Dachau:Permanente Erneuerung

Kreisheimatpflegerin Unger-Richter eröffnet im Amperland die Debatte über die Zukunft der Museen

Bisher war die Debatte darüber, wie die zahlreichen nicht staatlichen Museen im Landkreis zusammenarbeiten könnten, eine akademische. Denn zwischen Dachau und Altomünster im Norden klaffte eine Museumslücke. Zwar gibt es kleinere Museen in Karlsfeld oder in Haimhausen und in Großberghofen gibt es das Hutter-Museum. Aber die Idee eines Netzwerks kann erst von Freitag, 24. Oktober, an wirklich Gestalt annehmen, wenn in Markt Indersdorf das Augustinerchorherren-Museum eröffnet wird. Dann ergibt sich tatsächlich eine Museumsschiene durch den Landkreis, an der die anderen, kleineren Heimatmuseen andocken können. Noch Mitte Oktober ist ein großes Gespräch über die Zukunft der nicht staatlichen Museen im Landkreis unter der Federführung von Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter geplant.

In einem umfassenden Aufsatz für die neue Ausgabe der Zeitschrift Amperland hat Unger-Richter die Grundlageninformationen gebündelt, die für die Debatte wichtig und hilfreich sind. Angefangen von der international gültigen Definition eines Museums über die Anfänge durch das Erstarken des Bürgertums bis hin zu dem Trend im ausgehenden 19. Jahrhundert, sich der sogenannten Volkskunst zu widmen. Jetzt wird es für Dachau spannend. Wir drucken den Artikel in Auszügen ab.

Um 1900 Zeit richtete sich der Fokus in der Gesellschaft verstärkt auf die Heimat und deren Bewahrung. In Dachau wurde erstmalig im Rahmen des Volksfestes 1901 und der parallel stattfindenden Gewerbeschau heimisches Kunsthandwerk gezeigt. Begleitend dazu organisierten ortsansässige Künstler wie Hermann Stockmann und Hans von Hayek eine sogenannte "Alterthumsausstellung". Das Dachauer Volksblatt schrieb dazu am 26. August 1901: "Eine besondere Anziehung übt in der Ausstellung die Abtheilung aus, in der "Alt-Dachau" vertreten ist. Durch die leihweise Überlassung von Hauseinrichtungsgegenständen aus älterer Zeit war es ermöglicht, einige Stuben in echtem Dachauer Style einzurichten und so dem Besucher der Ausstellung einen Begriff eben von der Gemütlichkeit und Wohnlichkeit, mit denen sich der Dachauer früherer Zeit zu umgeben wusste. Man kann diesen Theil der Ausstellung nicht verlassen ohne ein Bedauern zu empfinden, dass auch die Reste aus Alt-Dachauer Zeit immer mehr verschwinden."

Der Erfolg der Ausstellung führte dann zum Wunsch, diese Ausstellung dauerhaft in einem Museum zu installieren. Mit der Gründung des Museumsvereins im Jahre 1903 wurde auf dieses Ziel hin ein entscheidender Schritt gemacht, denn in den Gründungsstatuten wurde als eines der Ziele formuliert: Gründung eines Museums für volkskundliche Kunst des Dachauer Kreises. Gründung einer Gemäldegalerie. Das Dachauer Schloss wurde als möglicher Museumsort ins Auge gefasst. Dort wurde 1905 das Bezirksmuseum eröffnet, 1908 die Gemäldegalerie. Damit dürfen diese beiden Museen als die ersten im Dachauer Landkreis gelten. Seit 1981 werden mit der Gründung des Zweckverbandes Dachauer Galerien und Museen die Dachauer Museen von hauptamtlichen wissenschaftlichen Kräften geführt.

Dachau: Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter bei der Eröffnung des Poetischen Herbsts in Altomünster.

Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter bei der Eröffnung des Poetischen Herbsts in Altomünster.

