Bestattungs- und Friedhofskultur hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert." Vieregg möchte daher "den Wünschen vieler Bürgerinnen und Bürger entgegenkommen", die Bestattungsarten wollen, die bisher nicht zugelassen waren. Bisher ist alles rund um Beerdigungen in einer 17-seitigen Friedhofssatzung mit 42 Paragrafen geregelt, die Vieregg im Zusammenhang mit seinem Antrag auch gerne ein wenig entrümpeln würde. In der geplanten Neufassung der Friedhofssatzung sollen auch Details für Bestattungen nach islamischer Tradition geregelt werden, die von den Stadträten bereits grundsätzlich ermöglicht wurden.

Es war die CSU gewesen, die den Antrag eingebracht hatte, im Waldfriedhof ein Gräberfeld für Bestattungen von muslimischen Bürgern auszuweisen. Auch damit war dem Wunsch zahlreicher Bürger islamischen Glaubens entsprochen worden, die ihre Angehörigen bisher entweder in München oder gar im alten Heimatland beerdigen mussten. Doch nicht nur die muslimischen Rituale waren bisher auf den drei Friedhöfen in Dachau - dem Stadtfriedhof in der Altstadt, dem Waldfriedhof und dem Kirchenfriedhof Etzenhausen - nicht möglich, auch einige andere Bestattungsarten, die in jüngerer Vergangenheit immer wieder gewünscht wurden, wie Friedhofsreferent Vieregg erklärt.

Sie sollten - vor allem mit Blick auf den Waldfriedhof - nach seiner Ansicht Eingang finden, wenn die aus dem Jahr 1998 stammende, überaus detaillierte Satzung überarbeitet wird. Neben herkömmlichen Beerdigungen von Särgen können nach Feuerbestattungen auch bisher schon Urnen beigesetzt werden. Das ist bisher entweder zusätzlich zu Särgen in einem Erdgrab möglich, in einem Urnenfeld mit stehenden oder liegenden Grabsteinen oder in einer Urnenwand. Sogar anonym kann man sich in Dachau in einem Urnenfeld bestatten lassen. Zudem gibt es eine Gemeinschaftsgrabstätte für Fehl- und Frühgeburten, das sogenannte Fötenfeld.

Dachau: Erdgräber unter Bäumen gibt es längst auf dem Dachauer Waldfriedhof: Nun wünscht sich Friedhofsreferent Vieregg auch Baumbestattungsfelder für Urnen.

Erdgräber unter Bäumen gibt es längst auf dem Dachauer Waldfriedhof: Nun wünscht sich Friedhofsreferent Vieregg auch Baumbestattungsfelder für Urnen.

(Foto: Toni Heigl)

Doch da immer häufiger die Angehörigen verstorbener Dachauer weit entfernt lebten, könnten diese die Grabpflege nicht oder nur eingeschränkt übernehmen, wie Vieregg sagt. Von ihrer Seite werde daher immer wieder der Wunsch an die Stadt beziehungsweise an den Friedhofsreferenten herangetragen, Bestattungsarten zu erlauben, die eine zentrale Grabpflege durch einen Gartenbaubetrieb ermöglichten. Vieregg beantragt daher die Ausweisung eines Baumbestattungsfeldes. Dabei sollten jeweils vier bis acht Urnen rund um einen Baum eingegraben werden. Neben Bäumen kann sich der Friedhofsreferent auch eine Blumenwiese als letzte Ruhestätte für die Urnen Verstorbener vorstellen, wie er in seinem Antrag weiter fordert. Das Urnenfeld sollte halb anonym bleiben, da nach Viereggs Ansicht, die Personendaten der Bestatteten zentral etwa auf einem liegenden Baumstamm oder an einer Stele festgehalten werden sollten. In beiden Fällen sollte nach Meinung des ÜB-Stadtrats die Fläche ganzjährig von einem Fachbetrieb gepflegt werden. Was überhaupt nicht in Frage komme, sei die Asche verbrannter Leichen zu verstreuen. Das sei in Bayern ebenso wenig erlaubt wie die nach muslimischer Tradition eigentlich übliche Erdbestattung ohne Sarg, sagt Vieregg. Im islamischen Ritual werden die Toten nur in ein Leinentuch gewickelt. Im Freistaat müssen sie laut Vieregg samt Leinentuch in einem Sarg bestattet werden.

Doch der Friedhofsreferent stellt in seinem Antrag noch eine dritte Forderung: Anders als in vielen anderen Städten ist es in Dachau bisher nicht möglich, sich bereits zu Lebzeiten einen Grabplatz auf dem Friedhof auszusuchen. Vieregg will nun, dass auch die Dachauer, wenn sie das wünschen, sich eine Grabstätte sichern können, auf die gegebenenfalls sogar schon zu Lebzeiten ein Grabstein gesetzt werden kann. "Für die Angehörigen ist das oft ein rechter Stress, weil sie ja auch nur wenige Tage Zeit haben", so Vieregg.

Der Friedhofsreferent und ÜB-Stadtrat glaubt nicht, dass es über seine drei Anträge allzu große Diskussionen gibt. Längere Debatten erwartet er hingegen, wenn es um die Neufassung der gesamten Friedhofssatzung geht, die in seinen Augen "ein ganz schöner Wust" an Vorschriften ist, aus dem man einiges streichen könnte.

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