(Foto: Toni Heigl)

Die meisten Museen leben jedoch durch und von privaten Initiativen. Rührige Museumsvereine sind verantwortlich für die Gründungen der Heimatmuseen in Haimhausen (1986), in Großberghofen (1989), Altomünster (1997) und Karlsfeld (2003). Im Entstehen sind die beiden Einrichtungen in Markt Indersdorf und in Pasenbach, die voraussichtlich im Laufe des Jahres 2014 eröffnet werden. Eine weitere Gruppe umfasst Einrichtungen, die der Kategorie "Spezialmuseen" zugerechnet werden können. Dazu gehört das Bauernhofmuseum von Alois Kammermeier in Ebersbach mit einer Sammlung an bäuerlichem Gerät und Alltagswerkzeug, das Bankenmuseum der Volksbank in Dachau, das Brauereimuseum in Altomünster und das dort ebenfalls beheimatete Künstlermuseum von Walter Gaudnek.

Zu den klassischen Heimatmuseen zählen die Museen in Haimhausen, Dachau, Karlsfeld und Großberghofen. Markt Indersdorf und Altomünster gehen mit ihrem Schwerpunkt auf der den jeweiligen Ort prägenden kirchlichen Klosterkultur (Augustiner-Chorherren und Birgittinnen) über das klassische Heimatmuseum hinaus, sind jedoch Ortsmuseen, die durch diedargestellte Geschichte geprägt wurden.

Aber wie soll und kann die Zukunft des Heimatmuseums aussehen? Wie kann es sich der Öffentlichkeit präsentieren und was sind seine Aufgaben? Im Idealfall ist es ein lebendiger Treffpunkt für alle Gesellschaftsgruppen zum Staunen, Lernen, Begegnen und Kreativ werden. Es kann im Einzelfall auch über den Ort hinaus Beachtung finden. Dazu braucht es aber eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit und ein überregional ausstrahlendes Ausstellungskonzept sowie ein entsprechendes Ausstellungsprogramm.

Alle Landkreismuseen verfügen über eine Sammlung, die nur zum Teil in Schauräumen gezeigt werden kann. Lagerräume, "Depots" sind das Resultat einer gewachsenen Sammlung, die in der Regel auch immer noch Zuwachs erhält. Es gibt Schätzungen, nach denen sechs Siebtel unsichtbar in Depots verwahrt werden. In Belgien hat sich die Idee von Zentraldepots durchgesetzt, die von staatlicher Hand errichtet und finanziert wie eine Art Schatzhaus das kulturelle Erbe verwalten. Liegt die Zukunft in der Errichtung von regionalen Zentraldepots? Sollen Kommunen, Landkreise oder Bezirke diese unterhalten? Darüber wurde anlässlich einer Tagung zur Zukunft der ländlichen Museen im Frühjahr 2013 diskutiert ohne zu einer Lösung zu kommen. Gerade weil dieses Modell große Investitionen benötigt und im Verhältnis zu den Sammlungen gesehen werden muss, hat es in diesem Maße in Deutschland keine Nachahmer gefunden.

Einen neuen Weg beschreitet das sogenannte Schaudepot in Pasenbach. Unter der Federführung des Heimatforschers Helmut Groess hat die Gemeinde Vierkirchen-Pasenbach in einer landwirtschaftlichen Lagerhalle die Motivwägen, die jedes Jahr beim Leonhardiritt zum Einsatz kommen, "deponiert". An den Wänden und in einigen Vitrinen wird die Geschichte des Ereignisses und Erläuterungen zu den Wägen gegeben, Brauchtum- und Kulturgeschichte des Ortes mit der Funktion eines Depots zusammengebracht. Wie der Name "Schaudepot" schon sagt, kann das Depot auch besichtigt werden. Diese Form der Präsentation und Depotverwaltung ist ein Weg, den das Münchner Stadtmuseum mit seinem kürzlich eröffneten Schaudepot in Freimann beschreitet und auch das Dresdner Albertinum zeigt einige Objekte im sogenannten "Gläsernen Depot".

Dachau: Das aktuell größte Museumsprojekt im Landkreis wird am Freitag, 24. Oktober, im Kloster Indersdorf eröffnet und eingeweiht.

Das aktuell größte Museumsprojekt im Landkreis wird am Freitag, 24. Oktober, im Kloster Indersdorf eröffnet und eingeweiht.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn ein Landkreismuseum weiter lebendig bestehen will, muss es die grundlegenden Aufgaben eines Museums wie Sammeln, Bewahren und Forschen leisten. Dies gilt gleichermaßen für die Heimatmuseen wie auch für die anderen Sammlungen im Landkreis. Dazu bedarf es einer finanziellen Sicherheit, bei der in vielen Fällen die Kommunen den Museen beistehen. Unlängst wurde als Beispiel in diesem Zusammenhang eine Zweckvereinbarung zwischen dem Museum Altomünster und dem Landkreis Dachau geschlossen, welche den Rahmen für einen geregelten Ausstellungsbetrieb bildet.

Die Museen im Landkreis leben von ihren Organisatoren, Trägern, Vereinsmitgliedern, also von Menschen, die überwiegend im Ehrenamt ein außerordentliches Engagement beweisen. Ohne ihren Einsatz würden und werden die vielen kleinen Museen nicht überleben können. Um Besucher in ihre Häuser zu locken, muss eine Sammlung attraktiv sein und ein einladendes Begleitprogramm bieten, das Bürger, Neubürger und Kulturbegeisterte aus und über den Landkreis hinaus anzieht. Das Museum als Bildungsort muss seiner Aufgabe gerecht werden und Wissen vermitteln und dabei offen für alle Gesellschaftsschichten sein. Eine immerwährende Aufgabe ist dabei eine nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehört auch die Kooperation mit externen Partnern, um Sponsoren zu gewinnen oder Bildungseinrichtungen für eine Zusammenarbeit zu gewinnen.

Einige jüngere Beispiele aus dem Landkreis Dachau zeigen bereits Ansätze, die in diese Richtung weisen. Die Nutzung von Depoträumen als Schaudepots wie in Pasenbach ist ein neuer Weg, Präsentation und Depothaltung zu verbinden. Mit ungewöhnlichen Sonderausstellungen, wie "Sie haben ihr Ziel erreicht" zum Thema Kunst und Heimat beschritt das Museum in Altomünster neue Wege der Öffnung einer traditionellen Sammlung hin zur zeitgenössischen Kunst. Das Huttermuseum in Großberghofen zeigte in einer Kooperation mit der Schule in Erdweg 2012 eine von Schülern selbst gestaltete Krippenausstellung.

Dass ein Museum mehr sein kann als eine Schausammlung zeigt das Künstlerhaus Ruckteschell-Villa in Dachau, das zugleich Museum, Kunstatelier und Wohnort für Stipendiaten der Stadt Dachau ist.

Dies sind einige wenige Beispiele, welche verdeutlichen, dass wir uns erst am Anfang eines Prozesses befinden, in dem sich die Institution Museum auch und gerade in unserem Landkreis neuen Aufgaben zu stellen hat. Gelungene Beispiele aus anderen Regionen wie der Verbund "Blaues Land" im Oberland könnten eine Anregung sein, auch im Verbund zu agieren. Dazu gibt es seit Frühsommer 2014 Überlegungen, sich in einem Arbeitskreis gemeinsam den Erfordernissen der Zukunft zu stellen. Es ist schon so, wie der Bezirksheimatpfleger von Franken, Günther Dippold, 2013 auf einer Tagung zur Zukunft der Museen sagte: "Wir brauchen nicht mehr, sondern bessere Museen und man sollte dabei nicht auf kurzlebige Technik setzen, sondern auf den Menschen."

Amperland, Heft 3, www.zeitschrift-amperland.de: Die Ausgabe befasst sich mit Carl Rößler in Dachau und der 1200-jährigen Geschichte von Allershausen, Unterumbach, Bergkirchen und Odelzhausen.

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